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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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von Alyattes oder Kroesus dem lydischen Reiche unterworfen 1).
Die Künstler von Magnesia, an deren Spitze Bathykles stand,
da eine Anzahl derselben mit ihm in Amyklae arbeitete, fan-
den zunächst an dem kunstliebenden Hofe des Kroesus noch
hinlängliche Beschäftigung. Als aber Lydien von den Medern
unterjocht wurde, wanderten viele Griechen theils nach Italien
und Gallien, theils nach Griechenland selbst aus. Bei dem
Verhältnisse des Kroesus zu Lakedaemon hat es also nichts
auffälliges, wenn eine Schaar Künstler sich dorthin wendete,
wo gerade damals die Kunst in Ansehen stand. Bathykles
lebte demnach etwa Ol. 60, was der Annahme von Voss und
Welcker ziemlich nahe kommt. Nehmen wir dazu, dass der
Thron wahrscheinlich aus Holz und andern Stoffen zusammen-
gesetzt war, so passt auch dieses für die angenommene Zeit,
in der gerade spartanische Künstler durch Arbeiten in dem
gleichen Materiale sich auszeichneten.

Die Beschreibung des Thrones selbst bei Pausanias hat
hauptsächlich ein kunstmythologisches Interesse. Die Gestalt
wird nur kurz und in solcher Weise berührt, dass wir uns
ein klares Bild davon zu entwerfen nicht im Stande sind. Die
Statue sass nicht, sondern stand in der Mitte des vom Throne
wahrscheinlich nur auf drei Seiten umschlossenen Raumes.
Rings herum (wohl an den Seiten) waren noch mehrere von
einander gesonderte Sessel aufgestellt. Die Bezeichnung eines
Thrones für das Ganze ist daher sehr uneigentlich zu verstehen.
Wollen wir einen freilich nur theilweise zutreffenden Vergleich
mit Werken des Mittelalters anstellen, so können wir an die
reich verzierten Chorstühle christlicher Kirchen erinnern, die
in ihrer Mitte den Altar haben, wie der Thron die Statue des
Apollo auf dem Grabe des Hyakinthos.

Ueber die Anordnung der zahlreichen Reliefs habe ich im
Rheinischen Museum von Welcker und Ritschl 2) ausführlich
gehandelt, und nachgewiesen, dass das Grundprincip derselben
ein strenger Parallelismus, ein durchgehendes Entsprechen der
einzelnen Glieder unter einander im Raume war, dass dieses
Entsprechen sich nicht blos innerhalb der einzelnen Reihen findet,
sondern auch bei den ganzen Reihen unter einander wiederkehrt.
Dieses Princip war aber keineswegs ein neues, von Bathykles

1) Vgl. Clinton fasti p. 298.
2) V. S. 325 flgd.

von Alyattes oder Kroesus dem lydischen Reiche unterworfen 1).
Die Künstler von Magnesia, an deren Spitze Bathykles stand,
da eine Anzahl derselben mit ihm in Amyklae arbeitete, fan-
den zunächst an dem kunstliebenden Hofe des Kroesus noch
hinlängliche Beschäftigung. Als aber Lydien von den Medern
unterjocht wurde, wanderten viele Griechen theils nach Italien
und Gallien, theils nach Griechenland selbst aus. Bei dem
Verhältnisse des Kroesus zu Lakedaemon hat es also nichts
auffälliges, wenn eine Schaar Künstler sich dorthin wendete,
wo gerade damals die Kunst in Ansehen stand. Bathykles
lebte demnach etwa Ol. 60, was der Annahme von Voss und
Welcker ziemlich nahe kommt. Nehmen wir dazu, dass der
Thron wahrscheinlich aus Holz und andern Stoffen zusammen-
gesetzt war, so passt auch dieses für die angenommene Zeit,
in der gerade spartanische Künstler durch Arbeiten in dem
gleichen Materiale sich auszeichneten.

