Jhre Schuhe bestehen meistens aus Pferdehaut, und sind nur an der Ferse zusammen genähet. Der Aerm- ste unter ihnen ist mit einem Panzer, einer Sturm- haube, einem Helm, und über dieses mit einem Sä- bel, Wurfspieße, Bogen und Pfeilen versehen.
Diese Stadt Tarku, die Hauptstadt in Dage-Jhre Frauenzim- mer. stan, hat über 3000 Häuser, und ist mit Einwoh- nern angefüllt. Die Häuser sind alle zwey Stock- werke hoch, oben platt, und stehen sehr nahe an ein- ander. Des Abends gehen die Weiber, so wie die Männer, auf den Gassen im Kühlen spatzieren. Je- des Haus hat einen mit allen Arten von schönen Früch- ten versehenen Garten, die alle schöne Wasserquellen haben. Jhre Weiber sind unvergleichlich schön, und wohl gewachsen; sie haben schöne Gesichter, schwarze Augen und schwarzes Haar. Da aber die Männer sehr eifersüchtig sind, so sind sie beständig eingeschlos- sen, so daß man sie nicht leicht zu sehen bekommen kann. Jch glaube, wir würden keine zu sehen be- kommen haben, wenn es nicht zweymal zufälliger Weise geschehen wäre. Wir hatten die Freyheit, in die Stadt zu gehen und das Nothwendigste zu kau- fen; wir hatten aber Befehl, viele mit einander und stark bewaffnet zu gehen, denn wir setzten kein großes Vertrauen auf die Einwohner. Als ich einmal mit vielen Officieren und unter einer starken Bedeckung in der Stadt war, sahen wir einen von den Vornehm- sten in sein Haus gehen, und wagten es also, uns wider seinen Willen hineinzudrängen. Als ihm un- ser Dolmetscher gesagt hatte, daß wir Officiers vom Range wären, und daß wir ihn um die Gewogenheit ersuchten, uns das Jnwendige seines Hauses zu zei-
gen,
Jhre Schuhe beſtehen meiſtens aus Pferdehaut, und ſind nur an der Ferſe zuſammen genaͤhet. Der Aerm- ſte unter ihnen iſt mit einem Panzer, einer Sturm- haube, einem Helm, und uͤber dieſes mit einem Saͤ- bel, Wurfſpieße, Bogen und Pfeilen verſehen.
Dieſe Stadt Tarku, die Hauptſtadt in Dage-Jhre Frauenzim- mer. ſtan, hat uͤber 3000 Haͤuſer, und iſt mit Einwoh- nern angefuͤllt. Die Haͤuſer ſind alle zwey Stock- werke hoch, oben platt, und ſtehen ſehr nahe an ein- ander. Des Abends gehen die Weiber, ſo wie die Maͤnner, auf den Gaſſen im Kuͤhlen ſpatzieren. Je- des Haus hat einen mit allen Arten von ſchoͤnen Fruͤch- ten verſehenen Garten, die alle ſchoͤne Waſſerquellen haben. Jhre Weiber ſind unvergleichlich ſchoͤn, und wohl gewachſen; ſie haben ſchoͤne Geſichter, ſchwarze Augen und ſchwarzes Haar. Da aber die Maͤnner ſehr eiferſuͤchtig ſind, ſo ſind ſie beſtaͤndig eingeſchloſ- ſen, ſo daß man ſie nicht leicht zu ſehen bekommen kann. Jch glaube, wir wuͤrden keine zu ſehen be- kommen haben, wenn es nicht zweymal zufaͤlliger Weiſe geſchehen waͤre. Wir hatten die Freyheit, in die Stadt zu gehen und das Nothwendigſte zu kau- fen; wir hatten aber Befehl, viele mit einander und ſtark bewaffnet zu gehen, denn wir ſetzten kein großes Vertrauen auf die Einwohner. Als ich einmal mit vielen Officieren und unter einer ſtarken Bedeckung in der Stadt war, ſahen wir einen von den Vornehm- ſten in ſein Haus gehen, und wagten es alſo, uns wider ſeinen Willen hineinzudraͤngen. Als ihm un- ſer Dolmetſcher geſagt hatte, daß wir Officiers vom Range waͤren, und daß wir ihn um die Gewogenheit erſuchten, uns das Jnwendige ſeines Hauſes zu zei-
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Jhre Schuhe beſtehen meiſtens aus Pferdehaut, und
ſind nur an der Ferſe zuſammen genaͤhet. Der Aerm-
ſte unter ihnen iſt mit einem Panzer, einer Sturm-
haube, einem Helm, und uͤber dieſes mit einem Saͤ-
bel, Wurfſpieße, Bogen und Pfeilen verſehen.
Dieſe Stadt Tarku, die Hauptſtadt in Dage-
ſtan, hat uͤber 3000 Haͤuſer, und iſt mit Einwoh-
nern angefuͤllt. Die Haͤuſer ſind alle zwey Stock-
werke hoch, oben platt, und ſtehen ſehr nahe an ein-
ander. Des Abends gehen die Weiber, ſo wie die
Maͤnner, auf den Gaſſen im Kuͤhlen ſpatzieren. Je-
des Haus hat einen mit allen Arten von ſchoͤnen Fruͤch-
ten verſehenen Garten, die alle ſchoͤne Waſſerquellen
haben. Jhre Weiber ſind unvergleichlich ſchoͤn, und
wohl gewachſen; ſie haben ſchoͤne Geſichter, ſchwarze
Augen und ſchwarzes Haar. Da aber die Maͤnner
ſehr eiferſuͤchtig ſind, ſo ſind ſie beſtaͤndig eingeſchloſ-
ſen, ſo daß man ſie nicht leicht zu ſehen bekommen
kann. Jch glaube, wir wuͤrden keine zu ſehen be-
kommen haben, wenn es nicht zweymal zufaͤlliger
Weiſe geſchehen waͤre. Wir hatten die Freyheit,
in die Stadt zu gehen und das Nothwendigſte zu kau-
fen; wir hatten aber Befehl, viele mit einander und
ſtark bewaffnet zu gehen, denn wir ſetzten kein großes
Vertrauen auf die Einwohner. Als ich einmal mit
vielen Officieren und unter einer ſtarken Bedeckung
in der Stadt war, ſahen wir einen von den Vornehm-
ſten in ſein Haus gehen, und wagten es alſo, uns
wider ſeinen Willen hineinzudraͤngen. Als ihm un-
ſer Dolmetſcher geſagt hatte, daß wir Officiers vom
Range waͤren, und daß wir ihn um die Gewogenheit
erſuchten, uns das Jnwendige ſeines Hauſes zu zei-
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Jhre
Frauenzim-
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/329>, abgerufen am 25.11.2024.
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