schwankend sind. Die Einen 1) setzten sie auf den Finger des Zeus, Andere 2) auf den Finger der Aphrodite Urania zu Elis, noch Andere 3) auf den der Parthenos zu Athen. Unsere Ge- währsmänner sind aus später Zeit, und schreiben meist ohne eige- ne Anschauung nach Hörensagen, Sophisten oder christliche Kirchenväter, welche letztere namentlich nach Thiersch's Bemer- kung in den Nachrichten von den Ausschweifungen auch der berühmtesten "Heiden" unerschöpflich sind. Pausanias, der doch zweimal 4) der Liebe zu Pantarkes Erwähnung thut, und also hinlängliche Aufforderung hatte, ein Wort über die In- schrift hinzuzufügen, schweigt von ihr gänzlich. Aber auch zugegeben, dass den Phidias noch etwas anderes, als die Be- geisterung für die künstlerische Schönheit eines Knaben bewog, dessen Bild am Throne des Zeus anzubringen, so lässt sich doch immer daraus keine Altersbestimmung für den Künstler herleiten. Denn es fehlt auch sonst an Erzählungen nicht, welche griechische Greise selbst in sehr hohem Alter einer heftigen Liebe fähig zeigen. -- Gedenken wir endlich der ge- waltigen Schöpfungen aus den letzten Jahren eines Aeschylus, Sophokles, Pindar, so werden wir auch darin Müller nicht beistimmen können, dass er behauptet, ein Werk, wie der Zeus des Phidias, könne nur von einem Künstler in mann- haftem und noch kräftigem Alter geschaffen werden.
Die Gründe also, welche Müller beibringt, entbehren der beweisenden Kraft für die Annahme, dass Phidias erst Ol. 73 geboren sei. Noch dazu ist uns aber eine Angabe erhalten, welche geradezu dagegen streitet: die nemlich, dass Phidias auf dem Schilde der Parthenos sich selbst unter dem Bilde eines kahlköpfigen Alten (presbutou phalakrou) dargestellt habe 5); und wir müssen hier die Ansicht Thiersch's theilen, dass darin der einzige sichere Haltpunkt für eine Altersbe- stimmung des Phidias liege. Nach Müller aber wäre Phidias, als er dieses Bild machte, erst 50 Jahre alt gewesen, was mit Plutarch's Worten doch kaum in Einklang zu bringen ist. Freilich ist es aber auch nicht nothwendig, mit Thiersch an einen Siebziger zu denken, sofern nicht gewichtige Gründe
1) Clem. Alex. Coh. p. 47 Potter. Suid. und Photius s. v. Ramnousia Nemesis. Arnob. VI, 13.
2) Phot. Lex. p. 482, 19. Libanius nach dem Schol. zu Clem. Alex. p. 115 ed Klotz.
3) Gregor. Nazianz. Carm. iamb. 18, tom. II, p. 184 ed. Ven.
4) V, 11, 2; VI, 10, 2.
5) Plut. Per. 31.
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. 11
schwankend sind. Die Einen 1) setzten sie auf den Finger des Zeus, Andere 2) auf den Finger der Aphrodite Urania zu Elis, noch Andere 3) auf den der Parthenos zu Athen. Unsere Ge- währsmänner sind aus später Zeit, und schreiben meist ohne eige- ne Anschauung nach Hörensagen, Sophisten oder christliche Kirchenväter, welche letztere namentlich nach Thiersch’s Bemer- kung in den Nachrichten von den Ausschweifungen auch der berühmtesten „Heiden” unerschöpflich sind. Pausanias, der doch zweimal 4) der Liebe zu Pantarkes Erwähnung thut, und also hinlängliche Aufforderung hatte, ein Wort über die In- schrift hinzuzufügen, schweigt von ihr gänzlich. Aber auch zugegeben, dass den Phidias noch etwas anderes, als die Be- geisterung für die künstlerische Schönheit eines Knaben bewog, dessen Bild am Throne des Zeus anzubringen, so lässt sich doch immer daraus keine Altersbestimmung für den Künstler herleiten. Denn es fehlt auch sonst an Erzählungen nicht, welche griechische Greise selbst in sehr hohem Alter einer heftigen Liebe fähig zeigen. — Gedenken wir endlich der ge- waltigen Schöpfungen aus den letzten Jahren eines Aeschylus, Sophokles, Pindar, so werden wir auch darin Müller nicht beistimmen können, dass er behauptet, ein Werk, wie der Zeus des Phidias, könne nur von einem Künstler in mann- haftem und noch kräftigem Alter geschaffen werden.