Die Beschreibung des Thrones selbst bei Pausanias hat
hauptsächlich ein kunstmythologisches Interesse. Die Gestalt
wird nur kurz und in solcher Weise berührt, dass wir uns
ein klares Bild davon zu entwerfen nicht im Stande sind. Die
Statue sass nicht, sondern stand in der Mitte des vom Throne
wahrscheinlich nur auf drei Seiten umschlossenen Raumes.
Rings herum (wohl an den Seiten) waren noch mehrere von
einander gesonderte Sessel aufgestellt. Die Bezeichnung eines
Thrones für das Ganze ist daher sehr uneigentlich zu verstehen.
Wollen wir einen freilich nur theilweise zutreffenden Vergleich
mit Werken des Mittelalters anstellen, so können wir an die
reich verzierten Chorstühle christlicher Kirchen erinnern, die
in ihrer Mitte den Altar haben, wie der Thron die Statue des
Apollo auf dem Grabe des Hyakinthos.

Ueber die Anordnung der zahlreichen Reliefs habe ich im
Rheinischen Museum von Welcker und Ritschl 2) ausführlich
gehandelt, und nachgewiesen, dass das Grundprincip derselben
ein strenger Parallelismus, ein durchgehendes Entsprechen der
einzelnen Glieder unter einander im Raume war, dass dieses
Entsprechen sich nicht blos innerhalb der einzelnen Reihen findet,
sondern auch bei den ganzen Reihen unter einander wiederkehrt.
Dieses Princip war aber keineswegs ein neues, von Bathykles

1) Vgl. Clinton fasti p. 298.
2) V. S. 325 flgd.
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[53/0066] von Alyattes oder Kroesus dem lydischen Reiche unterworfen 1). Die Künstler von Magnesia, an deren Spitze Bathykles stand, da eine Anzahl derselben mit ihm in Amyklae arbeitete, fan- den zunächst an dem kunstliebenden Hofe des Kroesus noch hinlängliche Beschäftigung. Als aber Lydien von den Medern unterjocht wurde, wanderten viele Griechen theils nach Italien und Gallien, theils nach Griechenland selbst aus. Bei dem Verhältnisse des Kroesus zu Lakedaemon hat es also nichts auffälliges, wenn eine Schaar Künstler sich dorthin wendete, wo gerade damals die Kunst in Ansehen stand. Bathykles lebte demnach etwa Ol. 60, was der Annahme von Voss und Welcker ziemlich nahe kommt. Nehmen wir dazu, dass der Thron wahrscheinlich aus Holz und andern Stoffen zusammen- gesetzt war, so passt auch dieses für die angenommene Zeit, in der gerade spartanische Künstler durch Arbeiten in dem gleichen Materiale sich auszeichneten. Die Beschreibung des Thrones selbst bei Pausanias hat hauptsächlich ein kunstmythologisches Interesse. Die Gestalt wird nur kurz und in solcher Weise berührt, dass wir uns ein klares Bild davon zu entwerfen nicht im Stande sind. Die Statue sass nicht, sondern stand in der Mitte des vom Throne wahrscheinlich nur auf drei Seiten umschlossenen Raumes. Rings herum (wohl an den Seiten) waren noch mehrere von einander gesonderte Sessel aufgestellt. Die Bezeichnung eines Thrones für das Ganze ist daher sehr uneigentlich zu verstehen. Wollen wir einen freilich nur theilweise zutreffenden Vergleich mit Werken des Mittelalters anstellen, so können wir an die reich verzierten Chorstühle christlicher Kirchen erinnern, die in ihrer Mitte den Altar haben, wie der Thron die Statue des Apollo auf dem Grabe des Hyakinthos. Ueber die Anordnung der zahlreichen Reliefs habe ich im Rheinischen Museum von Welcker und Ritschl 2) ausführlich gehandelt, und nachgewiesen, dass das Grundprincip derselben ein strenger Parallelismus, ein durchgehendes Entsprechen der einzelnen Glieder unter einander im Raume war, dass dieses Entsprechen sich nicht blos innerhalb der einzelnen Reihen findet, sondern auch bei den ganzen Reihen unter einander wiederkehrt. Dieses Princip war aber keineswegs ein neues, von Bathykles 1) Vgl. Clinton fasti p. 298. 2) V. S. 325 flgd.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/66>, abgerufen am 02.05.2024.