Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 7. 6. Aufl. Leipzig, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch]
Str
*Strauß, Henriette,

geborne
Netter, pseud. Franz Siking,
wurde am 1. November 1845 zu
Bühl, einem Städtchen im badischen
Oberlande, geboren und kam, kaum
ein Jahr alt, mit ihren Eltern nach
Mannheim, wo diese -- die nicht ge-
rade in glänzenden Verhältnissen
lebten -- ihr mit vielen Opfern eine
treffliche Erziehung zu teil werden
ließen. Mit zwölf Jahren war Hen-
riette der Schule entwachsen und mit
15 Jahren ging sie, fühlend, daß sie
ihren Eltern nicht lästig fallen durfte,
und wissend, daß sie ihr Brot zu er-
werben selbst imstande war, zum
Theater. Margarete in Goethes
"Faust" war ihr erstes Debut. Jetzt
war es ihr erst vergönnt, sich dem
Studium der Klassiker zu widmen,
das sie in ihrer Jugend vergeblich
ersehnt hatte. Dasselbe blieb für
ihre spätere schriftstellerische u. dra-
maturgische Tätigkeit entscheidend.
Nicht lange blieb Henriette beim
Theater. Das Leben hinter den Ku-
lissen sagte ihrem Charakter nicht zu,
und so quittierte sie die bisherige
Laufbahn. Bald darauf verheiratete
sie sich. Sie lebte seitdem in Mann-
heim in angenehmen Verhältnissen.
Der Weg, den sie als Schriftstellerin
durchlaufen, war mühe- und dornen-
voll, und es währte lange, ehe sie sich
Geltung verschaffen konnte. Jhre
ersten novellistischen Arbeiten wur-
den von August Reiser in der von
ihm redigierten "Neuen Musikzei-
tung" gern veröffentlicht. Dann
folgte ihr Roman "Die Rose von
Urach", der in kurzer Zeit neu auf-
gelegt ward und solchen Beifall fand,
daß sogar die Redaktion der "Gar-
tenlaube" sich an die Schrifstellerin
um einen Roman für das genannte
Blatt wandte. Sie schrieb ihre Er-
zählung. "Albertus Magnus und
Gerhard von Rihl", welche die Ent-
stehungsgeschichte des Kölner Doms
behandelt. Die Drucklegung dersel-
[Spaltenumbruch]

Str
ben, obwohl bereits von der "Gar-
tenlaube" angekündigt, unterblieb,
weil sich die Autorin gewaltsame
Streichungen der Redaktion nicht
gefallen lassen wollte und die Zu-
mutung, ihren Stil nach dem der
Marlitt umzumodeln, energisch ab-
wies. Die ganze um dieses Streit-
objekt geführte Korrespondenz ver-
öffentlichte S. später in einer Bro-
schüre "Ein Kampf gegen die Gar-
tenlaube" (Zürich 1886), welche
großes Aufsehen erregte, aber auch
die Folge hatte, daß der Großherzog
von Baden die Drucklegung der Er-
zählung in Buchausgabe ins Werk
setzte und die Widmung derselben an-
nahm. Jn neuerer Zeit hat die
Schriftstellerin das dramatische Ge-
biet betreten und auch hier -- frei-
lich wiederum nach Besiegung man-
nigfacher Widerwärtigkeiten u. Hin-
dernisse -- schöne Erfolge errungen.
Jm Jahre 1911 verlegte sie ihren
Wohnsitz nach Berlin.

S:

Sewahi
(Dramatisches Gedicht), 1872. - Die
Rose von Urach (R.); II, 1882. 3. A.
1908. - Des Nordlands Königstoch-
ter (Ep. Märchendichtung), 1884. -
Saul und David (Or.), 1886. - Ger-
semi (Urgerman. M.), 1887. - Alber-
tus Magnus und Gerhard von Rihl
(aus dem 13. Jahrh.), 1889. - Kaiser
Friedrich I. (Schsp., 2. Tl. einer Bar-
barossa-Tetralogie), 1892. - Beatrice
(Histor. Tr.), 1894. - Wolfram von
Eschenbach (Histor. R.), 1907. - Die
Bajadere (Hist. R.) 1912.

