hatte nicht die geringste Lust zu heirathen, und hegte jetzt keine andere Absicht, als sich so zu erhalten, daß er der Gefahr, in der er sich befand, die Nachfolge zum Throne zu verlieren, entgehen möge. Die Prin- zeßinn, deren liebenswürdige Person und reizende Voll- kommenheiten ein besser Schicksal verdienten, ver- fehlte daher den Weg zur Glückseligkeit gänzlich.
Einige Tage nach der Vermählung begab sichDer Czar feyert seine eigene Ver- mählung. das junge Ehepaar nach Wolfenbüttel, und der Czar gieng durch Schlesien nach Petersburg, wo seine Vermählung mit der Czarinn den 20sten Februar auf folgende Weise feyerlich und öffentlich begangen wurde. Herr Kyking, einer von der Admiralität, und Jaguzinski, General-Adjutant, wurden abge- schickt, Gesellschaft zu seiner Majestät alten Hochzeit (dieses waren die Worte, deren sie sich zu bedienen Befehl erhalten hatten,) einzuladen. Der Czar ließ sich in seiner Admirals-Uniform trauen, und dieses machte, daß die Admiralitäts-Beamten den größten Antheil an den Feyerlichkeiten dieses Tages hatten. Der Vice-Admiral Kruys, und der Admiral der Galeeren, waren des Bräutigams Väter; die verwittwete Kaiserinn, und des Vice-Ad- mirals Gemahlinn, stellten der Braut Mütter vor; die Brautjungfern waren zwey Töchter der Kaiserinn Catharina selbst; da aber diese Prinzessinnen noch zu jung waren, dieses Amt in Person zu verrichten, so vertraten des Czars zwey Nichten, die Töchter des Czars Johannes, des Kaisers ältesten Bruders, ihre Stellen. Nach der Ceremonie begab sich die ganze Gesellschaft, so wie sie waren eingeladen worden, in des Czars Pallast. Der Prinz Menzikof trug den
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hatte nicht die geringſte Luſt zu heirathen, und hegte jetzt keine andere Abſicht, als ſich ſo zu erhalten, daß er der Gefahr, in der er ſich befand, die Nachfolge zum Throne zu verlieren, entgehen moͤge. Die Prin- zeßinn, deren liebenswuͤrdige Perſon und reizende Voll- kommenheiten ein beſſer Schickſal verdienten, ver- fehlte daher den Weg zur Gluͤckſeligkeit gaͤnzlich.
Einige Tage nach der Vermaͤhlung begab ſichDer Czar feyert ſeine eigene Ver- maͤhlung. das junge Ehepaar nach Wolfenbuͤttel, und der Czar gieng durch Schleſien nach Petersburg, wo ſeine Vermaͤhlung mit der Czarinn den 20ſten Februar auf folgende Weiſe feyerlich und oͤffentlich begangen wurde. Herr Kyking, einer von der Admiralitaͤt, und Jaguzinski, General-Adjutant, wurden abge- ſchickt, Geſellſchaft zu ſeiner Majeſtaͤt alten Hochzeit (dieſes waren die Worte, deren ſie ſich zu bedienen Befehl erhalten hatten,) einzuladen. Der Czar ließ ſich in ſeiner Admirals-Uniform trauen, und dieſes machte, daß die Admiralitaͤts-Beamten den groͤßten Antheil an den Feyerlichkeiten dieſes Tages hatten. Der Vice-Admiral Kruys, und der Admiral der Galeeren, waren des Braͤutigams Vaͤter; die verwittwete Kaiſerinn, und des Vice-Ad- mirals Gemahlinn, ſtellten der Braut Muͤtter vor; die Brautjungfern waren zwey Toͤchter der Kaiſerinn Catharina ſelbſt; da aber dieſe Prinzeſſinnen noch zu jung waren, dieſes Amt in Perſon zu verrichten, ſo vertraten des Czars zwey Nichten, die Toͤchter des Czars Johannes, des Kaiſers aͤlteſten Bruders, ihre Stellen. Nach der Ceremonie begab ſich die ganze Geſellſchaft, ſo wie ſie waren eingeladen worden, in des Czars Pallaſt. Der Prinz Menzikof trug den
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hatte nicht die geringſte Luſt zu heirathen, und hegte
jetzt keine andere Abſicht, als ſich ſo zu erhalten, daß
er der Gefahr, in der er ſich befand, die Nachfolge
zum Throne zu verlieren, entgehen moͤge. Die Prin-
zeßinn, deren liebenswuͤrdige Perſon und reizende Voll-
kommenheiten ein beſſer Schickſal verdienten, ver-
fehlte daher den Weg zur Gluͤckſeligkeit gaͤnzlich.
Einige Tage nach der Vermaͤhlung begab ſich
das junge Ehepaar nach Wolfenbuͤttel, und der Czar
gieng durch Schleſien nach Petersburg, wo ſeine
Vermaͤhlung mit der Czarinn den 20ſten Februar
auf folgende Weiſe feyerlich und oͤffentlich begangen
wurde. Herr Kyking, einer von der Admiralitaͤt,
und Jaguzinski, General-Adjutant, wurden abge-
ſchickt, Geſellſchaft zu ſeiner Majeſtaͤt alten
Hochzeit (dieſes waren die Worte, deren ſie ſich zu
bedienen Befehl erhalten hatten,) einzuladen. Der
Czar ließ ſich in ſeiner Admirals-Uniform trauen,
und dieſes machte, daß die Admiralitaͤts-Beamten
den groͤßten Antheil an den Feyerlichkeiten dieſes
Tages hatten. Der Vice-Admiral Kruys, und
der Admiral der Galeeren, waren des Braͤutigams
Vaͤter; die verwittwete Kaiſerinn, und des Vice-Ad-
mirals Gemahlinn, ſtellten der Braut Muͤtter vor;
die Brautjungfern waren zwey Toͤchter der Kaiſerinn
Catharina ſelbſt; da aber dieſe Prinzeſſinnen noch
zu jung waren, dieſes Amt in Perſon zu verrichten,
ſo vertraten des Czars zwey Nichten, die Toͤchter des
Czars Johannes, des Kaiſers aͤlteſten Bruders, ihre
Stellen. Nach der Ceremonie begab ſich die ganze
Geſellſchaft, ſo wie ſie waren eingeladen worden, in
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/91>, abgerufen am 16.02.2025.
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