27sten in einer in Moskau für sie erbauten schönen Jacht hier an. Da des Kaisers Geburtstag den 30sten einfiel, so wurde die ganze Armee an dem Ufer in Ordnung gestellt, worauf sie sich, nachdem sie drey Salven gegeben hatte, wieder auf die Galeeren begab. Als die Kanonen auf des Kaisers Jacht abgefeuert wurden, zersprang eine davon, tödtete ei- nen auf der Wache stehenden Grenadier, und verwun- dete eine von den Hofdamen so gefährlich, daß sie in wenig Stunden starb. Bey dieser Gelegenheit stell- te Herr Strogenof, ein Kaufmann, der den Ruhm hatte, daß er den größten Handel und die größten Reichthümer unter allen Kaufleuten in Rußland be- saß, ein großes Tractament für beyde Majestäten, und alle Feldofficiers, in der Stadt an. Er schickte im Ueberflusse Bier und Brandwein für die Soldaten auf die Galeeren, und beym Beschlusse des Tracta- ments machte der Kaiser ihn zum Baron. Der Kaiser begab sich an eben diesem Abende auf die Jacht und fuhr vor uns nach Astrakan ab, alle An- stalten zu besehen, die zu der Expedition über das Caspische Meer nöthig waren; aber die Flotte wurde noch etliche Tage durch Herbeyschaffung aller nöthigen Bedürfnisse zurück gehalten.
Es befand sich hier ein Capuciner, der in Schwei- zerischen Diensten Capitain gewesen war, weil er aber einen andern Officier in einem Duelle getödtet hatte, ein Capuciner geworden war, und jetzt als Mißionair nach Persien gieng. Da ich hörte, daß er predigen sollte, so bekam ich Lust, einigen catholischen Officie- ren Gesellschaft zu leisten und ihn zu hören; seine Pre- digt war in der That besser, als wir vermuthet hatten.
Nach
27ſten in einer in Moskau fuͤr ſie erbauten ſchoͤnen Jacht hier an. Da des Kaiſers Geburtstag den 30ſten einfiel, ſo wurde die ganze Armee an dem Ufer in Ordnung geſtellt, worauf ſie ſich, nachdem ſie drey Salven gegeben hatte, wieder auf die Galeeren begab. Als die Kanonen auf des Kaiſers Jacht abgefeuert wurden, zerſprang eine davon, toͤdtete ei- nen auf der Wache ſtehenden Grenadier, und verwun- dete eine von den Hofdamen ſo gefaͤhrlich, daß ſie in wenig Stunden ſtarb. Bey dieſer Gelegenheit ſtell- te Herr Strogenof, ein Kaufmann, der den Ruhm hatte, daß er den groͤßten Handel und die groͤßten Reichthuͤmer unter allen Kaufleuten in Rußland be- ſaß, ein großes Tractament fuͤr beyde Majeſtaͤten, und alle Feldofficiers, in der Stadt an. Er ſchickte im Ueberfluſſe Bier und Brandwein fuͤr die Soldaten auf die Galeeren, und beym Beſchluſſe des Tracta- ments machte der Kaiſer ihn zum Baron. Der Kaiſer begab ſich an eben dieſem Abende auf die Jacht und fuhr vor uns nach Aſtrakan ab, alle An- ſtalten zu beſehen, die zu der Expedition uͤber das Caspiſche Meer noͤthig waren; aber die Flotte wurde noch etliche Tage durch Herbeyſchaffung aller noͤthigen Beduͤrfniſſe zuruͤck gehalten.
Es befand ſich hier ein Capuciner, der in Schwei- zeriſchen Dienſten Capitain geweſen war, weil er aber einen andern Officier in einem Duelle getoͤdtet hatte, ein Capuciner geworden war, und jetzt als Mißionair nach Perſien gieng. Da ich hoͤrte, daß er predigen ſollte, ſo bekam ich Luſt, einigen catholiſchen Officie- ren Geſellſchaft zu leiſten und ihn zu hoͤren; ſeine Pre- digt war in der That beſſer, als wir vermuthet hatten.
Nach
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27ſten in einer in Moskau fuͤr ſie erbauten ſchoͤnen
Jacht hier an. Da des Kaiſers Geburtstag den
30ſten einfiel, ſo wurde die ganze Armee an dem
Ufer in Ordnung geſtellt, worauf ſie ſich, nachdem ſie
drey Salven gegeben hatte, wieder auf die Galeeren
begab. Als die Kanonen auf des Kaiſers Jacht
abgefeuert wurden, zerſprang eine davon, toͤdtete ei-
nen auf der Wache ſtehenden Grenadier, und verwun-
dete eine von den Hofdamen ſo gefaͤhrlich, daß ſie in
wenig Stunden ſtarb. Bey dieſer Gelegenheit ſtell-
te Herr Strogenof, ein Kaufmann, der den Ruhm
hatte, daß er den groͤßten Handel und die groͤßten
Reichthuͤmer unter allen Kaufleuten in Rußland be-
ſaß, ein großes Tractament fuͤr beyde Majeſtaͤten, und
alle Feldofficiers, in der Stadt an. Er ſchickte im
Ueberfluſſe Bier und Brandwein fuͤr die Soldaten
auf die Galeeren, und beym Beſchluſſe des Tracta-
ments machte der Kaiſer ihn zum Baron. Der
Kaiſer begab ſich an eben dieſem Abende auf die
Jacht und fuhr vor uns nach Aſtrakan ab, alle An-
ſtalten zu beſehen, die zu der Expedition uͤber das
Caspiſche Meer noͤthig waren; aber die Flotte wurde
noch etliche Tage durch Herbeyſchaffung aller noͤthigen
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Es befand ſich hier ein Capuciner, der in Schwei-
zeriſchen Dienſten Capitain geweſen war, weil er aber
einen andern Officier in einem Duelle getoͤdtet hatte,
ein Capuciner geworden war, und jetzt als Mißionair
nach Perſien gieng. Da ich hoͤrte, daß er predigen
ſollte, ſo bekam ich Luſt, einigen catholiſchen Officie-
ren Geſellſchaft zu leiſten und ihn zu hoͤren; ſeine Pre-
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/281>, abgerufen am 22.11.2024.
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