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Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 4. 6. Aufl. Leipzig, 1913.

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aber in der französischen Schweiz, um
sich eine gründliche Kenntnis der
französischen Sprache zu erwerben u.
historische Studien zu betreiben. Jn
Lausanne entstand denn auch seine
erste literarische Arbeit, eine Überset-
zung von Augustin Thierrys "Erzäh-
lungen aus den merovingischen Zei-
ten" (erschien anonym 1855). Ende
Dezember 1853 kehrte M. nach Zürich
zurück; aber seine Lage blieb hier die
gleiche; bei allem inneren Gewinn
kam er über literarische u. praktische
Anläufe nicht hinaus. Dann führten
die Krankheit und der Tod der Mut-
ter (September 1856) eine Änderung
herbei. M. suchte Erholung von dem
tiefen Leid um die Nievergessene durch
einen Aufenthalt in Paris, wo er sich
dem juridischen Studium widmen
wollte, nachdem die Hoffnung, einen
Lehrstuhl für französische Sprache u.
Literatur am Polytechnikum in Zü-
rich zu erlangen, sich als trügerisch
erwiesen hatte. Zwar wurde aus dem
Studium der Rechte in Paris nicht
viel; dafür brachte M. aber aus der
Seinestadt die reichsten Anregungen
heim, und gewaltig regten sich die
poetischen Geister. Sie wiesen ihn
nach Jtalien, das er 1858 mit seiner
treuen Schwester bereiste. Heimge-
kehrt, führte das Geschwisterpaar in
Zürich wieder das eingezogene, ein-
same Leben, unterbrochen durch Aus-
flüge nach Deutschland u. Graubün-
den, wohin M. die rätselhafte Gestalt
des "Georg Jenatsch" lockte, die er
später in seinem gleichnamigen Ro-
man geschildert hat. Seine von Haus
aus vorwiegend französische Bildung,
begünstigt durch enge Beziehungen
mit bedeutenden Männern der roma-
nischen Schweiz, machte ihn mit der
französischen Sprache und Literatur
vollkommen vertraut. Aber doch zeig-
ten schon seine ersten deutschen Ge-
dichte, die anonym erschienenen "Bal-
laden" (1864), daß er auch in seiner
Muttersprache heimisch war, und daß
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er diese in vollkommenstem Maße be-
herrschte, haben seine späteren Schrif-
ten zur Genüge bewiesen. Jm Jahre
1867 verließen die Geschwister Zürich
und bezogen den sogenannten "See-
hof" in Küßnach, später ein gleich-
namiges Heim, den "Seehof" zu Mei-
len. Hier wirkte der freundschaftliche
Verkehr mit dem Ehepaar Francois
und Elisa Wille (s. d.!) in Mariafeld
b. Meilen, in deren Hause sich die be-
deutendsten Männer der Schweiz zu-
sammenfanden, ermutigend und för-
dernd auf M. ein u. hob seinen Mut
und sein Selbstvertrauen, das sich
nun in mehreren schnell aufeinander-
folgenden Dichtungen kundgab. Jm
Oktober 1875 verheiratete sich M. mit
Luise Ziegler, der Tochter des aus
dem schweizerischen Sonderbunds-
kriege rühmlich bekannten Obersten
Ziegler und ließ sich mit ihr nach
einer längeren Reise durch Jtalien
1876 in Wangensbach bei Küßnach
und 1877 auf einer in Kilchberg bei
Zürich erworbenen Besitzung nieder.
1880 verlieh ihm die Universität Zü-
rich das Ehrendiplom eines Dr. phil.
Jm Jahre 1892 wurde M. von einem
schweren Gehirnleiden befallen, das
seine Überführung in die Heilanstalt
Königsfelden b. Brugg nötig machte;
doch konnte er schon nach mehreren
Monaten aus derselben als geheilt in
seine Heimat entlassen werden u. die
letzten Jahre im Kreise der Seinen zu
Kilchberg verweilen, bis ein Schlag-
anfall am 28. November 1898 seinem
Leben ein Ende machte.

S:

Zwanzig
Balladen von einem Schweizer, 1864,
1867. - Romanzen und Bilder, 1871.
- Huttens letzte Tage (D.), 1871. 8. A.
1891. - Engelberg (D.), 1872. 3. A.
1889. - Das Amulett (N.), 1873. 4. A.
1889. - Georg Jenatsch (R.); II, 1876.
18. A. 1893. - Denkwürdige Tage (2
Nn.), 1878 (Jnhalt: Der Schuß von
der Kanzel. - Das Amulett). - Der
Heilige (N.), 1880. 11. A. 1893. -
Gedichte, 1882. 5. A. 1893. - Kleine

