und nicht unter ihrem Pseudonym; doch vermittelt die Aufführung des letzteren leicht die Kenntnis des ersteren. Ebenso sind bei Auf- zählung der Schriften dieser Autoren wieder bloß die zur "schön- wissenschaftlichen Literatur" gehörenden Werke notiert wor- den, und konnte die schriftstellerische Tätigkeit auf anderen Gebieten nur angedeutet werden.
Dagegen bin ich bestrebt gewesen, verschiedene Wünsche, die mir besonders aus den Kreisen Literaturkundiger geäußert wurden, zu berücksichtigen. So habe ich bei den Schriften der Autoren die neue- sten Auflagen erwähnt und bei Novellensammlungen deren Jnhalt angegeben, soweit mich eben die Verlagskataloge der Buchhändler über beides unterrichteten. Einem anderen Wunsche, auch diejenigen Schriftsteller aufzunehmen, über welche mir nur dürftige biographi- sche Angaben zur Verfügung ständen, bin ich um so lieber und bereit- williger entgegengekommen, als ich erfuhr, daß die Fortführung von Karl Gödekes "Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung", der mit dem Jahre 1830 abschließt, in sichere Aussicht genommen sei. Jch glaube, mit meinen kurzen Artikeln den Bearbeitern des "Grundrisses" wenigstens dasselbe bieten zu können, was Gödeke seinerzeit dem "alten Meusel" entnahm: nicht viel, aber immerhin doch etwas.
Entschieden ablehnend aber habe ich mich einem Ansinnen gegen- über verhalten müssen, das dahinging, auf neuere Schriftsteller, die erst jüngst an die Öffentlichkeit getreten und daher noch gar nicht allgemein bekannt wären, in meinem Lexikon keine Rücksicht zu neh- men. Ja, wer will denn die Behauptung wagen, daß diese Schrift- steller niemals eine erfolgreiche Zukunft haben werden? Als ich in den Jahren 1872--75 mein "Deutsches Dichter-Lexikon" bearbei- tete -- wieviele kannten da wohl (ich will nur wenige Namen nen- nen) Julius Wolff, Ernst von Wildenbruch, Otto von Leixner, Rudolf Lindau, Oskar Blumenthal, Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem, Elisabeth Bürstenbinder, Max Eyth, Oskar Meding und viele andere? Dennoch habe ich schon damals diese Autoren in mein Lexikon aufgenommen, und nach gar nicht langer Zeit hatten sie sich einen ehrenvollen Platz in unserer Literatur errungen und seitdem auch behauptet. Ähnliche Erfahrungen mußte ich von 1885 ab bei den verschiedenen Ausgaben dieses Lexikons machen; ja selbst noch im Jahre 1900, als ich die 5. Ausgabe bearbeitete, war Gustav Frenssen
*
Vorwort.
und nicht unter ihrem Pſeudonym; doch vermittelt die Aufführung des letzteren leicht die Kenntnis des erſteren. Ebenſo ſind bei Auf- zählung der Schriften dieſer Autoren wieder bloß die zur „ſchön- wiſſenſchaftlichen Literatur“ gehörenden Werke notiert wor- den, und konnte die ſchriftſtelleriſche Tätigkeit auf anderen Gebieten nur angedeutet werden.
Dagegen bin ich beſtrebt geweſen, verſchiedene Wünſche, die mir beſonders aus den Kreiſen Literaturkundiger geäußert wurden, zu berückſichtigen. So habe ich bei den Schriften der Autoren die neue- ſten Auflagen erwähnt und bei Novellenſammlungen deren Jnhalt angegeben, ſoweit mich eben die Verlagskataloge der Buchhändler über beides unterrichteten. Einem anderen Wunſche, auch diejenigen Schriftſteller aufzunehmen, über welche mir nur dürftige biographi- ſche Angaben zur Verfügung ſtänden, bin ich um ſo lieber und bereit- williger entgegengekommen, als ich erfuhr, daß die Fortführung von Karl Gödekes „Grundriß zur Geſchichte der deutſchen Dichtung“, der mit dem Jahre 1830 abſchließt, in ſichere Ausſicht genommen ſei. Jch glaube, mit meinen kurzen Artikeln den Bearbeitern des „Grundriſſes“ wenigſtens dasſelbe bieten zu können, was Gödeke ſeinerzeit dem „alten Meuſel“ entnahm: nicht viel, aber immerhin doch etwas.