*Strauß, Hermann,

psd. Hans
Hermann,
gebor. am 18. Februar
1880 in Schwerin (Mecklenburg) als
der Sohn eines Brauereibesitzers, be-
suchte das dortige Gymnasium, mußte
aber dasselbe infolge Vermögensver-
falls seines Vaters, in Obersekund[a]
verlassen und sich in Hamburg dem
Kaufmannsstande widmen. Jm Jahre
1900 lernte er Ernst von Wolzoge[n]
kennen, der ihn dann als Konferen-
cier und Rezitator in sein Ensembl[e]

*

[Spaltenumbruch]
Str
*Strauß, Henriette,

geborne
Netter, pſeud. Franz Siking,
wurde am 1. November 1845 zu
Bühl, einem Städtchen im badiſchen
Oberlande, geboren und kam, kaum
ein Jahr alt, mit ihren Eltern nach
Mannheim, wo dieſe — die nicht ge-
rade in glänzenden Verhältniſſen
lebten — ihr mit vielen Opfern eine
treffliche Erziehung zu teil werden
ließen. Mit zwölf Jahren war Hen-
riette der Schule entwachſen und mit
15 Jahren ging ſie, fühlend, daß ſie
ihren Eltern nicht läſtig fallen durfte,
und wiſſend, daß ſie ihr Brot zu er-
werben ſelbſt imſtande war, zum
Theater. Margarete in Goethes
„Fauſt“ war ihr erſtes Debut. Jetzt
war es ihr erſt vergönnt, ſich dem
Studium der Klaſſiker zu widmen,
das ſie in ihrer Jugend vergeblich
erſehnt hatte. Dasſelbe blieb für
ihre ſpätere ſchriftſtelleriſche u. dra-
maturgiſche Tätigkeit entſcheidend.
Nicht lange blieb Henriette beim
Theater. Das Leben hinter den Ku-
liſſen ſagte ihrem Charakter nicht zu,
und ſo quittierte ſie die bisherige
Laufbahn. Bald darauf verheiratete
ſie ſich. Sie lebte ſeitdem in Mann-
heim in angenehmen Verhältniſſen.
Der Weg, den ſie als Schriftſtellerin
durchlaufen, war mühe- und dornen-
voll, und es währte lange, ehe ſie ſich
Geltung verſchaffen konnte. Jhre
erſten novelliſtiſchen Arbeiten wur-
den von Auguſt Reiſer in der von
ihm redigierten „Neuen Muſikzei-
tung“ gern veröffentlicht. Dann
folgte ihr Roman „Die Roſe von
Urach“, der in kurzer Zeit neu auf-
gelegt ward und ſolchen Beifall fand,
daß ſogar die Redaktion der „Gar-
tenlaube“ ſich an die Schrifſtellerin
um einen Roman für das genannte
Blatt wandte. Sie ſchrieb ihre Er-
zählung. „Albertus Magnus und
Gerhard von Rihl“, welche die Ent-
ſtehungsgeſchichte des Kölner Doms
behandelt. Die Drucklegung derſel-
[Spaltenumbruch]

Str
ben, obwohl bereits von der „Gar-
tenlaube“ angekündigt, unterblieb,
weil ſich die Autorin gewaltſame
Streichungen der Redaktion nicht
gefallen laſſen wollte und die Zu-
mutung, ihren Stil nach dem der
Marlitt umzumodeln, energiſch ab-
wies. Die ganze um dieſes Streit-
objekt geführte Korreſpondenz ver-
öffentlichte S. ſpäter in einer Bro-
ſchüre „Ein Kampf gegen die Gar-
tenlaube“ (Zürich 1886), welche
großes Aufſehen erregte, aber auch
die Folge hatte, daß der Großherzog
von Baden die Drucklegung der Er-
zählung in Buchausgabe ins Werk
ſetzte und die Widmung derſelben an-
nahm. Jn neuerer Zeit hat die
Schriftſtellerin das dramatiſche Ge-
biet betreten und auch hier — frei-
lich wiederum nach Beſiegung man-
nigfacher Widerwärtigkeiten u. Hin-
derniſſe — ſchöne Erfolge errungen.
Jm Jahre 1911 verlegte ſie ihren
Wohnſitz nach Berlin.

S:

Sewahi
(Dramatiſches Gedicht), 1872. – Die
Roſe von Urach (R.); II, 1882. 3. A.
1908. – Des Nordlands Königstoch-
ter (Ep. Märchendichtung), 1884. –
Saul und David (Or.), 1886. – Ger-
ſemi (Urgerman. M.), 1887. – Alber-
tus Magnus und Gerhard von Rihl
(aus dem 13. Jahrh.), 1889. – Kaiſer
Friedrich I. (Schſp., 2. Tl. einer Bar-
baroſſa-Tetralogie), 1892. – Beatrice
(Hiſtor. Tr.), 1894. – Wolfram von
Eſchenbach (Hiſtor. R.), 1907. – Die
Bajadere (Hiſt. R.) 1912.

