an, wie der Marmor. Es sei mir daher erlaubt, vielmehr eine Erklärung durch die Hinweisung auf einige andere Bildwerke zu versuchen, deren Vergleichung vielleicht, aber doch nur auf den ersten Blick, fernliegend erscheinen mag: nemlich zwei Panther des vaticanischen Museums, Thiere aus dem Katzen- geschlechte, an welchen nicht die Stärke und Tragfähigkeit des Knochen- und Muskelbaues, das Feste der Form, sondern die elastische Weichheit, welche einer Fixirung der Form ge- rade zu widersprechen scheint, die am meisten hervortretende charakteristische Eigenschaft bildet. Sie liegen da, man möchte sagen, wie hingegossen; und die Wirkung erscheint um so grösser, wenn wir bedenken, dass die Arbeit in dem härtesten sprödesten Stoffe, in Granit, ausgeführt ist. Von einer nach Illusion strebenden Behandlung des Details der Oberfläche kann in diesem Stoffe am allerwenigsten die Rede sein: die Weich- heit liegt also lediglich in der Fügung, in der Geschmeidigkeit und Gelenkigkeit jedes einzelnen Gliedes. Wenden wir jetzt dasselbe Bildungsprincip auf die Darstellung eines Flussgottes an, so springt es in die Augen, was den Alten zu einer witzi- gen Vergleichung der Flüssigkeit des Kunstwerkes und des Flusses Veranlassung bot: es war das Hinfliessen der ganzen, wahrscheinlich liegenden Gestalt, das Gelöste, aller Spannung Entbehrende jeder Bewegung, was in dem harten Stoffe ge- bunden die Bewunderung der Menge hervorrief, so recht der Gegensatz dessen, was die strenge Bildung des Körpers in den Gymnasien erstrebte.
Kehren wir jetzt wieder zu dem Künstler zurück, welcher diesen Eurotas und die Tyche geschaffen hatte, so ergiebt sich für ihn durch diese Werke eine sehr bestimmte Stellung in der sikyonischen Schule. Wir finden eine naturgemässe Entwickelung derjenigen Bestrebungen Lysipp's, welche den Ernst und die Strenge der älteren Kunst mit Eleganz und Leichtigkeit zu vertauschen bezweckten. Ob und wie weit dasselbe auch hinsichtlich der äusseren Behandlung behauptet werden darf, insofern auch darin die Künstler dieser Zeit sich der sinnlichen Wahrheit der Natur zu nähern suchten, ver- mögen wir nicht zu entscheiden. Auf jeden Fall indessen scheint die charakteristische Eigenthümlichkeit des Eutychides weni- ger hierin gesucht werden zu müssen, als in der Composition, in einer Verbindung der Theile, welche dadurch, dass sie die
an, wie der Marmor. Es sei mir daher erlaubt, vielmehr eine Erklärung durch die Hinweisung auf einige andere Bildwerke zu versuchen, deren Vergleichung vielleicht, aber doch nur auf den ersten Blick, fernliegend erscheinen mag: nemlich zwei Panther des vaticanischen Museums, Thiere aus dem Katzen- geschlechte, an welchen nicht die Stärke und Tragfähigkeit des Knochen- und Muskelbaues, das Feste der Form, sondern die elastische Weichheit, welche einer Fixirung der Form ge- rade zu widersprechen scheint, die am meisten hervortretende charakteristische Eigenschaft bildet. Sie liegen da, man möchte sagen, wie hingegossen; und die Wirkung erscheint um so grösser, wenn wir bedenken, dass die Arbeit in dem härtesten sprödesten Stoffe, in Granit, ausgeführt ist. Von einer nach Illusion strebenden Behandlung des Details der Oberfläche kann in diesem Stoffe am allerwenigsten die Rede sein: die Weich- heit liegt also lediglich in der Fügung, in der Geschmeidigkeit und Gelenkigkeit jedes einzelnen Gliedes. Wenden wir jetzt dasselbe Bildungsprincip auf die Darstellung eines Flussgottes an, so springt es in die Augen, was den Alten zu einer witzi- gen Vergleichung der Flüssigkeit des Kunstwerkes und des Flusses Veranlassung bot: es war das Hinfliessen der ganzen, wahrscheinlich liegenden Gestalt, das Gelöste, aller Spannung Entbehrende jeder Bewegung, was in dem harten Stoffe ge- bunden die Bewunderung der Menge hervorrief, so recht der Gegensatz dessen, was die strenge Bildung des Körpers in den Gymnasien erstrebte.
