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Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 4. 6. Aufl. Leipzig, 1913.

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Mei
Meißer, Leonhard,

geb. am 21.
Dezember 1803 zu Davos im Kanton
Graubünden, war der Sohn schlichter
Bauersleute und besuchte, von dem
Wunsche beseelt, Geistlicher zu werden,
seit 1820 die Kantonsschule in Chur.
Der Mangel an Mitteln nötigte ihn
aber, einstweilen einen andern Lebens-
beruf zu ergreifen, u. deshalb wandte
er sich dem Schulfach zu und war
mehrere Jahre Privat- und Haus-
lehrer. Doch die alte Neigung schlum-
merte nicht, u. so durchbrach er denn
alle Hindernisse und brachte es nach
den eifrigsten Studien dahin, daß er
1838 die Aufnahme in das mit der
Kantonsschule verbundene theolo-
gische Jnstitut erreichte. Jm Jahre
1841 bestand er sein Examen, wurde
bald darauf Pfarrer in Tschappina,
1843 in Tenna, 1849 in Wiesen und
1859 in Maladers. Kränklichkeit
nötigten ihn, 1865 in den Ruhestand
zu treten.

S:

Geistliche Harfenklänge
(Christl. Lr.), 1847, 1877. - Neue
Harfenklänge (Lr.), 1863.

*Meißner, Alfred,

Enkel des be-
kannten Dichters August Gottlieb M.
u. Sohn eines Badearztes in Teplitz,
wurde hier am 15. Oktober 1822 geb.
Jm Jahre 1832 zogen seine Eltern
nach Karlsbad, und Alfred kam in
das nahe Piaristen-Gymnasium von
Schlackenwerth, wo er indes bei der
klösterlichen Schulzucht geistig wenig
gefördert wurde. Vorteilhafter ge-
staltete sich seine Bildung, als seine
Eltern 1835 nach Prag zogen und er
nun das dortige Gymnasium der Alt-
stadt besuchte. Nachdem er hier auch
den zweijährigen philosophischen Kur-
sus beendigt, bezog er 1840 die Uni-
versität Prag, um sich dem Studium
der Medizin zu widmen. Bald ge-
hörte er dem Kreise poetischer, vor-
wärtsstrebender Jünglinge (Mor.
Hartmann, Fr. Bach, Max Schlesin-
ger, Jsidor Heller, Leop. Kompert,
Fr. Szarvady) an, den man damals
bezeichnend das "junge Böhmen"
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Mei
nannte, und in diesem Kreise sproßten
denn auch die ersten Blüten von M. s
Poesie. Nachdem M. 1845 den ersten
Band seiner Gedichte der Öffentlichkeit
übergeben, unternahm er eine Reise
nach Oberitalien, promovierte nach
seiner Rückkehr 1846 zum Dr. med. u.
fand Beschäftigung als Arzt in einem
Spitale. Jn seinen Mußestunden
machte er Studien zu seinem großen
epischen Gedichte "Ziska". Da aber
Stoff u. Behandlung desselben derart
waren, daß es unter der damaligen
österreichischen Zensur nicht hätte er-
scheinen können, so beschloß M., für
einige Zeit freiwillig aus dem Lande
zu gehen und die Heimkehr von einem
Umschwunge der Verhältnisse abzu-
warten. Er ging nach Leipzig (Sept.
1846), dem damaligen Asyl einer
kleinen österreichischen Emigration.
Hier fand er Herloßsohn, Kuranda,
Karl Beck, Mor. Hartmann, Joh.
Nordmann, H. Rollett, Ed. Mautner
u. a., mit denen ihn bald ein enges
Freundschaftsband verknüpfte. Jn
Dresden stand ihm das durch seine
wertvolle Gemäldesammlung allen
Kunstfreunden wohl bekannte Haus
seines Oheims von Quandt gastlich
offen, und in dieser Stadt mit ihrem
reichen geistigen Leben lernte er die
interessantesten Persönlichkeiten aus
allen Kreisen kennen. Jnzwischen war
der "Ziska" erschienen und sofort in
Österreich verboten worden. Da man
wegen Zensurübertretung auf den
Dichter fahndete und dessen Ausliefe-
rung an Österreich nicht zu den Un-
möglichkeiten gehörte, so verließ M.
Leipzig und begab sich nach Paris, wo
er zehn Monate weilte, viel mit dem
kranken Heinr. Heine verkehrte und
durch diesen mit A. Weill, Dumas,
Balzac, Alfred de Vigny, dem unglück-
lichen Gerard de Nerval und mit der
Rachel bekannt wurde. Jm College
de France
hörte er national-ökono-
mische Vorträge, Physiologie und
populäre Astronomie und entwickelte

