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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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termutter in Athen; und auch sie sind Werke des Damophon.
Demeter nun trägt in der Rechten eine Fackel, während sie
die andere Hand auf die Despoina gelegt hat. Despoina aber
hat ein Scepter und auf den Knieen die sogenannte Kiste,
welche sie mit der rechten Hand hält. Ferner stehen Figuren
zu beiden Seiten des Thrones: neben der Demeter Artemis
mit einem Hirschfell angethan und dem Köcher auf den Schul-
tern. In der einen Hand trägt sie eine Leuchte (lampada),
in der andern zwei Schlangen; und neben ihr liegt ein Jagd-
hund. Neben dem Bilde der Despoina steht Anytos als
Schwerbewaffneter. Die Tempeldiener erzählen nemlich, dass
Despoina von Anytos auferzogen sei, und dass Anytos selbst
zum Geschlechte der Titanen gehöre..... Was aber die Ku-
reten
anlangt, welche unter den Bildern angebracht, und die
Korybanten, ein von den Kureten verschiedenes Geschlecht,
welche in Relief auf der Basis dargestellt sind, so übergehe
ich das wissentlich." Was Pausanias mit dem Ausdrucke
"auch sie sind Werke des Damophon" sagen will, ist nicht
klar, da sein Name nur sechs Kapitel früher genannt ist.
Vielleicht will er diesem Künstler auch die Reliefs beilegen,
die er als in einer Halle vor dem Eingange befindlich kurz
vorher beschreibt. Sie stellten dar: die Moiren und Zeus Moi-
ragetes; den Dreifussraub des Herakles; Nymphen und Pane.
Das vierte, das Bild des Polybios, könnte natürlich erst später
hinzugefügt sein.

Ueber die Zeit des Künstlers können wir nemlich so viel
mit ziemlicher Zuversicht behaupten, dass er in der 102ten
Olympiade lebte. Seine Werke sind die Tempelbilder in den
bedeutendsten Heiligthümern von Messene und Megalopolis,
welche höchst wahrscheinlich sogleich bei der Gründung die-
ser Städte in dieser Olympiade errichtet wurden; und unter
dem einen Statuenverein zu Messene findet sich sogar ein
Bild der Stadt Theben, mit offenbarer Anspielung auf das
Verdienst dieser Stadt um die Herstellung Messene's. Hier-
durch gewinnt auch die Vermuthung Sillig's grosse Wahr-
scheinlichkeit, dass die Thätigkeit des Damophon zu Aegion
in die Zeit falle, in welcher er mit seinem Volke noch in der
Verbannung lebte.

Es genügt eine flüchtige Betrachtung der Nachrichten des
Pausanias, um zu sehen, wie wesentlich sich Damophon von

termutter in Athen; und auch sie sind Werke des Damophon.
Demeter nun trägt in der Rechten eine Fackel, während sie
die andere Hand auf die Despoina gelegt hat. Despoina aber
hat ein Scepter und auf den Knieen die sogenannte Kiste,
welche sie mit der rechten Hand hält. Ferner stehen Figuren
zu beiden Seiten des Thrones: neben der Demeter Artemis
mit einem Hirschfell angethan und dem Köcher auf den Schul-
tern. In der einen Hand trägt sie eine Leuchte (λαμπάδα),
in der andern zwei Schlangen; und neben ihr liegt ein Jagd-
hund. Neben dem Bilde der Despoina steht Anytos als
Schwerbewaffneter. Die Tempeldiener erzählen nemlich, dass
Despoina von Anytos auferzogen sei, und dass Anytos selbst
zum Geschlechte der Titanen gehöre..... Was aber die Ku-
reten
anlangt, welche unter den Bildern angebracht, und die
Korybanten, ein von den Kureten verschiedenes Geschlecht,
welche in Relief auf der Basis dargestellt sind, so übergehe
ich das wissentlich.” Was Pausanias mit dem Ausdrucke
auch sie sind Werke des Damophon” sagen will, ist nicht
klar, da sein Name nur sechs Kapitel früher genannt ist.
Vielleicht will er diesem Künstler auch die Reliefs beilegen,
die er als in einer Halle vor dem Eingange befindlich kurz
vorher beschreibt. Sie stellten dar: die Moiren und Zeus Moi-
ragetes; den Dreifussraub des Herakles; Nymphen und Pane.
Das vierte, das Bild des Polybios, könnte natürlich erst später
hinzugefügt sein.