*Strauß, Hermann,

pſd. Hans
Hermann,
gebor. am 18. Februar
1880 in Schwerin (Mecklenburg) als
der Sohn eines Brauereibeſitzers, be-
ſuchte das dortige Gymnaſium, mußte
aber dasſelbe infolge Vermögensver-
falls ſeines Vaters, in Oberſekund[a]
verlaſſen und ſich in Hamburg dem
Kaufmannsſtande widmen. Jm Jahre
1900 lernte er Ernſt von Wolzoge[n]
kennen, der ihn dann als Konferen-
cier und Rezitator in ſein Enſembl[e]

*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="index" n="1">
        <div type="bibliography" n="2">
          <pb facs="#f0118" n="114"/><lb/>
          <cb/><lb/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Str</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="index" n="1">
        <head>
          <persName>*<hi rendition="#b">Strauß,</hi> Henriette,</persName>
        </head>
        <p> geborne<lb/><hi rendition="#g">Netter,</hi> p&#x017F;eud. <hi rendition="#g">Franz Siking,</hi><lb/>
wurde am 1. November 1845 zu<lb/>
Bühl, einem Städtchen im badi&#x017F;chen<lb/>
Oberlande, geboren und kam, kaum<lb/>
ein Jahr alt, mit ihren Eltern nach<lb/>
Mannheim, wo die&#x017F;e &#x2014; die nicht ge-<lb/>
rade in glänzenden Verhältni&#x017F;&#x017F;en<lb/>
lebten &#x2014; ihr mit vielen Opfern eine<lb/>
treffliche Erziehung zu teil werden<lb/>
ließen. Mit zwölf Jahren war Hen-<lb/>
riette der Schule entwach&#x017F;en und mit<lb/>
15 Jahren ging &#x017F;ie, fühlend, daß &#x017F;ie<lb/>
ihren Eltern nicht lä&#x017F;tig fallen durfte,<lb/>
und wi&#x017F;&#x017F;end, daß &#x017F;ie ihr Brot zu er-<lb/>
werben &#x017F;elb&#x017F;t im&#x017F;tande war, zum<lb/>
Theater. Margarete in Goethes<lb/>
&#x201E;Fau&#x017F;t&#x201C; war ihr er&#x017F;tes Debut. Jetzt<lb/>
war es ihr er&#x017F;t vergönnt, &#x017F;ich dem<lb/>
Studium der Kla&#x017F;&#x017F;iker zu widmen,<lb/>
das &#x017F;ie in ihrer Jugend vergeblich<lb/>
er&#x017F;ehnt hatte. Das&#x017F;elbe blieb für<lb/>
ihre &#x017F;pätere &#x017F;chrift&#x017F;telleri&#x017F;che u. dra-<lb/>
maturgi&#x017F;che Tätigkeit ent&#x017F;cheidend.<lb/>
Nicht lange blieb Henriette beim<lb/>
Theater. Das Leben hinter den Ku-<lb/>
li&#x017F;&#x017F;en &#x017F;agte ihrem Charakter nicht zu,<lb/>
und &#x017F;o quittierte &#x017F;ie die bisherige<lb/>
Laufbahn. Bald darauf verheiratete<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich. Sie lebte &#x017F;eitdem in Mann-<lb/>
heim in angenehmen Verhältni&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Der Weg, den &#x017F;ie als Schrift&#x017F;tellerin<lb/>
durchlaufen, war mühe- und dornen-<lb/>
voll, und es währte lange, ehe &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
Geltung ver&#x017F;chaffen konnte. Jhre<lb/>
er&#x017F;ten novelli&#x017F;ti&#x017F;chen Arbeiten wur-<lb/>
den von Augu&#x017F;t Rei&#x017F;er in der von<lb/>
ihm redigierten &#x201E;Neuen Mu&#x017F;ikzei-<lb/>
tung&#x201C; gern veröffentlicht. Dann<lb/>
folgte ihr Roman &#x201E;Die Ro&#x017F;e von<lb/>
Urach&#x201C;, der in kurzer Zeit neu auf-<lb/>
gelegt ward und &#x017F;olchen Beifall fand,<lb/>
daß &#x017F;ogar die Redaktion der &#x201E;Gar-<lb/>
tenlaube&#x201C; &#x017F;ich an die Schrif&#x017F;tellerin<lb/>
um einen Roman für das genannte<lb/>
Blatt wandte. Sie &#x017F;chrieb ihre Er-<lb/>
zählung. &#x201E;Albertus Magnus und<lb/>
Gerhard von Rihl&#x201C;, welche die Ent-<lb/>
&#x017F;tehungsge&#x017F;chichte des Kölner Doms<lb/>
