genschaften zu den attischen Bildhauern in einen bestimmten Gegensatz tritt, so nehmen wir ein gleiches Verhältniss auch zwischen den sikyonischen und den thebanisch-attischen Ma- lern wahr. Die Letzteren sind durchaus die geistig und poetisch erregteren und beweglicheren. In der tekhne stehen sie den Sikyoniern nach; Aristides z. B. ist hart in den Far- ben, Euphranor erfreut sich in den Proportionen keineswegs allgemeiner Anerkennung. Dagegen aber erschliessen sie der Kunst immer neue Gebiete, indem sie die ganze Fülle des menschlichen Gemüthslebens, die verschiedensten sowohl zarteren, als leidenschaftlicheren Erregungen der mensch- lichen Seele zur Darstellung zu bringen unternehmen, gerade wie in der Bildhauerei Skopas und Praxiteles. Hierdurch tritt es in das klarste Licht, weshalb schon die Alten von dieser Periode an die Malerei im eigentlichen Griechenland in zwei Schulen scheiden und statt der einen helladischen jetzt eine attische und eine sikyonische annehmen. Denn in der That, wenn wir namentlich auf die Principien blicken, von welchen jede derselben ausging, so haben sie nicht nur nichts mit einander gemein, sondern stehen in dem schärf- sten Gegensatze.
Diese bestimmte Scheidung bei den Alten verdient um so mehr unsere Beachtung, als früher nur die helladische und asiatische Malerei als ihrem Wesen nach verschieden einander gegenübergestellt wurden. Und für die ältere Zeit erscheint diese Gegenüberstellung auch vollkommen gerecht- fertigt, wenn wir das Verhältniss des Polygnot und der At- tiker zu Zeuxis und Parrhasios ins Auge fassen; dagegen musste sie bedeutungslos werden, sobald die neuere Malerei wegen ihrer unbedingt vollendeteren Technik sich überall Eingang verschafft hatte. Hiermit hatten die Kleinasiaten zunächst ihre Aufgabe erfüllt; sie treten vorläufig wieder in den Hintergrund und überlassen es den Griechen des Mutterlandes, die neu gewonnenen Grundlagen nach den mannigfaltigsten Richtungen hin auszubilden. Erst als hier die oben dargelegte strenge Scheidung bereits vor sich ge- gangen war, erheben sich auch die Kleinasiaten wieder zu neuem Glanze; aber auch da sind es wieder, wie früher, mehr einzelne bedeutende Individuen, welche sich geltend machen, als eine bestimmte Schule in strenger Geschlossen-
genschaften zu den attischen Bildhauern in einen bestimmten Gegensatz tritt, so nehmen wir ein gleiches Verhältniss auch zwischen den sikyonischen und den thebanisch-attischen Ma- lern wahr. Die Letzteren sind durchaus die geistig und poetisch erregteren und beweglicheren. In der τέχνη stehen sie den Sikyoniern nach; Aristides z. B. ist hart in den Far- ben, Euphranor erfreut sich in den Proportionen keineswegs allgemeiner Anerkennung. Dagegen aber erschliessen sie der Kunst immer neue Gebiete, indem sie die ganze Fülle des menschlichen Gemüthslebens, die verschiedensten sowohl zarteren, als leidenschaftlicheren Erregungen der mensch- lichen Seele zur Darstellung zu bringen unternehmen, gerade wie in der Bildhauerei Skopas und Praxiteles. Hierdurch tritt es in das klarste Licht, weshalb schon die Alten von dieser Periode an die Malerei im eigentlichen Griechenland in zwei Schulen scheiden und statt der einen helladischen jetzt eine attische und eine sikyonische annehmen. Denn in der That, wenn wir namentlich auf die Principien blicken, von welchen jede derselben ausging, so haben sie nicht nur nichts mit einander gemein, sondern stehen in dem schärf- sten Gegensatze.