Die Gründe also, welche Müller beibringt, entbehren der beweisenden Kraft für die Annahme, dass Phidias erst Ol. 73 geboren sei. Noch dazu ist uns aber eine Angabe erhalten, welche geradezu dagegen streitet: die nemlich, dass Phidias auf dem Schilde der Parthenos sich selbst unter dem Bilde eines kahlköpfigen Alten (πρεσβύτου φαλακροῦ) dargestellt habe 5); und wir müssen hier die Ansicht Thiersch’s theilen, dass darin der einzige sichere Haltpunkt für eine Altersbe- stimmung des Phidias liege. Nach Müller aber wäre Phidias, als er dieses Bild machte, erst 50 Jahre alt gewesen, was mit Plutarch’s Worten doch kaum in Einklang zu bringen ist. Freilich ist es aber auch nicht nothwendig, mit Thiersch an einen Siebziger zu denken, sofern nicht gewichtige Gründe
1) Clem. Alex. Coh. p. 47 Potter. Suid. und Photius s. v. Ῥαμνουσία Νέμεσις. Arnob. VI, 13.
2) Phot. Lex. p. 482, 19. Libanius nach dem Schol. zu Clem. Alex. p. 115 ed Klotz.
3) Gregor. Nazianz. Carm. iamb. 18, tom. II, p. 184 ed. Ven.
4) V, 11, 2; VI, 10, 2.
5) Plut. Per. 31.
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. 11
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Zeus, Andere 2) auf den Finger der Aphrodite Urania zu Elis,
noch Andere 3) auf den der Parthenos zu Athen. Unsere Ge-
währsmänner sind aus später Zeit, und schreiben meist ohne eige-
ne Anschauung nach Hörensagen, Sophisten oder christliche
Kirchenväter, welche letztere namentlich nach Thiersch’s Bemer-
kung in den Nachrichten von den Ausschweifungen auch der
berühmtesten „Heiden” unerschöpflich sind. Pausanias, der
doch zweimal 4) der Liebe zu Pantarkes Erwähnung thut, und
also hinlängliche Aufforderung hatte, ein Wort über die In-
schrift hinzuzufügen, schweigt von ihr gänzlich. Aber auch
zugegeben, dass den Phidias noch etwas anderes, als die Be-
geisterung für die künstlerische Schönheit eines Knaben bewog,
dessen Bild am Throne des Zeus anzubringen, so lässt sich
doch immer daraus keine Altersbestimmung für den Künstler
herleiten. Denn es fehlt auch sonst an Erzählungen nicht,
welche griechische Greise selbst in sehr hohem Alter einer
heftigen Liebe fähig zeigen. — Gedenken wir endlich der ge-
waltigen Schöpfungen aus den letzten Jahren eines Aeschylus,
Sophokles, Pindar, so werden wir auch darin Müller nicht
beistimmen können, dass er behauptet, ein Werk, wie der
Zeus des Phidias, könne nur von einem Künstler in mann-
haftem und noch kräftigem Alter geschaffen werden.
Die Gründe also, welche Müller beibringt, entbehren der
beweisenden Kraft für die Annahme, dass Phidias erst Ol. 73
geboren sei. Noch dazu ist uns aber eine Angabe erhalten,
welche geradezu dagegen streitet: die nemlich, dass Phidias
auf dem Schilde der Parthenos sich selbst unter dem Bilde
eines kahlköpfigen Alten (πρεσβύτου φαλακροῦ) dargestellt
habe 5); und wir müssen hier die Ansicht Thiersch’s theilen,
dass darin der einzige sichere Haltpunkt für eine Altersbe-
stimmung des Phidias liege. Nach Müller aber wäre Phidias,
als er dieses Bild machte, erst 50 Jahre alt gewesen, was
mit Plutarch’s Worten doch kaum in Einklang zu bringen ist.
Freilich ist es aber auch nicht nothwendig, mit Thiersch an
einen Siebziger zu denken, sofern nicht gewichtige Gründe
1) Clem. Alex. Coh. p. 47 Potter. Suid. und Photius s. v. Ῥαμνουσία
Νέμεσις. Arnob. VI, 13.
2) Phot. Lex. p. 482, 19. Libanius nach dem
Schol. zu Clem. Alex. p. 115 ed Klotz.
3) Gregor. Nazianz. Carm. iamb. 18,
tom. II, p. 184 ed. Ven.
4) V, 11, 2; VI, 10, 2.
5) Plut. Per. 31.
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/174>, abgerufen am 24.11.2024.
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