Entſchieden ablehnend aber habe ich mich einem Anſinnen gegen- über verhalten müſſen, das dahinging, auf neuere Schriftſteller, die erſt jüngſt an die Öffentlichkeit getreten und daher noch gar nicht allgemein bekannt wären, in meinem Lexikon keine Rückſicht zu neh- men. Ja, wer will denn die Behauptung wagen, daß dieſe Schrift- ſteller niemals eine erfolgreiche Zukunft haben werden? Als ich in den Jahren 1872—75 mein „Deutſches Dichter-Lexikon“ bearbei- tete — wieviele kannten da wohl (ich will nur wenige Namen nen- nen) Julius Wolff, Ernſt von Wildenbruch, Otto von Leixner, Rudolf Lindau, Oskar Blumenthal, Eufemia von Adlersfeld-Balleſtrem, Eliſabeth Bürſtenbinder, Max Eyth, Oskar Meding und viele andere? Dennoch habe ich ſchon damals dieſe Autoren in mein Lexikon aufgenommen, und nach gar nicht langer Zeit hatten ſie ſich einen ehrenvollen Platz in unſerer Literatur errungen und ſeitdem auch behauptet. Ähnliche Erfahrungen mußte ich von 1885 ab bei den verſchiedenen Ausgaben dieſes Lexikons machen; ja ſelbſt noch im Jahre 1900, als ich die 5. Ausgabe bearbeitete, war Guſtav Frenſſen
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[5/0009]
Vorwort.
und nicht unter ihrem Pſeudonym; doch vermittelt die Aufführung
des letzteren leicht die Kenntnis des erſteren. Ebenſo ſind bei Auf-
zählung der Schriften dieſer Autoren wieder bloß die zur „ſchön-
wiſſenſchaftlichen Literatur“ gehörenden Werke notiert wor-
den, und konnte die ſchriftſtelleriſche Tätigkeit auf anderen Gebieten
nur angedeutet werden.
Dagegen bin ich beſtrebt geweſen, verſchiedene Wünſche, die mir
beſonders aus den Kreiſen Literaturkundiger geäußert wurden, zu
berückſichtigen. So habe ich bei den Schriften der Autoren die neue-
ſten Auflagen erwähnt und bei Novellenſammlungen deren Jnhalt
angegeben, ſoweit mich eben die Verlagskataloge der Buchhändler
über beides unterrichteten. Einem anderen Wunſche, auch diejenigen
Schriftſteller aufzunehmen, über welche mir nur dürftige biographi-
ſche Angaben zur Verfügung ſtänden, bin ich um ſo lieber und bereit-
williger entgegengekommen, als ich erfuhr, daß die Fortführung von
Karl Gödekes „Grundriß zur Geſchichte der deutſchen Dichtung“,
der mit dem Jahre 1830 abſchließt, in ſichere Ausſicht genommen
ſei. Jch glaube, mit meinen kurzen Artikeln den Bearbeitern des
„Grundriſſes“ wenigſtens dasſelbe bieten zu können, was Gödeke
ſeinerzeit dem „alten Meuſel“ entnahm: nicht viel, aber immerhin
doch etwas.
Entſchieden ablehnend aber habe ich mich einem Anſinnen gegen-
über verhalten müſſen, das dahinging, auf neuere Schriftſteller, die
erſt jüngſt an die Öffentlichkeit getreten und daher noch gar nicht
allgemein bekannt wären, in meinem Lexikon keine Rückſicht zu neh-
men. Ja, wer will denn die Behauptung wagen, daß dieſe Schrift-
ſteller niemals eine erfolgreiche Zukunft haben werden? Als ich in
den Jahren 1872—75 mein „Deutſches Dichter-Lexikon“ bearbei-
tete — wieviele kannten da wohl (ich will nur wenige Namen nen-
nen) Julius Wolff, Ernſt von Wildenbruch, Otto von Leixner, Rudolf
Lindau, Oskar Blumenthal, Eufemia von Adlersfeld-Balleſtrem,
Eliſabeth Bürſtenbinder, Max Eyth, Oskar Meding und viele
andere? Dennoch habe ich ſchon damals dieſe Autoren in mein Lexikon
aufgenommen, und nach gar nicht langer Zeit hatten ſie ſich einen
ehrenvollen Platz in unſerer Literatur errungen und ſeitdem auch
behauptet. Ähnliche Erfahrungen mußte ich von 1885 ab bei den
verſchiedenen Ausgaben dieſes Lexikons machen; ja ſelbſt noch im
Jahre 1900, als ich die 5. Ausgabe bearbeitete, war Guſtav Frenſſen
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Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 1. 6. Aufl. Leipzig, 1913, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon01_1913/9>, abgerufen am 23.11.2024.
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