Diese bestimmte Scheidung bei den Alten verdient um so mehr unsere Beachtung, als früher nur die helladische und asiatische Malerei als ihrem Wesen nach verschieden einander gegenübergestellt wurden. Und für die ältere Zeit erscheint diese Gegenüberstellung auch vollkommen gerecht- fertigt, wenn wir das Verhältniss des Polygnot und der At- tiker zu Zeuxis und Parrhasios ins Auge fassen; dagegen musste sie bedeutungslos werden, sobald die neuere Malerei wegen ihrer unbedingt vollendeteren Technik sich überall Eingang verschafft hatte. Hiermit hatten die Kleinasiaten zunächst ihre Aufgabe erfüllt; sie treten vorläufig wieder in den Hintergrund und überlassen es den Griechen des Mutterlandes, die neu gewonnenen Grundlagen nach den mannigfaltigsten Richtungen hin auszubilden. Erst als hier die oben dargelegte strenge Scheidung bereits vor sich ge- gangen war, erheben sich auch die Kleinasiaten wieder zu neuem Glanze; aber auch da sind es wieder, wie früher, mehr einzelne bedeutende Individuen, welche sich geltend machen, als eine bestimmte Schule in strenger Geschlossen-
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genschaften zu den attischen Bildhauern in einen bestimmten
Gegensatz tritt, so nehmen wir ein gleiches Verhältniss auch
zwischen den sikyonischen und den thebanisch-attischen Ma-
lern wahr. Die Letzteren sind durchaus die geistig und
poetisch erregteren und beweglicheren. In der τέχνη stehen
sie den Sikyoniern nach; Aristides z. B. ist hart in den Far-
ben, Euphranor erfreut sich in den Proportionen keineswegs
allgemeiner Anerkennung. Dagegen aber erschliessen sie
der Kunst immer neue Gebiete, indem sie die ganze Fülle
des menschlichen Gemüthslebens, die verschiedensten sowohl
zarteren, als leidenschaftlicheren Erregungen der mensch-
lichen Seele zur Darstellung zu bringen unternehmen, gerade
wie in der Bildhauerei Skopas und Praxiteles. Hierdurch
tritt es in das klarste Licht, weshalb schon die Alten von
dieser Periode an die Malerei im eigentlichen Griechenland
in zwei Schulen scheiden und statt der einen helladischen
jetzt eine attische und eine sikyonische annehmen. Denn in
der That, wenn wir namentlich auf die Principien blicken,
von welchen jede derselben ausging, so haben sie nicht nur
nichts mit einander gemein, sondern stehen in dem schärf-
sten Gegensatze.
Diese bestimmte Scheidung bei den Alten verdient um
so mehr unsere Beachtung, als früher nur die helladische
und asiatische Malerei als ihrem Wesen nach verschieden
einander gegenübergestellt wurden. Und für die ältere Zeit
erscheint diese Gegenüberstellung auch vollkommen gerecht-
fertigt, wenn wir das Verhältniss des Polygnot und der At-
tiker zu Zeuxis und Parrhasios ins Auge fassen; dagegen
musste sie bedeutungslos werden, sobald die neuere Malerei
wegen ihrer unbedingt vollendeteren Technik sich überall
Eingang verschafft hatte. Hiermit hatten die Kleinasiaten
zunächst ihre Aufgabe erfüllt; sie treten vorläufig wieder
in den Hintergrund und überlassen es den Griechen des
Mutterlandes, die neu gewonnenen Grundlagen nach den
mannigfaltigsten Richtungen hin auszubilden. Erst als hier
die oben dargelegte strenge Scheidung bereits vor sich ge-
gangen war, erheben sich auch die Kleinasiaten wieder zu
neuem Glanze; aber auch da sind es wieder, wie früher,
mehr einzelne bedeutende Individuen, welche sich geltend
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/273>, abgerufen am 28.11.2024.
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