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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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vielseitigeren älteren Kanachos das Verdienst der Marmorarbeit
wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit zuerkennen dürfen.
Schüler des Kanachos werden uns nicht genannt. Die Fort-
setzung der sikyonischen Kunstschule knüpft sich vielmehr
an Aristokles.

Aristokles und seine Schüler.

Er war der Bruder des Kanachos und stand diesem an
Ruhm nicht viel nach1). Sein Name aber hat durch häufige
Wiederkehr an verschiedenen Orten zu grosser Verwirrung
bei neueren Forschern Anlass gegeben. Doch löst sich diese
ohne Schwierigkeit, sobald wir nur die Stellen des Pausanias,
auf dem allein die Untersuchung beruht, unbefangen ansehen
und seine Unterscheidungen anerkennen. Unser Aristokles
heisst ausdrücklich Bruder des Kanachos und, wie dieser,
Sikyonier2). Ein zweiter Künstler desselben Namens ist
Aristokles aus Kydonia in Kreta3). Dass dieser mit dem er-
sten nichts zu thun hat, ergiebt sich sowohl aus der Verschie-
denheit des Vaterlandes, als auch daraus, dass Pausanias, weit
entfernt beide zu verbinden, vielmehr bekennt, das Zeitalter
des Kydoniaten nicht angeben zu können, was doch nicht der
Fall gewesen wäre, wenn er ihn mit dem Sikyonier in Ge-
schlechtsverbindung hätte bringen dürfen. Endlich erwähnt
derselbe Schriftsteller4) noch einen Aristokles als Vater und
einen andern als Sohn des Kleoetas, zwar ohne Angabe des
Vaterlandes, aber ebenfalls ohne Hindeutung auf den Sikyonier.
Bedenken wir indessen, dass er ein Werk des Kleoetas als in
Athen befindlich beschreibt, und dass in Athen auch in
neuerer Zeit ein Relief mit dem Namen des Aristokles ge-
funden worden ist5), so werden wir nicht länger zweifeln,
dass wir es hier mit einer athenischen Künstlerfamilie zu thun
haben. Halten wir diese Scheidungen fest, so wird die Un-
tersuchung über die Schule des Sikyoniers ganz einfach. Er
ist wegen des Kanachos etwa in die 70ste Ol. zu setzen;
war er der ältere Bruder, so konnte er sogar schon vor die-
ser Zeit den Aegineten Synnoon zum Schüler haben. Es
darf daher nicht auffallen, wenn wir finden, dass dessen Sohn
und Schüler Ptolichos schon vor Ol. 80 thätig gewesen

1) Paus. VI, 9, 1.
2) VI, 3, 4; 9, 1.
3) V, 25, 6.
4) VI, 20, 7.
V, 24, 1.
5) S. unter Aristokles von Athen.

vielseitigeren älteren Kanachos das Verdienst der Marmorarbeit
wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit zuerkennen dürfen.
Schüler des Kanachos werden uns nicht genannt. Die Fort-
setzung der sikyonischen Kunstschule knüpft sich vielmehr
an Aristokles.

Aristokles und seine Schüler.