behandelt. Die Drucklegung der&#x017F;el-<lb/><cb/><lb/>
<fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Str</hi></fw><lb/>
ben, obwohl bereits von der &#x201E;Gar-<lb/>
tenlaube&#x201C; angekündigt, unterblieb,<lb/>
weil &#x017F;ich die Autorin gewalt&#x017F;ame<lb/>
Streichungen der Redaktion nicht<lb/>
gefallen la&#x017F;&#x017F;en wollte und die Zu-<lb/>
mutung, ihren Stil nach dem der<lb/>
Marlitt umzumodeln, energi&#x017F;ch ab-<lb/>
wies. Die ganze um die&#x017F;es Streit-<lb/>
objekt geführte Korre&#x017F;pondenz ver-<lb/>
öffentlichte S. &#x017F;päter in einer Bro-<lb/>
&#x017F;chüre &#x201E;Ein Kampf gegen die Gar-<lb/>
tenlaube&#x201C; (Zürich 1886), welche<lb/>
großes Auf&#x017F;ehen erregte, aber auch<lb/>
die Folge hatte, daß der Großherzog<lb/>
von Baden die Drucklegung der Er-<lb/>
zählung in Buchausgabe ins Werk<lb/>
&#x017F;etzte und die Widmung der&#x017F;elben an-<lb/>
nahm. Jn neuerer Zeit hat die<lb/>
Schrift&#x017F;tellerin das dramati&#x017F;che Ge-<lb/>
biet betreten und auch hier &#x2014; frei-<lb/>
lich wiederum nach Be&#x017F;iegung man-<lb/>
nigfacher Widerwärtigkeiten u. Hin-<lb/>
derni&#x017F;&#x017F;e &#x2014; &#x017F;chöne Erfolge errungen.<lb/>
Jm Jahre 1911 verlegte &#x017F;ie ihren<lb/>
Wohn&#x017F;itz nach Berlin. </p><lb/>
        <div type="bibliography" n="2">
          <head> <hi rendition="#i">S:</hi> </head>
          <p> Sewahi<lb/>
(Dramati&#x017F;ches Gedicht), 1872. &#x2013; Die<lb/>
Ro&#x017F;e von Urach (R.); <hi rendition="#aq">II,</hi> 1882. 3. A.<lb/>
1908. &#x2013; Des Nordlands Königstoch-<lb/>
ter (Ep. Märchendichtung), 1884. &#x2013;<lb/>
Saul und David (Or.), 1886. &#x2013; Ger-<lb/>
&#x017F;emi (Urgerman. M.), 1887. &#x2013; Alber-<lb/>
tus Magnus und Gerhard von Rihl<lb/>
(aus dem 13. Jahrh.), 1889. &#x2013; Kai&#x017F;er<lb/>
Friedrich <hi rendition="#aq">I.</hi> (Sch&#x017F;p., 2. Tl. einer Bar-<lb/>
baro&#x017F;&#x017F;a-Tetralogie), 1892. &#x2013; Beatrice<lb/>
(Hi&#x017F;tor. Tr.), 1894. &#x2013; Wolfram von<lb/>
E&#x017F;chenbach (Hi&#x017F;tor. R.), 1907. &#x2013; Die<lb/>
Bajadere (Hi&#x017F;t. R.) 1912.</p><lb/>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="index" n="1">
        <head>
          <persName>*<hi rendition="#b">Strauß,</hi> Hermann,</persName>
        </head>
        <p> p&#x017F;d. <hi rendition="#g">Hans<lb/>
Hermann,</hi> gebor. am 18. Februar<lb/>
1880 in Schwerin (Mecklenburg) als<lb/>
der Sohn eines Brauereibe&#x017F;itzers, be-<lb/>
&#x017F;uchte das dortige Gymna&#x017F;ium, mußte<lb/>
aber das&#x017F;elbe infolge Vermögensver-<lb/>
falls &#x017F;eines Vaters, in Ober&#x017F;ekund<supplied>a</supplied><lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;ich in Hamburg dem<lb/>
Kaufmanns&#x017F;tande widmen. Jm Jahre<lb/>
1900 lernte er Ern&#x017F;t von Wolzoge<supplied>n</supplied><lb/>
kennen, der ihn dann als Konferen-<lb/>
cier und Rezitator in &#x017F;ein En&#x017F;embl<supplied>e</supplied><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">*</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0118] Str Str *Strauß, Henriette, geborne Netter, pſeud. Franz Siking, wurde am 1. November 1845 zu Bühl, einem Städtchen im badiſchen Oberlande, geboren und kam, kaum ein Jahr alt, mit ihren Eltern nach Mannheim, wo dieſe — die nicht ge- rade in glänzenden Verhältniſſen lebten — ihr mit vielen Opfern eine treffliche Erziehung zu teil werden ließen. Mit zwölf Jahren war