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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856.

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wähnten Kämpfe im dritten Jahre der 103ten Olympiade zu ver-
stehen seien. 1) Die Zeit der Schüler des Pamphilos steht hiermit
wenigstens im Allgemeinen im Einklang, wenn freilich auch
über diese, selbst über Apelles in Hinsicht auf den Beginn
seiner Thätigkeit, die Angaben nicht so bestimmt lauten,
dass dadurch im Einzelnen auf den Lehrer zurückzuschlies-
sen erlaubt wäre.

Auch über seine Werke haben wir nur eine kurze
Nachricht bei Plinius: 2) Pamphili cognatio et proelium
ad Phliuntem ac victoria Atheniensium, item Ulixes in
rate. Was wir unter cognatio zu verstehen haben, ist
schwer auszumachen. Plinius 3) führt noch einmal eine
"cognatio nobilium" als ein Gemälde des Timomachos an.
Der lateinische Ausdruck scheint dem griechischen suggenikon
zu entsprechen, wenn auch Plinius 4) denselben einmal durch
frequentia übersetzt: Athenion pinxit ... Athenis frequen-
tiam, quam vocavere syngenicon. 5) Endlich dürfen wir noch
zur Vergleichung aus Plinius 6) anführen, dass "Coenus
stemmata" malte, 7) womit sich die Notiz bei Plutarch 8) über
ein Gemälde des Ismenias verbinden lässt, in dem die Fa-
milie des Redners Lykurg in ihrer Geschlechtsfolge (e kata-
goge tou genous) dargestellt war. Hiernach müssen wir aller-
dings zugeben, dass die "cognatio" des Pamphilos ein Fami-
lienbild irgend einer Art gewesen sein könne. Betrachte ich
jedoch, wie in den Worten et proelium .... ac victoria ge-
wiss nur ein einziges Gemälde bezeichnet ist, so kann ich
mich des Verdachtes nicht erwehren, dass auch cognatio
auf dasselbe zu beziehen sei, der Ausdruck selbst aber auf
einem Verderbnisse des Textes oder einem Misverständnisse
beruhe, durch welches er an die Stelle eines Begriffes, wie
"Zusammenstoss, Angriff" getreten sei. -- Das zweite Werk
des Pamphilos: Odysseus auf dem Nachen oder Schiffe (in
rate), bezeichnet Plinius zu allgemein, als dass sich über

1) hist. gr. VII, 2, §. 11, 19, 22.
2) a. a. O.
3) 35, 136.
4) 35,
134.
5) vgl. §. 143: Oenias syngenicon.
6) 35, 139.
7) Im eigen-
thümlich römischen Sprachgebrauche scheinen nicht sowohl die Familien-
bilder selbst, als der eigentliche Stammbaum, der genealogische Apparat,
durch welchen solche Bilder unter einander verknüpft wurden, durch stem-
mata bezeichnet worden zu sein: Plin. 35, 6; Seneca de benef. III, 28;
Lamprid. Alex. Sev. c. 27; vgl. R. Roch. peint. ant. ined. p. 343.
8) Vi-
tae X Oratt. p. 843 F.

wähnten Kämpfe im dritten Jahre der 103ten Olympiade zu ver-
stehen seien. 1) Die Zeit der Schüler des Pamphilos steht hiermit
wenigstens im Allgemeinen im Einklang, wenn freilich auch
über diese, selbst über Apelles in Hinsicht auf den Beginn
seiner Thätigkeit, die Angaben nicht so bestimmt lauten,
dass dadurch im Einzelnen auf den Lehrer zurückzuschlies-
sen erlaubt wäre.

Auch über seine Werke haben wir nur eine kurze
Nachricht bei Plinius: 2) Pamphili cognatio et proelium
ad Phliuntem ac victoria Atheniensium, item Ulixes in
rate. Was wir unter cognatio zu verstehen haben, ist
schwer auszumachen. Plinius 3) führt noch einmal eine
„cognatio nobilium“ als ein Gemälde des Timomachos an.
Der lateinische Ausdruck scheint dem griechischen συγγενικὸν
zu entsprechen, wenn auch Plinius 4) denselben einmal durch
frequentia übersetzt: Athenion pinxit … Athenis frequen-
tiam, quam vocavere syngenicon. 5) Endlich dürfen wir noch
zur Vergleichung aus Plinius 6) anführen, dass „Coenus
stemmata“ malte, 7) womit sich die Notiz bei Plutarch 8) über
ein Gemälde des Ismenias verbinden lässt, in dem die Fa-
milie des Redners Lykurg in ihrer Geschlechtsfolge (ἡ κατα-
γωγὴ τοῦ γένους) dargestellt war. Hiernach müssen wir aller-
dings zugeben, dass die „cognatio“ des Pamphilos ein Fami-
lienbild irgend einer Art gewesen sein könne. Betrachte ich
jedoch, wie in den Worten et proelium .... ac victoria ge-
wiss nur ein einziges Gemälde bezeichnet ist, so kann ich
mich des Verdachtes nicht erwehren, dass auch cognatio
auf dasselbe zu beziehen sei, der Ausdruck selbst aber auf
einem Verderbnisse des Textes oder einem Misverständnisse
beruhe, durch welches er an die Stelle eines Begriffes, wie
„Zusammenstoss, Angriff“ getreten sei. — Das zweite Werk
des Pamphilos: Odysseus auf dem Nachen oder Schiffe (in
rate), bezeichnet Plinius zu allgemein, als dass sich über

