meinen Aufsatz über das Imperfectum in Künstlerinschriften, im Rh. Mus. N. F. VIII, S. 235). Die dazu gehörige, uns aber nicht erhaltene Büste oder Statue wird demnach ebenfalls nur Copie gewesen sein. Den Namen des Dargestellten kennen wir nicht. Hippasos, der Vater dieses Unbekannten, kann übrigens nicht der pythagoraeische Philosoph sein, der aus Metapont stammte; eher vielleicht der Lakonier, der über spartanische Staatsver- fassung geschrieben hatte (Diog. Laert. VIII, 84), aber eben so gut auch ein anderer uns unbekannter Peloponnesier.
18) Endlich war nach Plinius (33, 155) Kalamis auch als Caelator in Silber berühmt, und zwei seiner Becher wurden von Zenodoros, dem Künstler des Neronischen Kolosses, auf das genaueste copirt: 34, 47.
Ueberblicken wir diese Reihe von verschiedenartigen Wer- ken, so muss uns zuerst die Vielseitigkeit des Künstlers beach- tungswerth erscheinen. Er umfasst das Gebiet der Sculptur von der feinsten Cisellirung bis zum Kolosse von dreissig El- len; er arbeitet in Silber, in Erz, in Marmor, in Gold und Elfenbein; er liefert Geräthe, die dem Schmucke und der Zierde des Lebens dienen, athlethische, so wie religiöse Weihge- schenke und Tempelstatuen; endlich ist er nicht weniger aus- gezeichnet in der Bildung der Thiere, als in der Darstellung von zarten Frauengestalten, von Knaben, Jünglingen und Män- nern in gereiftem Alter. Bedenken wir diese Vielseitigkeit, verbunden mit dem Ruhme der Vortrefflichkeit in dieser Zeit der noch nicht vollkommen entwickelten Kunst, so werden wir nicht umhin können, uns den Künstler als eine lebendige, ge- wandte Persönlichkeit zu denken, welche, wenn sie auch noch nicht geistige Kraft genug besass, alle hemmenden Bande der Zeit zu sprengen, gewiss mit regem Sinne überall bestrebt ge- wesen sein wird, der Kunst in verschiedener Weise neue Reize zu verleihen. In wieweit und in welcher Richtung dieses bei Kalamis wirklich der Fall war, werden wir aus der Vergleichung verschiedener Nachrichten über ihn bestimmter zu beurtheilen im Stande sein.
Es ist eine in der Geschichte der Kunst häufiger wieder- kehrende Erscheinung, dass, während die freie Darstellung des menschlichen Körpers noch durch geheiligte Satzungen gehemmt und gebunden ist, die Bildung der Thiere dem Höhepunkte der Vollendung schon weit näher steht. Hier, wo dem Künstler
meinen Aufsatz über das Imperfectum in Künstlerinschriften, im Rh. Mus. N. F. VIII, S. 235). Die dazu gehörige, uns aber nicht erhaltene Büste oder Statue wird demnach ebenfalls nur Copie gewesen sein. Den Namen des Dargestellten kennen wir nicht. Hippasos, der Vater dieses Unbekannten, kann übrigens nicht der pythagoraeische Philosoph sein, der aus Metapont stammte; eher vielleicht der Lakonier, der über spartanische Staatsver- fassung geschrieben hatte (Diog. Laërt. VIII, 84), aber eben so gut auch ein anderer uns unbekannter Peloponnesier.
18) Endlich war nach Plinius (33, 155) Kalamis auch als Caelator in Silber berühmt, und zwei seiner Becher wurden von Zenodoros, dem Künstler des Neronischen Kolosses, auf das genaueste copirt: 34, 47.