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aber in der franzöſiſchen Schweiz, um
ſich eine gründliche Kenntnis der
franzöſiſchen Sprache zu erwerben u.
hiſtoriſche Studien zu betreiben. Jn
Lauſanne entſtand denn auch ſeine
erſte literariſche Arbeit, eine Überſet-
zung von Auguſtin Thierrys „Erzäh-
lungen aus den merovingiſchen Zei-
ten‟ (erſchien anonym 1855). Ende
Dezember 1853 kehrte M. nach Zürich
zurück; aber ſeine Lage blieb hier die
gleiche; bei allem inneren Gewinn
kam er über literariſche u. praktiſche
Anläufe nicht hinaus. Dann führten
die Krankheit und der Tod der Mut-
ter (September 1856) eine Änderung
herbei. M. ſuchte Erholung von dem
tiefen Leid um die Nievergeſſene durch
einen Aufenthalt in Paris, wo er ſich
dem juridiſchen Studium widmen
wollte, nachdem die Hoffnung, einen
Lehrſtuhl für franzöſiſche Sprache u.
Literatur am Polytechnikum in Zü-
rich zu erlangen, ſich als trügeriſch
erwieſen hatte. Zwar wurde aus dem
Studium der Rechte in Paris nicht
viel; dafür brachte M. aber aus der
Seineſtadt die reichſten Anregungen
heim, und gewaltig regten ſich die
poetiſchen Geiſter. Sie wieſen ihn
nach Jtalien, das er 1858 mit ſeiner
treuen Schweſter bereiſte. Heimge-
kehrt, führte das Geſchwiſterpaar in
Zürich wieder das eingezogene, ein-
ſame Leben, unterbrochen durch Aus-
flüge nach Deutſchland u. Graubün-
den, wohin M. die rätſelhafte Geſtalt
des „Georg Jenatſch‟ lockte, die er
ſpäter in ſeinem gleichnamigen Ro-
man geſchildert hat. Seine von Haus
aus vorwiegend franzöſiſche Bildung,
begünſtigt durch enge Beziehungen
mit bedeutenden Männern der roma-
niſchen Schweiz, machte ihn mit der
franzöſiſchen Sprache und Literatur
vollkommen vertraut. Aber doch zeig-
ten ſchon ſeine erſten deutſchen Ge-
dichte, die anonym erſchienenen „Bal-
laden‟ (1864), daß er auch in ſeiner
Mutterſprache heimiſch war, und daß
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er dieſe in vollkommenſtem Maße be-
herrſchte, haben ſeine ſpäteren Schrif-
ten zur Genüge bewieſen. Jm Jahre
1867 verließen die Geſchwiſter Zürich
und bezogen den ſogenannten „See-
hof‟ in Küßnach, ſpäter ein gleich-
namiges Heim, den „Seehof‟ zu Mei-
len. Hier wirkte der freundſchaftliche
Verkehr mit dem Ehepaar François
und Eliſa Wille (ſ. d.!) in Mariafeld
b. Meilen, in deren Hauſe ſich die be-
deutendſten Männer der Schweiz zu-
ſammenfanden, ermutigend und för-
dernd auf M. ein u. hob ſeinen Mut
und ſein Selbſtvertrauen, das ſich
nun in mehreren ſchnell aufeinander-
folgenden Dichtungen kundgab. Jm
Oktober 1875 verheiratete ſich M. mit
Luiſe Ziegler, der Tochter des aus
dem ſchweizeriſchen Sonderbunds-
kriege rühmlich bekannten Oberſten
Ziegler und ließ ſich mit ihr nach
einer längeren Reiſe durch Jtalien
1876 in Wangensbach bei Küßnach
und 1877 auf einer in Kilchberg bei
Zürich erworbenen Beſitzung nieder.
1880 verlieh ihm die Univerſität Zü-
rich das Ehrendiplom eines Dr. phil.
Jm Jahre 1892 wurde M. von einem
ſchweren Gehirnleiden befallen, das
ſeine Überführung in die Heilanſtalt
Königsfelden b. Brugg nötig machte;
doch konnte er ſchon nach mehreren
Monaten aus derſelben als geheilt in
ſeine Heimat entlaſſen werden u. die
letzten Jahre im Kreiſe der Seinen zu
Kilchberg verweilen, bis ein Schlag-
anfall am 28. November 1898 ſeinem
Leben ein Ende machte.

S:

Zwanzig
Balladen von einem Schweizer, 1864,
1867. ‒ Romanzen und Bilder, 1871.
‒ Huttens letzte Tage (D.), 1871. 8. A.
1891. ‒ Engelberg (D.), 1872. 3. A.
1889. ‒ Das Amulett (N.), 1873. 4. A.
1889. ‒ Georg Jenatſch (R.); II, 1876.
18. A. 1893. ‒ Denkwürdige Tage (2
Nn.), 1878 (Jnhalt: Der Schuß von
der Kanzel. ‒ Das Amulett). ‒ Der
Heilige (N.), 1880. 11. A. 1893. ‒
Gedichte, 1882. 5. A. 1893. ‒ Kleine