*

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Mei
Meißer, Leonhard,

geb. am 21.
Dezember 1803 zu Davos im Kanton
Graubünden, war der Sohn ſchlichter
Bauersleute und beſuchte, von dem
Wunſche beſeelt, Geiſtlicher zu werden,
ſeit 1820 die Kantonsſchule in Chur.
Der Mangel an Mitteln nötigte ihn
aber, einſtweilen einen andern Lebens-
beruf zu ergreifen, u. deshalb wandte
er ſich dem Schulfach zu und war
mehrere Jahre Privat- und Haus-
lehrer. Doch die alte Neigung ſchlum-
merte nicht, u. ſo durchbrach er denn
alle Hinderniſſe und brachte es nach
den eifrigſten Studien dahin, daß er
1838 die Aufnahme in das mit der
Kantonsſchule verbundene theolo-
giſche Jnſtitut erreichte. Jm Jahre
1841 beſtand er ſein Examen, wurde
bald darauf Pfarrer in Tſchappina,
1843 in Tenna, 1849 in Wieſen und
1859 in Maladers. Kränklichkeit
nötigten ihn, 1865 in den Ruheſtand
zu treten.

S:

Geiſtliche Harfenklänge
(Chriſtl. Lr.), 1847, 1877. ‒ Neue
Harfenklänge (Lr.), 1863.

*Meißner, Alfred,

Enkel des be-
kannten Dichters Auguſt Gottlieb M.
u. Sohn eines Badearztes in Teplitz,
wurde hier am 15. Oktober 1822 geb.
Jm Jahre 1832 zogen ſeine Eltern
nach Karlsbad, und Alfred kam in
das nahe Piariſten-Gymnaſium von
Schlackenwerth, wo er indes bei der
klöſterlichen Schulzucht geiſtig wenig
gefördert wurde. Vorteilhafter ge-
ſtaltete ſich ſeine Bildung, als ſeine
Eltern 1835 nach Prag zogen und er
nun das dortige Gymnaſium der Alt-
ſtadt beſuchte. Nachdem er hier auch
den zweijährigen philoſophiſchen Kur-
ſus beendigt, bezog er 1840 die Uni-
verſität Prag, um ſich dem Studium
der Medizin zu widmen. Bald ge-
hörte er dem Kreiſe poetiſcher, vor-
wärtsſtrebender Jünglinge (Mor.
Hartmann, Fr. Bach, Max Schleſin-
ger, Jſidor Heller, Leop. Kompert,
Fr. Szarvady) an, den man damals
bezeichnend das „junge Böhmen‟
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nannte, und in dieſem Kreiſe ſproßten
denn auch die erſten Blüten von M. s
Poeſie. Nachdem M. 1845 den erſten
Band ſeiner Gedichte der Öffentlichkeit
übergeben, unternahm er eine Reiſe
nach Oberitalien, promovierte nach
ſeiner Rückkehr 1846 zum Dr. med. u.
fand Beſchäftigung als Arzt in einem
Spitale. Jn ſeinen Mußeſtunden
machte er Studien zu ſeinem großen
epiſchen Gedichte „Ziska‟. Da aber
Stoff u. Behandlung desſelben derart
waren, daß es unter der damaligen
öſterreichiſchen Zenſur nicht hätte er-
ſcheinen können, ſo beſchloß M., für
einige Zeit freiwillig aus dem Lande
zu gehen und die Heimkehr von einem
Umſchwunge der Verhältniſſe abzu-
warten. Er ging nach Leipzig (Sept.
1846), dem damaligen Aſyl einer
kleinen öſterreichiſchen Emigration.
Hier fand er Herloßſohn, Kuranda,
Karl Beck, Mor. Hartmann, Joh.
Nordmann, H. Rollett, Ed. Mautner
u. a., mit denen ihn bald ein enges
Freundſchaftsband verknüpfte. Jn
Dresden ſtand ihm das durch ſeine
wertvolle Gemäldeſammlung allen
Kunſtfreunden wohl bekannte Haus
ſeines Oheims von Quandt gaſtlich
offen, und in dieſer Stadt mit ihrem
reichen geiſtigen Leben lernte er die
intereſſanteſten Perſönlichkeiten aus
allen Kreiſen kennen. Jnzwiſchen war
der „Ziska‟ erſchienen und ſofort in
Öſterreich verboten worden. Da man
wegen Zenſurübertretung auf den
Dichter fahndete und deſſen Ausliefe-
rung an Öſterreich nicht zu den Un-
möglichkeiten gehörte, ſo verließ M.
Leipzig und begab ſich nach Paris, wo
er zehn Monate weilte, viel mit dem
kranken Heinr. Heine verkehrte und
durch dieſen mit A. Weill, Dumas,
Balzac, Alfred de Vigny, dem unglück-
lichen Gerard de Nerval und mit der
Rachel bekannt wurde. Jm Collége
de France
hörte er national-ökono-
miſche Vorträge, Phyſiologie und
populäre Aſtronomie und entwickelte