Er war der Bruder des Kanachos und stand diesem an
Ruhm nicht viel nach1). Sein Name aber hat durch häufige
Wiederkehr an verschiedenen Orten zu grosser Verwirrung
bei neueren Forschern Anlass gegeben. Doch löst sich diese
ohne Schwierigkeit, sobald wir nur die Stellen des Pausanias,
auf dem allein die Untersuchung beruht, unbefangen ansehen
und seine Unterscheidungen anerkennen. Unser Aristokles
heisst ausdrücklich Bruder des Kanachos und, wie dieser,
Sikyonier2). Ein zweiter Künstler desselben Namens ist
Aristokles aus Kydonia in Kreta3). Dass dieser mit dem er-
sten nichts zu thun hat, ergiebt sich sowohl aus der Verschie-
denheit des Vaterlandes, als auch daraus, dass Pausanias, weit
entfernt beide zu verbinden, vielmehr bekennt, das Zeitalter
des Kydoniaten nicht angeben zu können, was doch nicht der
Fall gewesen wäre, wenn er ihn mit dem Sikyonier in Ge-
schlechtsverbindung hätte bringen dürfen. Endlich erwähnt
derselbe Schriftsteller4) noch einen Aristokles als Vater und
einen andern als Sohn des Kleoetas, zwar ohne Angabe des
Vaterlandes, aber ebenfalls ohne Hindeutung auf den Sikyonier.
Bedenken wir indessen, dass er ein Werk des Kleoetas als in
Athen befindlich beschreibt, und dass in Athen auch in
neuerer Zeit ein Relief mit dem Namen des Aristokles ge-
funden worden ist5), so werden wir nicht länger zweifeln,
dass wir es hier mit einer athenischen Künstlerfamilie zu thun
haben. Halten wir diese Scheidungen fest, so wird die Un-
tersuchung über die Schule des Sikyoniers ganz einfach. Er
ist wegen des Kanachos etwa in die 70ste Ol. zu setzen;
war er der ältere Bruder, so konnte er sogar schon vor die-
ser Zeit den Aegineten Synnoon zum Schüler haben. Es
darf daher nicht auffallen, wenn wir finden, dass dessen Sohn
und Schüler Ptolichos schon vor Ol. 80 thätig gewesen

1) Paus. VI, 9, 1.
2) VI, 3, 4; 9, 1.
3) V, 25, 6.
4) VI, 20, 7.
V, 24, 1.
5) S. unter Aristokles von Athen.
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[80/0093] vielseitigeren älteren Kanachos das Verdienst der Marmorarbeit wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit zuerkennen dürfen. Schüler des Kanachos werden uns nicht genannt. Die Fort- setzung der sikyonischen Kunstschule knüpft sich vielmehr an Aristokles. Aristokles und seine Schüler. Er war der Bruder des Kanachos und stand diesem an Ruhm nicht viel nach 1). Sein Name aber hat durch häufige Wiederkehr an verschiedenen Orten zu grosser Verwirrung bei neueren Forschern Anlass gegeben. Doch löst sich diese ohne Schwierigkeit, sobald wir nur die Stellen des Pausanias, auf dem allein die Untersuchung beruht, unbefangen ansehen und seine Unterscheidungen anerkennen. Unser Aristokles heisst ausdrücklich Bruder des Kanachos und, wie dieser, Sikyonier 2). Ein zweiter Künstler desselben Namens ist Aristokles aus Kydonia in Kreta 3). Dass dieser mit dem er- sten nichts zu thun hat, ergiebt sich sowohl aus der Verschie- denheit des Vaterlandes, als auch daraus, dass Pausanias, weit entfernt beide zu verbinden, vielmehr bekennt, das Zeitalter des Kydoniaten nicht angeben zu können, was doch nicht der Fall gewesen wäre, wenn er ihn mit dem Sikyonier in Ge- schlechtsverbindung hätte bringen dürfen. Endlich erwähnt derselbe Schriftsteller 4) noch einen Aristokles als Vater und einen andern als Sohn des Kleoetas, zwar ohne Angabe des Vaterlandes, aber ebenfalls ohne Hindeutung auf den Sikyonier. Bedenken wir indessen, dass er ein Werk des Kleoetas als in Athen befindlich beschreibt, und dass in Athen auch in neuerer Zeit ein Relief mit dem Namen des Aristokles ge- funden worden ist 5), so werden wir nicht länger zweifeln, dass wir es hier mit einer athenischen Künstlerfamilie zu thun haben. Halten wir diese Scheidungen fest, so wird die Un- tersuchung über die Schule des Sikyoniers ganz einfach. Er ist wegen des Kanachos etwa in die 70ste Ol. zu setzen; war er der ältere Bruder, so konnte er sogar schon vor die- ser Zeit den Aegineten Synnoon zum Schüler haben. Es darf daher nicht auffallen, wenn wir finden, dass dessen Sohn und Schüler Ptolichos schon vor Ol. 80 thätig gewesen 1) Paus. VI, 9, 1. 2) VI, 3, 4; 9, 1. 3) V, 25, 6. 4) VI, 20, 7. V, 24, 1. 5) S. unter Aristokles von Athen.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/93>, abgerufen am 22.11.2024.