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[459/0463] Mey Mey aber in der franzöſiſchen Schweiz, um ſich eine gründliche Kenntnis der franzöſiſchen Sprache zu erwerben u. hiſtoriſche Studien zu betreiben. Jn Lauſanne entſtand denn auch ſeine erſte literariſche Arbeit, eine Überſet- zung von Auguſtin Thierrys „Erzäh- lungen aus den merovingiſchen Zei- ten‟ (erſchien anonym 1855). Ende Dezember 1853 kehrte M. nach Zürich zurück; aber ſeine Lage blieb hier die gleiche; bei allem inneren Gewinn kam er über literariſche u. praktiſche Anläufe nicht hinaus. Dann führten die Krankheit und der Tod der Mut- ter (September 1856) eine Änderung herbei. M. ſuchte Erholung von dem tiefen Leid um die Nievergeſſene durch einen Aufenthalt in Paris, wo er ſich dem juridiſchen Studium widmen wollte, nachdem die Hoffnung, einen Lehrſtuhl für franzöſiſche Sprache u. Literatur am Polytechnikum in Zü- rich zu erlangen, ſich als trügeriſch erwieſen hatte. Zwar wurde aus dem Studium der Rechte in Paris nicht viel; dafür brachte M. aber aus der Seineſtadt die reichſten Anregungen heim, und gewaltig regten ſich die poetiſchen Geiſter. Sie wieſen ihn nach Jtalien, das er 1858 mit ſeiner treuen Schweſter bereiſte. Heimge- kehrt, führte das Geſchwiſterpaar in Zürich wieder das eingezogene, ein- ſame Leben, unterbrochen durch Aus- flüge nach Deutſchland u. Graubün- den, wohin M. die rätſelhafte Geſtalt des „Georg Jenatſch‟ lockte, die er ſpäter in ſeinem gleichnamigen Ro- man geſchildert hat. Seine von Haus aus vorwiegend franzöſiſche Bildung, begünſtigt durch enge Beziehungen mit bedeutenden Männern der roma- niſchen Schweiz, machte ihn mit der franzöſiſchen Sprache und Literatur vollkommen vertraut. Aber doch zeig- ten ſchon ſeine erſten deutſchen Ge- dichte, die anonym erſchienenen „Bal- laden‟ (1864), daß er auch in ſeiner Mutterſprache heimiſch war, und daß er dieſe in vollkommenſtem Maße be- herrſchte, haben ſeine ſpäteren Schrif- ten zur Genüge bewieſen. Jm Jahre 1867 verließen die Geſchwiſter Zürich und bezogen den ſogenannten „See- hof‟ in Küßnach, ſpäter ein gleich- namiges Heim, den „Seehof‟ zu Mei- len. Hier wirkte der freundſchaftliche Verkehr mit dem Ehepaar François und Eliſa Wille (ſ. d.!) in Mariafeld b. Meilen, in deren Hauſe ſich die be- deutendſten Männer der Schweiz zu- ſammenfanden, ermutigend und för- dernd auf M. ein u. hob ſeinen Mut und ſein Selbſtvertrauen, das ſich nun in mehreren ſchnell aufeinander- folgenden Dichtungen kundgab. Jm Oktober 1875 verheiratete ſich M. mit Luiſe Ziegler, der Tochter des aus dem ſchweizeriſchen Sonderbunds- kriege rühmlich bekannten Oberſten Ziegler und ließ ſich mit ihr nach einer längeren Reiſe durch Jtalien 1876 in Wangensbach bei Küßnach und 1877 auf einer in Kilchberg bei Zürich erworbenen Beſitzung nieder. 1880 verlieh ihm die Univerſität Zü- rich das Ehrendiplom eines Dr. phil. Jm Jahre 1892 wurde M. von einem ſchweren Gehirnleiden befallen, das ſeine Überführung in die Heilanſtalt Königsfelden b. Brugg nötig machte; doch konnte er ſchon nach mehreren Monaten aus derſelben als geheilt in ſeine Heimat entlaſſen werden u. die letzten Jahre im Kreiſe der Seinen zu Kilchberg verweilen, bis ein Schlag- anfall am 28. November 1898 ſeinem Leben ein Ende machte. S: Zwanzig Balladen von einem Schweizer, 1864, 1867. ‒ Romanzen und Bilder, 1871. ‒ Huttens letzte Tage (D.), 1871. 8. A. 1891. ‒ Engelberg (D.), 1872. 3. A. 1889. ‒ Das Amulett (N.), 1873. 4. A. 1889. ‒ Georg Jenatſch (R.); II, 1876. 18. A. 1893. ‒ Denkwürdige Tage (2 Nn.), 1878 (Jnhalt: Der Schuß von der Kanzel. ‒ Das Amulett). ‒ Der Heilige (N.), 1880. 11. A. 1893. ‒ Gedichte, 1882. 5. A. 1893. ‒ Kleine *

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Zitationshilfe: Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 4. 6. Aufl. Leipzig, 1913, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon04_1913/463>, abgerufen am 27.11.2024.