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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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benachbarten Inseln noch später Bildwerke gemacht hätten.
Spottbilder giebt auch Suidas 1) als Veranlassung der Feindschaft
an. Andere fanden sie darin, dass Bupalos seine Tochter dem
Hipponax zur Ehe zu geben verweigert habe 2). Bei dem ge-
genseitigen Hasse mögen beide Angaben ihren Grund haben.
Sicherlich aber ist ein Irrthum, was Archelaos von Cypern 3)
erzählt, dass Stesichoros, als seine Geliebte Helena ihm ab-
trünnig geworden und zum Bupalos gegangen sei, die bekann-
ten Worte Elene ekousa apere geschrieben habe. Stesicho-
ros starb Ol. 56, 4 in einem Alter von 85 Jahren 4) und passt
also nicht zum Nebenbuhler des Bupalos, der erst später mit
Hipponax in Streit geräth.

Ueber die Werke des Bupalos und Athenis hören wir zu-
nächst Plinius:

1) Schon erwähnt wurden ihre Werke in Delos. Plinius
fügt hinzu, dass die Künstler ein Gedicht des Inhalts darun-
ter gesetzt: nicht nur durch Weinstöcke sei Chios berühmt,
sondern auch durch die Werke der Söhne des Archermos.

2) Ein Bild der Diana von ihrer Hand zeigte man zu
Lasos (auf Kreta: Plin. 4, 59), sofern nicht nach der frühe-
ren Lesart Jasos den Vorzug verdient, das, in Karien gele-
gen, dem Vaterlande der Künstler benachbarter ist.

3) In Chios selbst soll sich von ihnen ein Gesicht der
Diana befunden haben, welches hoch aufgestellt den Eintre-
tenden traurig, den Herausgehenden erheitert anzublicken
schien.

4) Zu Rom sah man Werke von ihnen am palatinischen
Apollo tempel im Giebel und fast an allen Bauten, die Au-
gustus errichtete.

Dem Bupalos allein werden zugeschrieben:

5. 6) bekleidete Chariten im Heiligthum der beiden
Nemeses zu Smyrna und zu Pergamos im Gemache des Atta-
los (Paus. IX, 35, 2).

7) Die Tyche zu Smyrna (wahrscheinlich die Stadtgöttin).
Er bildete sie zuerst mit dem Polos auf dem Haupte und dem
Horn der Amalthea in der einen Hand, um auf diese Weise das
Wirken der Göttin anzudeuten (Paus. IV, 30, 4). Diese Dar-

1) s. v. Ipponax.
2) vgl. Welcker Fragm. Hipp. p. 12. 39.
3) bei
Photius bibl. p. 481.
4) s. Clinton Fasti h. a.

benachbarten Inseln noch später Bildwerke gemacht hätten.
Spottbilder giebt auch Suidas 1) als Veranlassung der Feindschaft
an. Andere fanden sie darin, dass Bupalos seine Tochter dem
Hipponax zur Ehe zu geben verweigert habe 2). Bei dem ge-
genseitigen Hasse mögen beide Angaben ihren Grund haben.
Sicherlich aber ist ein Irrthum, was Archelaos von Cypern 3)
erzählt, dass Stesichoros, als seine Geliebte Helena ihm ab-
trünnig geworden und zum Bupalos gegangen sei, die bekann-
ten Worte Ἑλένη ἑκοῦσα ἀπῆρε geschrieben habe. Stesicho-
ros starb Ol. 56, 4 in einem Alter von 85 Jahren 4) und passt
also nicht zum Nebenbuhler des Bupalos, der erst später mit
Hipponax in Streit geräth.

Ueber die Werke des Bupalos und Athenis hören wir zu-
nächst Plinius:

1) Schon erwähnt wurden ihre Werke in Delos. Plinius
fügt hinzu, dass die Künstler ein Gedicht des Inhalts darun-
ter gesetzt: nicht nur durch Weinstöcke sei Chios berühmt,
sondern auch durch die Werke der Söhne des Archermos.