Kehren wir jetzt wieder zu dem Künstler zurück, welcher diesen Eurotas und die Tyche geschaffen hatte, so ergiebt sich für ihn durch diese Werke eine sehr bestimmte Stellung in der sikyonischen Schule. Wir finden eine naturgemässe Entwickelung derjenigen Bestrebungen Lysipp’s, welche den Ernst und die Strenge der älteren Kunst mit Eleganz und Leichtigkeit zu vertauschen bezweckten. Ob und wie weit dasselbe auch hinsichtlich der äusseren Behandlung behauptet werden darf, insofern auch darin die Künstler dieser Zeit sich der sinnlichen Wahrheit der Natur zu nähern suchten, ver- mögen wir nicht zu entscheiden. Auf jeden Fall indessen scheint die charakteristische Eigenthümlichkeit des Eutychides weni- ger hierin gesucht werden zu müssen, als in der Composition, in einer Verbindung der Theile, welche dadurch, dass sie die
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an, wie der Marmor. Es sei mir daher erlaubt, vielmehr eine
Erklärung durch die Hinweisung auf einige andere Bildwerke
zu versuchen, deren Vergleichung vielleicht, aber doch nur
auf den ersten Blick, fernliegend erscheinen mag: nemlich zwei
Panther des vaticanischen Museums, Thiere aus dem Katzen-
geschlechte, an welchen nicht die Stärke und Tragfähigkeit
des Knochen- und Muskelbaues, das Feste der Form, sondern
die elastische Weichheit, welche einer Fixirung der Form ge-
rade zu widersprechen scheint, die am meisten hervortretende
charakteristische Eigenschaft bildet. Sie liegen da, man möchte
sagen, wie hingegossen; und die Wirkung erscheint um so
grösser, wenn wir bedenken, dass die Arbeit in dem härtesten
sprödesten Stoffe, in Granit, ausgeführt ist. Von einer nach
Illusion strebenden Behandlung des Details der Oberfläche kann
in diesem Stoffe am allerwenigsten die Rede sein: die Weich-
heit liegt also lediglich in der Fügung, in der Geschmeidigkeit
und Gelenkigkeit jedes einzelnen Gliedes. Wenden wir jetzt
dasselbe Bildungsprincip auf die Darstellung eines Flussgottes
an, so springt es in die Augen, was den Alten zu einer witzi-
gen Vergleichung der Flüssigkeit des Kunstwerkes und des
Flusses Veranlassung bot: es war das Hinfliessen der ganzen,
wahrscheinlich liegenden Gestalt, das Gelöste, aller Spannung
Entbehrende jeder Bewegung, was in dem harten Stoffe ge-
bunden die Bewunderung der Menge hervorrief, so recht der
Gegensatz dessen, was die strenge Bildung des Körpers in
den Gymnasien erstrebte.
Kehren wir jetzt wieder zu dem Künstler zurück, welcher
diesen Eurotas und die Tyche geschaffen hatte, so ergiebt
sich für ihn durch diese Werke eine sehr bestimmte Stellung
in der sikyonischen Schule. Wir finden eine naturgemässe
Entwickelung derjenigen Bestrebungen Lysipp’s, welche den
Ernst und die Strenge der älteren Kunst mit Eleganz und
Leichtigkeit zu vertauschen bezweckten. Ob und wie weit
dasselbe auch hinsichtlich der äusseren Behandlung behauptet
werden darf, insofern auch darin die Künstler dieser Zeit sich
der sinnlichen Wahrheit der Natur zu nähern suchten, ver-
mögen wir nicht zu entscheiden. Auf jeden Fall indessen scheint
die charakteristische Eigenthümlichkeit des Eutychides weni-
ger hierin gesucht werden zu müssen, als in der Composition,
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/427>, abgerufen am 22.11.2024.
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