Hen- riette der Schule entwachſen und mit 15 Jahren ging ſie, fühlend, daß ſie ihren Eltern nicht läſtig fallen durfte, und wiſſend, daß ſie ihr Brot zu er- werben ſelbſt imſtande war, zum Theater. Margarete in Goethes „Fauſt“ war ihr erſtes Debut. Jetzt war es ihr erſt vergönnt, ſich dem Studium der Klaſſiker zu widmen, das ſie in ihrer Jugend vergeblich erſehnt hatte. Dasſelbe blieb für ihre ſpätere ſchriftſtelleriſche u. dra- maturgiſche Tätigkeit entſcheidend. Nicht lange blieb Henriette beim Theater. Das Leben hinter den Ku- liſſen ſagte ihrem Charakter nicht zu, und ſo quittierte ſie die bisherige Laufbahn. Bald darauf verheiratete ſie ſich. Sie lebte ſeitdem in Mann- heim in angenehmen Verhältniſſen. Der Weg, den ſie als Schriftſtellerin durchlaufen, war mühe- und dornen- voll, und es währte lange, ehe ſie ſich Geltung verſchaffen konnte. Jhre erſten novelliſtiſchen Arbeiten wur- den von Auguſt Reiſer in der von ihm redigierten „Neuen Muſikzei- tung“ gern veröffentlicht. Dann folgte ihr Roman „Die Roſe von Urach“, der in kurzer Zeit neu auf- gelegt ward und ſolchen Beifall fand, daß ſogar die Redaktion der „Gar- tenlaube“ ſich an die Schrifſtellerin um einen Roman für das genannte Blatt wandte. Sie ſchrieb ihre Er- zählung. „Albertus Magnus und Gerhard von Rihl“, welche die Ent- ſtehungsgeſchichte des Kölner Doms behandelt. Die Drucklegung derſel- ben, obwohl bereits von der „Gar- tenlaube“ angekündigt, unterblieb, weil ſich die Autorin gewaltſame Streichungen der Redaktion nicht gefallen laſſen wollte und die Zu- mutung, ihren Stil nach dem der Marlitt umzumodeln, energiſch ab- wies. Die ganze um dieſes Streit- objekt geführte Korreſpondenz ver- öffentlichte S. ſpäter in einer Bro- ſchüre „Ein Kampf gegen die Gar- tenlaube“ (Zürich 1886), welche großes Aufſehen erregte, aber auch die Folge hatte, daß der Großherzog von Baden die Drucklegung der Er- zählung in Buchausgabe ins Werk ſetzte und die Widmung derſelben an- nahm. Jn neuerer Zeit hat die Schriftſtellerin das dramatiſche Ge- biet betreten und auch hier — frei- lich wiederum nach Beſiegung man- nigfacher Widerwärtigkeiten u. Hin- derniſſe — ſchöne Erfolge errungen. Jm Jahre 1911 verlegte ſie ihren Wohnſitz nach Berlin. S: Sewahi (Dramatiſches Gedicht), 1872. – Die Roſe von Urach (R.); II, 1882. 3. A. 1908. – Des Nordlands Königstoch- ter (Ep. Märchendichtung), 1884. – Saul und David (Or.), 1886. – Ger- ſemi (Urgerman. M.), 1887. – Alber- tus Magnus und Gerhard von Rihl (aus dem 13. Jahrh.), 1889. – Kaiſer Friedrich I. (Schſp., 2. Tl. einer Bar- baroſſa-Tetralogie), 1892. – Beatrice (Hiſtor. Tr.), 1894. – Wolfram von Eſchenbach (Hiſtor. R.), 1907. – Die Bajadere (Hiſt. R.) 1912. *Strauß, Hermann, pſd. Hans Hermann, gebor. am 18. Februar 1880 in Schwerin (Mecklenburg) als der Sohn eines Brauereibeſitzers, be- ſuchte das dortige Gymnaſium, mußte aber dasſelbe infolge Vermögensver- falls ſeines Vaters, in Oberſekunda verlaſſen und ſich in Hamburg dem Kaufmannsſtande widmen. Jm Jahre 1900 lernte er Ernſt von Wolzogen kennen, der ihn dann als Konferen- cier und Rezitator in ſein Enſemble *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon07_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon07_1913/118
Zitationshilfe: Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 7. 6. Aufl. Leipzig, 1913, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon07_1913/118>, abgerufen am 10.10.2024.