stand der Kaiser auf, nahm den Scepter von der Ta- fel, befahl dem Großmarschall, die Erzbischöfe und Prälaten zu rufen, und zur Krönung zu schreiten. Der Erzbischof von Novogorod redete hierauf die Kaiserinn also an: "Rechtgläubige und große Kai- serinn, allergnädigste Frau, Ew. Majestät werden belieben, das Athanasische orthodoxe Glaubensbe- kenntniß in Gegenwart ihrer treuen Unterthanen her- zusagen". -- Nachdem dieses geschehen war, knie- te die Kaiserinn auf ein Küssen nieder, und wurde von dem Erzbischofe eingesegnet; nach einigen Gebe- ten stand der Kaiser auf, und zwey Erzbischöfe nah- men den Krönungsmantel, und übergaben ihn dem Kaiser, der ihn der Kaiserinn umhieng, ohne daß er das Scepter aus der Hand legte. Hierauf knieten beyde Majestäten nieder, der Erzbischof betete, und als dieses zu Ende war, standen Jhre Majestäten auf, und der Kaiser nahm die Krone, und setzte sie der Kaiserinn auf, wobey er aber beständig den Scepter in der Hand behielt. Hierauf segnete der Erzbi- schof sie im Nahmen des Vaters, des Sohnes und des heil. Geistes ein, und gab ihr die Weltkugel in die Hand. Nach diesem ließen sich Jhre Majestäten wieder nieder, und nahmen, während daß das Chor die für ihre glückliche Regierung gewöhnlichen Gesän- ge sang, die Glückwünsche von den Geistlichen und Weltlichen an. Als dieses zu Ende war, wurden alle Kanonen gelöset und alle Glocken in der Stadt geläutet.
Nachdem dieses geschehen war, wurden ihre Majestäten mit eben den Ceremonien von dem Throne geführet, mit welchen sie selbigen bestiegen hatten, und
giengen
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ſtand der Kaiſer auf, nahm den Scepter von der Ta- fel, befahl dem Großmarſchall, die Erzbiſchoͤfe und Praͤlaten zu rufen, und zur Kroͤnung zu ſchreiten. Der Erzbiſchof von Novogorod redete hierauf die Kaiſerinn alſo an: „Rechtglaͤubige und große Kai- ſerinn, allergnaͤdigſte Frau, Ew. Majeſtaͤt werden belieben, das Athanaſiſche orthodoxe Glaubensbe- kenntniß in Gegenwart ihrer treuen Unterthanen her- zuſagen“. — Nachdem dieſes geſchehen war, knie- te die Kaiſerinn auf ein Kuͤſſen nieder, und wurde von dem Erzbiſchofe eingeſegnet; nach einigen Gebe- ten ſtand der Kaiſer auf, und zwey Erzbiſchoͤfe nah- men den Kroͤnungsmantel, und uͤbergaben ihn dem Kaiſer, der ihn der Kaiſerinn umhieng, ohne daß er das Scepter aus der Hand legte. Hierauf knieten beyde Majeſtaͤten nieder, der Erzbiſchof betete, und als dieſes zu Ende war, ſtanden Jhre Majeſtaͤten auf, und der Kaiſer nahm die Krone, und ſetzte ſie der Kaiſerinn auf, wobey er aber beſtaͤndig den Scepter in der Hand behielt. Hierauf ſegnete der Erzbi- ſchof ſie im Nahmen des Vaters, des Sohnes und des heil. Geiſtes ein, und gab ihr die Weltkugel in die Hand. Nach dieſem ließen ſich Jhre Majeſtaͤten wieder nieder, und nahmen, waͤhrend daß das Chor die fuͤr ihre gluͤckliche Regierung gewoͤhnlichen Geſaͤn- ge ſang, die Gluͤckwuͤnſche von den Geiſtlichen und Weltlichen an. Als dieſes zu Ende war, wurden alle Kanonen geloͤſet und alle Glocken in der Stadt gelaͤutet.
Nachdem dieſes geſchehen war, wurden ihre Majeſtaͤten mit eben den Ceremonien von dem Throne gefuͤhret, mit welchen ſie ſelbigen beſtiegen hatten, und
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ſtand der Kaiſer auf, nahm den Scepter von der Ta-
fel, befahl dem Großmarſchall, die Erzbiſchoͤfe und
Praͤlaten zu rufen, und zur Kroͤnung zu ſchreiten.
Der Erzbiſchof von Novogorod redete hierauf die
Kaiſerinn alſo an: „Rechtglaͤubige und große Kai-
ſerinn, allergnaͤdigſte Frau, Ew. Majeſtaͤt werden
belieben, das Athanaſiſche orthodoxe Glaubensbe-
kenntniß in Gegenwart ihrer treuen Unterthanen her-
zuſagen“. — Nachdem dieſes geſchehen war, knie-
te die Kaiſerinn auf ein Kuͤſſen nieder, und wurde
von dem Erzbiſchofe eingeſegnet; nach einigen Gebe-
ten ſtand der Kaiſer auf, und zwey Erzbiſchoͤfe nah-
men den Kroͤnungsmantel, und uͤbergaben ihn dem
Kaiſer, der ihn der Kaiſerinn umhieng, ohne daß er
das Scepter aus der Hand legte. Hierauf knieten
beyde Majeſtaͤten nieder, der Erzbiſchof betete, und als
dieſes zu Ende war, ſtanden Jhre Majeſtaͤten auf,
und der Kaiſer nahm die Krone, und ſetzte ſie der
Kaiſerinn auf, wobey er aber beſtaͤndig den Scepter
in der Hand behielt. Hierauf ſegnete der Erzbi-
ſchof ſie im Nahmen des Vaters, des Sohnes und
des heil. Geiſtes ein, und gab ihr die Weltkugel in
die Hand. Nach dieſem ließen ſich Jhre Majeſtaͤten
wieder nieder, und nahmen, waͤhrend daß das Chor
die fuͤr ihre gluͤckliche Regierung gewoͤhnlichen Geſaͤn-
ge ſang, die Gluͤckwuͤnſche von den Geiſtlichen und
Weltlichen an. Als dieſes zu Ende war, wurden
alle Kanonen geloͤſet und alle Glocken in der Stadt
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Nachdem dieſes geſchehen war, wurden ihre
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/429>, abgerufen am 25.11.2024.
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