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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856.

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was er sicherlich nicht gethan hätte, wenn nicht die Enkau-
stik schon erfunden gewesen wäre." Hierauf folgt die Er-
wähnung des Pamphilos als des Lehrers des Pausias, der
zuerst darin berühmt geworden sei, also doch für ihre höhere
Ausbildung das Wesentlichste beigetragen haben wird. Worin
freilich seine Verdienste bestanden, erfahren wir nicht; ja wir
sind über das ganze technische Verfahren überhaupt noch
keineswegs hinlänglich aufgeklärt. Denn wenn wir auch
Welckers Erklärung 1) als die begründetste annehmen, dass
die mit Wachs in irgend einer auflösenden öligen Verbindung
gemischten Farben mit dem Pinsel aufgetragen und vermit-
telst eines darüber geführten unten angeglühten Stäbchens
in einander vertrieben und verschmolzen wurden, so kann
uns dieses Resultat doch immer erst einen ungefähren Begriff
von dieser Malerei gewähren. Näher auf die vielbestrittenen
Fragen der Technik einzugehen, ist aber hier nicht der Ort.
Wohl aber müssen wir nach dem Werthe fragen, welcher
der Enkaustik in Hinsicht auf künstlerische Anwendung bei-
zulegen ist. Hier scheint nun ziemliche Uebereinstimmung
darüber zu herrschen, dass das Wachs als fettes Bindemittel
den Farben eine grössere Tiefe und Klarheit geben musste,
welche das Streben nach Illusion und malerischem Effect in
Licht und Schatten weit mehr begünstigte, als die Tempera-
farben. Die Enkaustik näherte sich also in ihren Wirkungen
der Oelmalerei, und es ist gar nicht unwahrscheinlich, was
Wiegmann 2) vermuthet, dass von ihrer Uebung sich gerade
darum keine Spur erhalten habe, weil die letztere als eine in
ihren Wirkungen durchaus verwandte, aber in ihrer Aus-
übung weit bequemere und vollkommenere Gattung sie gänz-
lich aus dem Gedächtnisse der Maler verdrängt habe. Halten
wir diese allgemeinen Sätze fest, so erklären sich uns die
oben besprochenen Eigenthümlichkeiten des Pausias in der
Behandlung der Farbe ohne Schwierigkeit. Denn eben die
Natur der enkaustischen Farbe, die Möglichkeit, den Tönen
durch das Einbrennen eine grössere oder geringere Stärke,
Tiefe oder Durchsichtigkeit zu geben, musste den Künstler
auffordern, sich Probleme zu stellen, die gerade mit Hülfe
dieser für die Kunst neu gewonnenen Mittel zu lösen waren.

1) Hall. Lit. Zeit. 1836. Oct. 149 fg.
2) Malerei d. Alt. S. 148.

was er sicherlich nicht gethan hätte, wenn nicht die Enkau-
stik schon erfunden gewesen wäre.“ Hierauf folgt die Er-
wähnung des Pamphilos als des Lehrers des Pausias, der
zuerst darin berühmt geworden sei, also doch für ihre höhere
Ausbildung das Wesentlichste beigetragen haben wird. Worin
freilich seine Verdienste bestanden, erfahren wir nicht; ja wir
sind über das ganze technische Verfahren überhaupt noch
keineswegs hinlänglich aufgeklärt. Denn wenn wir auch
Welckers Erklärung 1) als die begründetste annehmen, dass
die mit Wachs in irgend einer auflösenden öligen Verbindung
gemischten Farben mit dem Pinsel aufgetragen und vermit-
telst eines darüber geführten unten angeglühten Stäbchens
in einander vertrieben und verschmolzen wurden, so kann
uns dieses Resultat doch immer erst einen ungefähren Begriff
von dieser Malerei gewähren. Näher auf die vielbestrittenen
Fragen der Technik einzugehen, ist aber hier nicht der Ort.
Wohl aber müssen wir nach dem Werthe fragen, welcher
der Enkaustik in Hinsicht auf künstlerische Anwendung bei-
zulegen ist. Hier scheint nun ziemliche Uebereinstimmung
darüber zu herrschen, dass das Wachs als fettes Bindemittel
den Farben eine grössere Tiefe und Klarheit geben musste,
welche das Streben nach Illusion und malerischem Effect in
Licht und Schatten weit mehr begünstigte, als die Tempera-
farben. Die Enkaustik näherte sich also in ihren Wirkungen
der Oelmalerei, und es ist gar nicht unwahrscheinlich, was
Wiegmann 2) vermuthet, dass von ihrer Uebung sich gerade
darum keine Spur erhalten habe, weil die letztere als eine in
ihren Wirkungen durchaus verwandte, aber in ihrer Aus-
übung weit bequemere und vollkommenere Gattung sie gänz-
lich aus dem Gedächtnisse der Maler verdrängt habe. Halten
wir diese allgemeinen Sätze fest, so erklären sich uns die
oben besprochenen Eigenthümlichkeiten des Pausias in der
Behandlung der Farbe ohne Schwierigkeit. Denn eben die
Natur der enkaustischen Farbe, die Möglichkeit, den Tönen
durch das Einbrennen eine grössere oder geringere Stärke,
Tiefe oder Durchsichtigkeit zu geben, musste den Künstler
auffordern, sich Probleme zu stellen, die gerade mit Hülfe
dieser für die Kunst neu gewonnenen Mittel zu lösen waren.

