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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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ohne Zeitverlust in Gegenwart der Obrigkeit mit ihr
zu copulieren, welches auch geschahe. Da nun auch
der Wundarzt versicherte, daß keine der Wunden tödt-
lich sey, so gieng die Wache ab, und durch die Sorg-
falt des Wundarztes und der zärtlichen Pflege seiner
Gattinn ward der Capitän sehr bald wieder hergestellt.
Sie lebten hierauf verschiedene Jahre in dem besten
Vernehmen, bis ihn endlich ein unglücklicher Zufall
um das Leben brachte. Als er eines Abends mit ihr
vor dem Trowen-Thore spatzieren gieng, und sich bey
einem Zeughause befand, wo eine Menge alter un-
brauchbarer Gewehre lag, kam ein Frauenzimmer
aus ihrer Nachbarschaft zu ihnen, mit welchem sie in
großer Vertraulichkeit lebten, nahm eine alte verroste-
te Pistole, und sagte im Scherze zu dem Capitän Nie-
pels, es sey beschlossen, daß er von der Hand eines
Frauenzimmers sterben sollte, welches denn auch so
gleich eintraf, indem die Pistole los gieng und ihn auf
der Stelle tödtete. Er hinterließ drey Töchter, wel-
che jetzt mannbar waren; seine Wittwe, unsere Wir-
thinn aber, heirathete einige Zeit nach seinem Tode
seines Bruders Sohn.

1706.

Als ich in einer Nacht mit unserm Lieutenant auf
dem Petersberge auf der Wache war, und mit meiner
Muskete Schildwache stand, und diese auf dem Kies-
boden nachläßig hinter mir her zog, gieng sie von un-
gefähr los, und brachte die ganze Besatzung in Be-
wegung. Der Lieutenant mußte diesen Zufall durch
einen Sergeanten in Peters-Hafen melden lassen, da
ich denn den folgenden Tag vor den Gouverne[u]r ge-
führet ward, wo ich in großer Angst war, we[il] man
mir sagte, daß ich von Glück würde zu sagen haben,

wenn

ohne Zeitverluſt in Gegenwart der Obrigkeit mit ihr
zu copulieren, welches auch geſchahe. Da nun auch
der Wundarzt verſicherte, daß keine der Wunden toͤdt-
lich ſey, ſo gieng die Wache ab, und durch die Sorg-
falt des Wundarztes und der zaͤrtlichen Pflege ſeiner
Gattinn ward der Capitaͤn ſehr bald wieder hergeſtellt.
Sie lebten hierauf verſchiedene Jahre in dem beſten
Vernehmen, bis ihn endlich ein ungluͤcklicher Zufall
um das Leben brachte. Als er eines Abends mit ihr
vor dem Trowen-Thore ſpatzieren gieng, und ſich bey
einem Zeughauſe befand, wo eine Menge alter un-
brauchbarer Gewehre lag, kam ein Frauenzimmer
aus ihrer Nachbarſchaft zu ihnen, mit welchem ſie in
großer Vertraulichkeit lebten, nahm eine alte verroſte-
te Piſtole, und ſagte im Scherze zu dem Capitaͤn Nie-
pels, es ſey beſchloſſen, daß er von der Hand eines
Frauenzimmers ſterben ſollte, welches denn auch ſo
gleich eintraf, indem die Piſtole los gieng und ihn auf
der Stelle toͤdtete. Er hinterließ drey Toͤchter, wel-
che jetzt mannbar waren; ſeine Wittwe, unſere Wir-
thinn aber, heirathete einige Zeit nach ſeinem Tode
ſeines Bruders Sohn.

1706.

Als ich in einer Nacht mit unſerm Lieutenant auf
dem Petersberge auf der Wache war, und mit meiner
Muskete Schildwache ſtand, und dieſe auf dem Kies-
boden nachlaͤßig hinter mir her zog, gieng ſie von un-
gefaͤhr los, und brachte die ganze Beſatzung in Be-
wegung. Der Lieutenant mußte dieſen Zufall durch
einen Sergeanten in Peters-Hafen melden laſſen, da
ich denn den folgenden Tag vor den Gouverne[u]r ge-
fuͤhret ward, wo ich in großer Angſt war, we[il] man
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[10/0020] ohne Zeitverluſt in Gegenwart der Obrigkeit mit ihr zu copulieren, welches auch geſchahe. Da nun auch der Wundarzt verſicherte, daß keine der Wunden toͤdt- lich ſey, ſo gieng die Wache ab, und durch die Sorg- falt des Wundarztes und der zaͤrtlichen Pflege ſeiner Gattinn ward der Capitaͤn ſehr bald wieder hergeſtellt. Sie lebten hierauf verſchiedene Jahre in dem beſten Vernehmen, bis ihn endlich ein ungluͤcklicher Zufall um das Leben brachte. Als er eines Abends mit ihr vor dem Trowen-Thore ſpatzieren gieng, und ſich bey einem Zeughauſe befand, wo eine Menge alter un- brauchbarer Gewehre lag, kam ein Frauenzimmer aus ihrer Nachbarſchaft zu ihnen, mit welchem ſie in großer Vertraulichkeit lebten, nahm eine alte verroſte- te Piſtole, und ſagte im Scherze zu dem Capitaͤn Nie- pels, es ſey beſchloſſen, daß er von der Hand eines Frauenzimmers ſterben ſollte, welches denn auch ſo gleich eintraf, indem die Piſtole los gieng und ihn auf der Stelle toͤdtete. Er hinterließ drey Toͤchter, wel- che jetzt mannbar waren; ſeine Wittwe, unſere Wir- thinn aber, heirathete einige Zeit nach ſeinem Tode ſeines Bruders Sohn. Als ich in einer Nacht mit unſerm Lieutenant auf dem Petersberge auf der Wache war, und mit meiner Muskete Schildwache ſtand, und dieſe auf dem Kies- boden nachlaͤßig hinter mir her zog, gieng ſie von un- gefaͤhr los, und brachte die ganze Beſatzung in Be- wegung. Der Lieutenant mußte dieſen Zufall durch einen Sergeanten in Peters-Hafen melden laſſen, da ich denn den folgenden Tag vor den Gouverneur ge- fuͤhret ward, wo ich in großer Angſt war, weil man mir ſagte, daß ich von Gluͤck wuͤrde zu ſagen haben, wenn

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/20>, abgerufen am 29.03.2024.