1) hist. gr. VII, 2, §. 11, 19, 22.
2) a. a. O.
3) 35, 136.
4) 35,
134.
5) vgl. §. 143: Oenias syngenicon.
6) 35, 139.
7) Im eigen-
thümlich römischen Sprachgebrauche scheinen nicht sowohl die Familien-
bilder selbst, als der eigentliche Stammbaum, der genealogische Apparat,
durch welchen solche Bilder unter einander verknüpft wurden, durch stem-
mata bezeichnet worden zu sein: Plin. 35, 6; Seneca de benef. III, 28;
Lamprid. Alex. Sev. c. 27; vgl. R. Roch. peint. ant. inéd. p. 343.
8) Vi-
tae X Oratt. p. 843 F.
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[133/0141] wähnten Kämpfe im dritten Jahre der 103ten Olympiade zu ver- stehen seien. 1) Die Zeit der Schüler des Pamphilos steht hiermit wenigstens im Allgemeinen im Einklang, wenn freilich auch über diese, selbst über Apelles in Hinsicht auf den Beginn seiner Thätigkeit, die Angaben nicht so bestimmt lauten, dass dadurch im Einzelnen auf den Lehrer zurückzuschlies- sen erlaubt wäre. Auch über seine Werke haben wir nur eine kurze Nachricht bei Plinius: 2) Pamphili cognatio et proelium ad Phliuntem ac victoria Atheniensium, item Ulixes in rate. Was wir unter cognatio zu verstehen haben, ist schwer auszumachen. Plinius 3) führt noch einmal eine „cognatio nobilium“ als ein Gemälde des Timomachos an. Der lateinische Ausdruck scheint dem griechischen συγγενικὸν zu entsprechen, wenn auch Plinius 4) denselben einmal durch frequentia übersetzt: Athenion pinxit … Athenis frequen- tiam, quam vocavere syngenicon. 5) Endlich dürfen wir noch zur Vergleichung aus Plinius 6) anführen, dass „Coenus stemmata“ malte, 7) womit sich die Notiz bei Plutarch 8) über ein Gemälde des Ismenias verbinden lässt, in dem die Fa- milie des Redners Lykurg in ihrer Geschlechtsfolge (ἡ κατα- γωγὴ τοῦ γένους) dargestellt war. Hiernach müssen wir aller- dings zugeben, dass die „cognatio“ des Pamphilos ein Fami- lienbild irgend einer Art gewesen sein könne. Betrachte ich jedoch, wie in den Worten et proelium .... ac victoria ge- wiss nur ein einziges Gemälde bezeichnet ist, so kann ich mich des Verdachtes nicht erwehren, dass auch cognatio auf dasselbe zu beziehen sei, der Ausdruck selbst aber auf einem Verderbnisse des Textes oder einem Misverständnisse beruhe, durch welches er an die Stelle eines Begriffes, wie „Zusammenstoss, Angriff“ getreten sei. — Das zweite Werk des Pamphilos: Odysseus auf dem Nachen oder Schiffe (in rate), bezeichnet Plinius zu allgemein, als dass sich über 1) hist. gr. VII, 2, §. 11, 19, 22. 2) a. a. O. 3) 35, 136. 4) 35, 134. 5) vgl. §. 143: Oenias syngenicon. 6) 35, 139. 7) Im eigen- thümlich römischen Sprachgebrauche scheinen nicht sowohl die Familien- bilder selbst, als der eigentliche Stammbaum, der genealogische Apparat, durch welchen solche Bilder unter einander verknüpft wurden, durch stem- mata bezeichnet worden zu sein: Plin. 35, 6; Seneca de benef. III, 28; Lamprid. Alex. Sev. c. 27; vgl. R. Roch. peint. ant. inéd. p. 343. 8) Vi- tae X Oratt. p. 843 F.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/141>, abgerufen am 21.11.2024.