Ueberblicken wir diese Reihe von verschiedenartigen Wer- ken, so muss uns zuerst die Vielseitigkeit des Künstlers beach- tungswerth erscheinen. Er umfasst das Gebiet der Sculptur von der feinsten Cisellirung bis zum Kolosse von dreissig El- len; er arbeitet in Silber, in Erz, in Marmor, in Gold und Elfenbein; er liefert Geräthe, die dem Schmucke und der Zierde des Lebens dienen, athlethische, so wie religiöse Weihge- schenke und Tempelstatuen; endlich ist er nicht weniger aus- gezeichnet in der Bildung der Thiere, als in der Darstellung von zarten Frauengestalten, von Knaben, Jünglingen und Män- nern in gereiftem Alter. Bedenken wir diese Vielseitigkeit, verbunden mit dem Ruhme der Vortrefflichkeit in dieser Zeit der noch nicht vollkommen entwickelten Kunst, so werden wir nicht umhin können, uns den Künstler als eine lebendige, ge- wandte Persönlichkeit zu denken, welche, wenn sie auch noch nicht geistige Kraft genug besass, alle hemmenden Bande der Zeit zu sprengen, gewiss mit regem Sinne überall bestrebt ge- wesen sein wird, der Kunst in verschiedener Weise neue Reize zu verleihen. In wieweit und in welcher Richtung dieses bei Kalamis wirklich der Fall war, werden wir aus der Vergleichung verschiedener Nachrichten über ihn bestimmter zu beurtheilen im Stande sein.
Es ist eine in der Geschichte der Kunst häufiger wieder- kehrende Erscheinung, dass, während die freie Darstellung des menschlichen Körpers noch durch geheiligte Satzungen gehemmt und gebunden ist, die Bildung der Thiere dem Höhepunkte der Vollendung schon weit näher steht. Hier, wo dem Künstler
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meinen Aufsatz über das Imperfectum in Künstlerinschriften,
im Rh. Mus. N. F. VIII, S. 235). Die dazu gehörige, uns aber
nicht erhaltene Büste oder Statue wird demnach ebenfalls nur Copie
gewesen sein. Den Namen des Dargestellten kennen wir nicht.
Hippasos, der Vater dieses Unbekannten, kann übrigens nicht
der pythagoraeische Philosoph sein, der aus Metapont stammte;
eher vielleicht der Lakonier, der über spartanische Staatsver-
fassung geschrieben hatte (Diog. Laërt. VIII, 84), aber eben
so gut auch ein anderer uns unbekannter Peloponnesier.
18) Endlich war nach Plinius (33, 155) Kalamis auch als
Caelator in Silber berühmt, und zwei seiner Becher wurden
von Zenodoros, dem Künstler des Neronischen Kolosses, auf
das genaueste copirt: 34, 47.
Ueberblicken wir diese Reihe von verschiedenartigen Wer-
ken, so muss uns zuerst die Vielseitigkeit des Künstlers beach-
tungswerth erscheinen. Er umfasst das Gebiet der Sculptur
von der feinsten Cisellirung bis zum Kolosse von dreissig El-
len; er arbeitet in Silber, in Erz, in Marmor, in Gold und
Elfenbein; er liefert Geräthe, die dem Schmucke und der Zierde
des Lebens dienen, athlethische, so wie religiöse Weihge-
schenke und Tempelstatuen; endlich ist er nicht weniger aus-
gezeichnet in der Bildung der Thiere, als in der Darstellung
von zarten Frauengestalten, von Knaben, Jünglingen und Män-
nern in gereiftem Alter. Bedenken wir diese Vielseitigkeit,
verbunden mit dem Ruhme der Vortrefflichkeit in dieser Zeit
der noch nicht vollkommen entwickelten Kunst, so werden wir
nicht umhin können, uns den Künstler als eine lebendige, ge-
wandte Persönlichkeit zu denken, welche, wenn sie auch noch
nicht geistige Kraft genug besass, alle hemmenden Bande der
Zeit zu sprengen, gewiss mit regem Sinne überall bestrebt ge-
wesen sein wird, der Kunst in verschiedener Weise neue
Reize zu verleihen. In wieweit und in welcher Richtung
dieses bei Kalamis wirklich der Fall war, werden wir aus der
Vergleichung verschiedener Nachrichten über ihn bestimmter
zu beurtheilen im Stande sein.
Es ist eine in der Geschichte der Kunst häufiger wieder-
kehrende Erscheinung, dass, während die freie Darstellung des
menschlichen Körpers noch durch geheiligte Satzungen gehemmt
und gebunden ist, die Bildung der Thiere dem Höhepunkte der
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/141>, abgerufen am 22.11.2024.
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