2) Ein Bild der Diana von ihrer Hand zeigte man zu
Lasos (auf Kreta: Plin. 4, 59), sofern nicht nach der frühe-
ren Lesart Jasos den Vorzug verdient, das, in Karien gele-
gen, dem Vaterlande der Künstler benachbarter ist.

3) In Chios selbst soll sich von ihnen ein Gesicht der
Diana befunden haben, welches hoch aufgestellt den Eintre-
tenden traurig, den Herausgehenden erheitert anzublicken
schien.

4) Zu Rom sah man Werke von ihnen am palatinischen
Apollo tempel im Giebel und fast an allen Bauten, die Au-
gustus errichtete.

Dem Bupalos allein werden zugeschrieben:

5. 6) bekleidete Chariten im Heiligthum der beiden
Nemeses zu Smyrna und zu Pergamos im Gemache des Atta-
los (Paus. IX, 35, 2).

7) Die Tyche zu Smyrna (wahrscheinlich die Stadtgöttin).
Er bildete sie zuerst mit dem Polos auf dem Haupte und dem
Horn der Amalthea in der einen Hand, um auf diese Weise das
Wirken der Göttin anzudeuten (Paus. IV, 30, 4). Diese Dar-

1) s. v. Ἱππῶναξ.
2) vgl. Welcker Fragm. Hipp. p. 12. 39.
3) bei
Photius bibl. p. 481.
4) s. Clinton Fasti h. a.
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[40/0053] benachbarten Inseln noch später Bildwerke gemacht hätten. Spottbilder giebt auch Suidas 1) als Veranlassung der Feindschaft an. Andere fanden sie darin, dass Bupalos seine Tochter dem Hipponax zur Ehe zu geben verweigert habe 2). Bei dem ge- genseitigen Hasse mögen beide Angaben ihren Grund haben. Sicherlich aber ist ein Irrthum, was Archelaos von Cypern 3) erzählt, dass Stesichoros, als seine Geliebte Helena ihm ab- trünnig geworden und zum Bupalos gegangen sei, die bekann- ten Worte Ἑλένη ἑκοῦσα ἀπῆρε geschrieben habe. Stesicho- ros starb Ol. 56, 4 in einem Alter von 85 Jahren 4) und passt also nicht zum Nebenbuhler des Bupalos, der erst später mit Hipponax in Streit geräth. Ueber die Werke des Bupalos und Athenis hören wir zu- nächst Plinius: 1) Schon erwähnt wurden ihre Werke in Delos. Plinius fügt hinzu, dass die Künstler ein Gedicht des Inhalts darun- ter gesetzt: nicht nur durch Weinstöcke sei Chios berühmt, sondern auch durch die Werke der Söhne des Archermos. 2) Ein Bild der Diana von ihrer Hand zeigte man zu Lasos (auf Kreta: Plin. 4, 59), sofern nicht nach der frühe- ren Lesart Jasos den Vorzug verdient, das, in Karien gele- gen, dem Vaterlande der Künstler benachbarter ist. 3) In Chios selbst soll sich von ihnen ein Gesicht der Diana befunden haben, welches hoch aufgestellt den Eintre- tenden traurig, den Herausgehenden erheitert anzublicken schien. 4) Zu Rom sah man Werke von ihnen am palatinischen Apollo tempel im Giebel und fast an allen Bauten, die Au- gustus errichtete. Dem Bupalos allein werden zugeschrieben: 5. 6) bekleidete Chariten im Heiligthum der beiden Nemeses zu Smyrna und zu Pergamos im Gemache des Atta- los (Paus. IX, 35, 2). 7) Die Tyche zu Smyrna (wahrscheinlich die Stadtgöttin). Er bildete sie zuerst mit dem Polos auf dem Haupte und dem Horn der Amalthea in der einen Hand, um auf diese Weise das Wirken der Göttin anzudeuten (Paus. IV, 30, 4). Diese Dar- 1) s. v. Ἱππῶναξ. 2) vgl. Welcker Fragm. Hipp. p. 12. 39. 3) bei Photius bibl. p. 481. 4) s. Clinton Fasti h. a.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/53>, abgerufen am 02.05.2024.