andern Obersten der Dagestaner dermaßen, daß sie den Entschluß faßten, sich zu rächen, welches uns nicht in wenig Verlegenheit versetzte.
Die Armee wird beunru- higt.
Wir traten unsern Marsch den 11ten wieder an; die Hälfte der Dragoner und Kosaken machten unsere Avantgarde und die andere Hälfte die Arrieregarde aus. Wir marschirten diesen Tag, der großen Hitze ungeachtet, 30 Werste, da denn freylich viele von unsern Leuten unter Weges umfielen. Als wir zu Mittage Halte machten, entdeckten wir eine große Menge bewaffneter Leute, die an den Seiten der Berge ritten. Der Kaiser befand sich eben im Nach- zuge; er ritt daher längs der Armee hin, und fragte die Truppen, ob sie ihre Gewehre geladen hätten. Als sie nein sagten, so gab er Befehl, sie zu laden, und befahl allen seinen Officieren von seiner Division, sich bey der Grenadiercompagnie zu versammeln. Als wir daselbst zusammen gekommen waren, hielt er eine Rede und gab uns einen starken Verweis, daß wir unsere Schuldigkeit nicht gethan hätten. Hier- auf wurden uns unsere Degen abgenommen, (nämlich den Feldofficieren, die zugleich Generals waren, und allen Capitains,) welche zusammen auf einen Wagen geladen wurden. Die Feldofficiers mußten in einem Gliede zu Fuße marschiren; die Capitains wurden hin- ter sie in drey Glieder gestellt, und jedem Officier wur- den vier Musketen auf seine Schultern gegeben. Jn dieser Positur waren wir beynahe 2 Stunden in der größten Hitze marschiret, als die Kaiserinn, nachdem sie unsern üblen Zustand erfahren hatte, in größter Eile heraufgefahren kam, und so nachdrücklich für uns bat, daß wir von unserer schweren Last befreyet, uns un-
sere
andern Oberſten der Dageſtaner dermaßen, daß ſie den Entſchluß faßten, ſich zu raͤchen, welches uns nicht in wenig Verlegenheit verſetzte.
Die Armee wird beunru- higt.
Wir traten unſern Marſch den 11ten wieder an; die Haͤlfte der Dragoner und Koſaken machten unſere Avantgarde und die andere Haͤlfte die Arrieregarde aus. Wir marſchirten dieſen Tag, der großen Hitze ungeachtet, 30 Werſte, da denn freylich viele von unſern Leuten unter Weges umfielen. Als wir zu Mittage Halte machten, entdeckten wir eine große Menge bewaffneter Leute, die an den Seiten der Berge ritten. Der Kaiſer befand ſich eben im Nach- zuge; er ritt daher laͤngs der Armee hin, und fragte die Truppen, ob ſie ihre Gewehre geladen haͤtten. Als ſie nein ſagten, ſo gab er Befehl, ſie zu laden, und befahl allen ſeinen Officieren von ſeiner Diviſion, ſich bey der Grenadiercompagnie zu verſammeln. Als wir daſelbſt zuſammen gekommen waren, hielt er eine Rede und gab uns einen ſtarken Verweis, daß wir unſere Schuldigkeit nicht gethan haͤtten. Hier- auf wurden uns unſere Degen abgenommen, (naͤmlich den Feldofficieren, die zugleich Generals waren, und allen Capitains,) welche zuſammen auf einen Wagen geladen wurden. Die Feldofficiers mußten in einem Gliede zu Fuße marſchiren; die Capitains wurden hin- ter ſie in drey Glieder geſtellt, und jedem Officier wur- den vier Musketen auf ſeine Schultern gegeben. Jn dieſer Poſitur waren wir beynahe 2 Stunden in der groͤßten Hitze marſchiret, als die Kaiſerinn, nachdem ſie unſern uͤblen Zuſtand erfahren hatte, in groͤßter Eile heraufgefahren kam, und ſo nachdruͤcklich fuͤr uns bat, daß wir von unſerer ſchweren Laſt befreyet, uns un-
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andern Oberſten der Dageſtaner dermaßen, daß ſie
den Entſchluß faßten, ſich zu raͤchen, welches uns
nicht in wenig Verlegenheit verſetzte.
Wir traten unſern Marſch den 11ten wieder an;
die Haͤlfte der Dragoner und Koſaken machten unſere
Avantgarde und die andere Haͤlfte die Arrieregarde
aus. Wir marſchirten dieſen Tag, der großen Hitze
ungeachtet, 30 Werſte, da denn freylich viele von
unſern Leuten unter Weges umfielen. Als wir zu
Mittage Halte machten, entdeckten wir eine große
Menge bewaffneter Leute, die an den Seiten der
Berge ritten. Der Kaiſer befand ſich eben im Nach-
zuge; er ritt daher laͤngs der Armee hin, und fragte
die Truppen, ob ſie ihre Gewehre geladen haͤtten.
Als ſie nein ſagten, ſo gab er Befehl, ſie zu laden,
und befahl allen ſeinen Officieren von ſeiner Diviſion,
ſich bey der Grenadiercompagnie zu verſammeln.
Als wir daſelbſt zuſammen gekommen waren, hielt er
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wir unſere Schuldigkeit nicht gethan haͤtten. Hier-
auf wurden uns unſere Degen abgenommen, (naͤmlich
den Feldofficieren, die zugleich Generals waren, und
allen Capitains,) welche zuſammen auf einen Wagen
geladen wurden. Die Feldofficiers mußten in einem
Gliede zu Fuße marſchiren; die Capitains wurden hin-
ter ſie in drey Glieder geſtellt, und jedem Officier wur-
den vier Musketen auf ſeine Schultern gegeben. Jn
dieſer Poſitur waren wir beynahe 2 Stunden in der
groͤßten Hitze marſchiret, als die Kaiſerinn, nachdem
ſie unſern uͤblen Zuſtand erfahren hatte, in groͤßter Eile
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/326>, abgerufen am 22.11.2024.
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