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[421/0425] Mei Mei Meißer, Leonhard, geb. am 21. Dezember 1803 zu Davos im Kanton Graubünden, war der Sohn ſchlichter Bauersleute und beſuchte, von dem Wunſche beſeelt, Geiſtlicher zu werden, ſeit 1820 die Kantonsſchule in Chur. Der Mangel an Mitteln nötigte ihn aber, einſtweilen einen andern Lebens- beruf zu ergreifen, u. deshalb wandte er ſich dem Schulfach zu und war mehrere Jahre Privat- und Haus- lehrer. Doch die alte Neigung ſchlum- merte nicht, u. ſo durchbrach er denn alle Hinderniſſe und brachte es nach den eifrigſten Studien dahin, daß er 1838 die Aufnahme in das mit der Kantonsſchule verbundene theolo- giſche Jnſtitut erreichte. Jm Jahre 1841 beſtand er ſein Examen, wurde bald darauf Pfarrer in Tſchappina, 1843 in Tenna, 1849 in Wieſen und 1859 in Maladers. Kränklichkeit nötigten ihn, 1865 in den Ruheſtand zu treten. S: Geiſtliche Harfenklänge (Chriſtl. Lr.), 1847, 1877. ‒ Neue Harfenklänge (Lr.), 1863. *Meißner, Alfred, Enkel des be- kannten Dichters Auguſt Gottlieb M. u. Sohn eines Badearztes in Teplitz, wurde hier am 15. Oktober 1822 geb. Jm Jahre 1832 zogen ſeine Eltern nach Karlsbad, und Alfred kam in das nahe Piariſten-Gymnaſium von Schlackenwerth, wo er indes bei der klöſterlichen Schulzucht geiſtig wenig gefördert wurde. Vorteilhafter ge- ſtaltete ſich ſeine Bildung, als ſeine Eltern 1835 nach Prag zogen und er nun das dortige Gymnaſium der Alt- ſtadt beſuchte. Nachdem er hier auch den zweijährigen philoſophiſchen Kur- ſus beendigt, bezog er 1840 die Uni- verſität Prag, um ſich dem Studium der Medizin zu widmen. Bald ge- hörte er dem Kreiſe poetiſcher, vor- wärtsſtrebender Jünglinge (Mor. Hartmann, Fr. Bach, Max Schleſin- ger, Jſidor Heller, Leop. Kompert, Fr. Szarvady) an, den man damals bezeichnend das „junge Böhmen‟ nannte, und in dieſem Kreiſe ſproßten denn auch die erſten Blüten von M. s Poeſie. Nachdem M. 1845 den erſten Band ſeiner Gedichte der Öffentlichkeit übergeben, unternahm er eine Reiſe nach Oberitalien, promovierte nach ſeiner Rückkehr 1846 zum Dr. med. u. fand Beſchäftigung als Arzt in einem Spitale. Jn ſeinen Mußeſtunden machte er Studien zu ſeinem großen epiſchen Gedichte „Ziska‟. Da aber Stoff u. Behandlung desſelben derart waren, daß es unter der damaligen öſterreichiſchen Zenſur nicht hätte er- ſcheinen können, ſo beſchloß M., für einige Zeit freiwillig aus dem Lande zu gehen und die Heimkehr von einem Umſchwunge der Verhältniſſe abzu- warten. Er ging nach Leipzig (Sept. 1846), dem damaligen Aſyl einer kleinen öſterreichiſchen Emigration. Hier fand er Herloßſohn, Kuranda, Karl Beck, Mor. Hartmann, Joh. Nordmann, H. Rollett, Ed. Mautner u. a., mit denen ihn bald ein enges Freundſchaftsband verknüpfte. Jn Dresden ſtand ihm das durch ſeine wertvolle Gemäldeſammlung allen Kunſtfreunden wohl bekannte Haus ſeines Oheims von Quandt gaſtlich offen, und in dieſer Stadt mit ihrem reichen geiſtigen Leben lernte er die intereſſanteſten Perſönlichkeiten aus allen Kreiſen kennen. Jnzwiſchen war der „Ziska‟ erſchienen und ſofort in Öſterreich verboten worden. Da man wegen Zenſurübertretung auf den Dichter fahndete und deſſen Ausliefe- rung an Öſterreich nicht zu den Un- möglichkeiten gehörte, ſo verließ M. Leipzig und begab ſich nach Paris, wo er zehn Monate weilte, viel mit dem kranken Heinr. Heine verkehrte und durch dieſen mit A. Weill, Dumas, Balzac, Alfred de Vigny, dem unglück- lichen Gerard de Nerval und mit der Rachel bekannt wurde. Jm Collége de France hörte er national-ökono- miſche Vorträge, Phyſiologie und populäre Aſtronomie und entwickelte *

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Zitationshilfe: Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 4. 6. Aufl. Leipzig, 1913, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon04_1913/425>, abgerufen am 23.11.2024.