Ueber die Zeit des Künstlers können wir nemlich so viel
mit ziemlicher Zuversicht behaupten, dass er in der 102ten
Olympiade lebte. Seine Werke sind die Tempelbilder in den
bedeutendsten Heiligthümern von Messene und Megalopolis,
welche höchst wahrscheinlich sogleich bei der Gründung die-
ser Städte in dieser Olympiade errichtet wurden; und unter
dem einen Statuenverein zu Messene findet sich sogar ein
Bild der Stadt Theben, mit offenbarer Anspielung auf das
Verdienst dieser Stadt um die Herstellung Messene’s. Hier-
durch gewinnt auch die Vermuthung Sillig’s grosse Wahr-
scheinlichkeit, dass die Thätigkeit des Damophon zu Aegion
in die Zeit falle, in welcher er mit seinem Volke noch in der
Verbannung lebte.

Es genügt eine flüchtige Betrachtung der Nachrichten des
Pausanias, um zu sehen, wie wesentlich sich Damophon von

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[290/0303] termutter in Athen; und auch sie sind Werke des Damophon. Demeter nun trägt in der Rechten eine Fackel, während sie die andere Hand auf die Despoina gelegt hat. Despoina aber hat ein Scepter und auf den Knieen die sogenannte Kiste, welche sie mit der rechten Hand hält. Ferner stehen Figuren zu beiden Seiten des Thrones: neben der Demeter Artemis mit einem Hirschfell angethan und dem Köcher auf den Schul- tern. In der einen Hand trägt sie eine Leuchte (λαμπάδα), in der andern zwei Schlangen; und neben ihr liegt ein Jagd- hund. Neben dem Bilde der Despoina steht Anytos als Schwerbewaffneter. Die Tempeldiener erzählen nemlich, dass Despoina von Anytos auferzogen sei, und dass Anytos selbst zum Geschlechte der Titanen gehöre..... Was aber die Ku- reten anlangt, welche unter den Bildern angebracht, und die Korybanten, ein von den Kureten verschiedenes Geschlecht, welche in Relief auf der Basis dargestellt sind, so übergehe ich das wissentlich.” Was Pausanias mit dem Ausdrucke „auch sie sind Werke des Damophon” sagen will, ist nicht klar, da sein Name nur sechs Kapitel früher genannt ist. Vielleicht will er diesem Künstler auch die Reliefs beilegen, die er als in einer Halle vor dem Eingange befindlich kurz vorher beschreibt. Sie stellten dar: die Moiren und Zeus Moi- ragetes; den Dreifussraub des Herakles; Nymphen und Pane. Das vierte, das Bild des Polybios, könnte natürlich erst später hinzugefügt sein. Ueber die Zeit des Künstlers können wir nemlich so viel mit ziemlicher Zuversicht behaupten, dass er in der 102ten Olympiade lebte. Seine Werke sind die Tempelbilder in den bedeutendsten Heiligthümern von Messene und Megalopolis, welche höchst wahrscheinlich sogleich bei der Gründung die- ser Städte in dieser Olympiade errichtet wurden; und unter dem einen Statuenverein zu Messene findet sich sogar ein Bild der Stadt Theben, mit offenbarer Anspielung auf das Verdienst dieser Stadt um die Herstellung Messene’s. Hier- durch gewinnt auch die Vermuthung Sillig’s grosse Wahr- scheinlichkeit, dass die Thätigkeit des Damophon zu Aegion in die Zeit falle, in welcher er mit seinem Volke noch in der Verbannung lebte. Es genügt eine flüchtige Betrachtung der Nachrichten des Pausanias, um zu sehen, wie wesentlich sich Damophon von

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/303>, abgerufen am 12.05.2024.