1) Hall. Lit. Zeit. 1836. Oct. 149 fg.
2) Malerei d. Alt. S. 148.
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[151/0159] was er sicherlich nicht gethan hätte, wenn nicht die Enkau- stik schon erfunden gewesen wäre.“ Hierauf folgt die Er- wähnung des Pamphilos als des Lehrers des Pausias, der zuerst darin berühmt geworden sei, also doch für ihre höhere Ausbildung das Wesentlichste beigetragen haben wird. Worin freilich seine Verdienste bestanden, erfahren wir nicht; ja wir sind über das ganze technische Verfahren überhaupt noch keineswegs hinlänglich aufgeklärt. Denn wenn wir auch Welckers Erklärung 1) als die begründetste annehmen, dass die mit Wachs in irgend einer auflösenden öligen Verbindung gemischten Farben mit dem Pinsel aufgetragen und vermit- telst eines darüber geführten unten angeglühten Stäbchens in einander vertrieben und verschmolzen wurden, so kann uns dieses Resultat doch immer erst einen ungefähren Begriff von dieser Malerei gewähren. Näher auf die vielbestrittenen Fragen der Technik einzugehen, ist aber hier nicht der Ort. Wohl aber müssen wir nach dem Werthe fragen, welcher der Enkaustik in Hinsicht auf künstlerische Anwendung bei- zulegen ist. Hier scheint nun ziemliche Uebereinstimmung darüber zu herrschen, dass das Wachs als fettes Bindemittel den Farben eine grössere Tiefe und Klarheit geben musste, welche das Streben nach Illusion und malerischem Effect in Licht und Schatten weit mehr begünstigte, als die Tempera- farben. Die Enkaustik näherte sich also in ihren Wirkungen der Oelmalerei, und es ist gar nicht unwahrscheinlich, was Wiegmann 2) vermuthet, dass von ihrer Uebung sich gerade darum keine Spur erhalten habe, weil die letztere als eine in ihren Wirkungen durchaus verwandte, aber in ihrer Aus- übung weit bequemere und vollkommenere Gattung sie gänz- lich aus dem Gedächtnisse der Maler verdrängt habe. Halten wir diese allgemeinen Sätze fest, so erklären sich uns die oben besprochenen Eigenthümlichkeiten des Pausias in der Behandlung der Farbe ohne Schwierigkeit. Denn eben die Natur der enkaustischen Farbe, die Möglichkeit, den Tönen durch das Einbrennen eine grössere oder geringere Stärke, Tiefe oder Durchsichtigkeit zu geben, musste den Künstler auffordern, sich Probleme zu stellen, die gerade mit Hülfe dieser für die Kunst neu gewonnenen Mittel zu lösen waren. 1) Hall. Lit. Zeit. 1836. Oct. 149 fg. 2) Malerei d. Alt. S. 148.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/159>, abgerufen am 22.11.2024.