muß, hielt um Dienste bey der Armee an. Der Feldmarschall sragte ihn durch seinen deutschen Dol- metscher, in was für einem Posten er gedienet hätte, und bekam zur Antwort, als Capitän des Armes. Da das Wort arm in der deutschen Sprache arm bedeutet, so sagte der Dolmetscher, daß er ein armer Capitän gewesen sey. Wenn das der Fall ist, sagte der Feldmarschall, so will ich ihn zum reichen Capi- tän machen, und fertigte ein Capitäns-Diplom für ihn aus. Allein der Czar, anstatt selbiges zu bestä- tigen, machte ihn nur zum Fähndrich, und schon die- ses machte den armen Capitän sehr glücklich.
Beste Art aus Russi- schem Dien- ste zu kom- men.
Damals war es viel leichter, Dienste zu erhal- ten, als wieder los zukommen, wie man aus des Ge- neralmajors Gordon Beyspiele sehen konnte, dem viel daran gelegen war, den Dienst zu verlassen, und der da- her, so oft er nur konnte, um seine Erlassung, aber alles vergebens, anhielt. Als er daher nach dem Treffen bey Pultawa allein mit einem Commando in Pohlen stand, ergriff er diese Gelegenheit, ließ seine Frau und Töchter nach Pohlen kommen, und gieng mit ih- nen nach Danzig, und von da zu Schiffe nach Schott- land. Ein gleicher Fall trug sich zu meiner Zeit mit einem Rittmeister bey den Dragonern zu, der, nach- dem er lange gedienet hatte, um seinen Abschied ansuch- te, und ihn zwar ohne große Schwierigkeit erhielt, aber kein Mittel ausfündig machen konnte einen Paß zu er- halten, um aus dem Lande zu kommen, weil er bestän- dig mit schönen Worten abgewiesen wurde, womit sie ihn so lange aufhielten, daß er sich endlich genöthiget sahe, Wechselbriefe an seine Freunde in Deutschland zu stellen, um in Rußland leben zu können. Die
Russische
muß, hielt um Dienſte bey der Armee an. Der Feldmarſchall ſragte ihn durch ſeinen deutſchen Dol- metſcher, in was fuͤr einem Poſten er gedienet haͤtte, und bekam zur Antwort, als Capitaͤn des Armes. Da das Wort arm in der deutſchen Sprache arm bedeutet, ſo ſagte der Dolmetſcher, daß er ein armer Capitaͤn geweſen ſey. Wenn das der Fall iſt, ſagte der Feldmarſchall, ſo will ich ihn zum reichen Capi- taͤn machen, und fertigte ein Capitaͤns-Diplom fuͤr ihn aus. Allein der Czar, anſtatt ſelbiges zu beſtaͤ- tigen, machte ihn nur zum Faͤhndrich, und ſchon die- ſes machte den armen Capitaͤn ſehr gluͤcklich.
Beſte Art aus Ruſſi- ſchem Dien- ſte zu kom- men.
Damals war es viel leichter, Dienſte zu erhal- ten, als wieder los zukommen, wie man aus des Ge- neralmajors Gordon Beyſpiele ſehen konnte, dem viel daran gelegen war, den Dienſt zu verlaſſen, und der da- her, ſo oft er nur konnte, um ſeine Erlaſſung, aber alles vergebens, anhielt. Als er daher nach dem Treffen bey Pultawa allein mit einem Commando in Pohlen ſtand, ergriff er dieſe Gelegenheit, ließ ſeine Frau und Toͤchter nach Pohlen kommen, und gieng mit ih- nen nach Danzig, und von da zu Schiffe nach Schott- land. Ein gleicher Fall trug ſich zu meiner Zeit mit einem Rittmeiſter bey den Dragonern zu, der, nach- dem er lange gedienet hatte, um ſeinen Abſchied anſuch- te, und ihn zwar ohne große Schwierigkeit erhielt, aber kein Mittel ausfuͤndig machen konnte einen Paß zu er- halten, um aus dem Lande zu kommen, weil er beſtaͤn- dig mit ſchoͤnen Worten abgewieſen wurde, womit ſie ihn ſo lange aufhielten, daß er ſich endlich genoͤthiget ſahe, Wechſelbriefe an ſeine Freunde in Deutſchland zu ſtellen, um in Rußland leben zu koͤnnen. Die
Ruſſiſche
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0142"n="132"/>
muß, hielt um Dienſte bey der Armee an. Der<lb/>
Feldmarſchall ſragte ihn durch ſeinen deutſchen Dol-<lb/>
metſcher, in was fuͤr einem Poſten er gedienet haͤtte,<lb/>
und bekam zur Antwort, als Capitaͤn des Armes.<lb/>
Da das Wort <hirendition="#fr">arm</hi> in der deutſchen Sprache <hirendition="#fr">arm</hi><lb/>
bedeutet, ſo ſagte der Dolmetſcher, daß er ein armer<lb/>
Capitaͤn geweſen ſey. Wenn das der Fall iſt, ſagte<lb/>
der Feldmarſchall, ſo will ich ihn zum reichen Capi-<lb/>
taͤn machen, und fertigte ein Capitaͤns-Diplom fuͤr<lb/>
ihn aus. Allein der Czar, anſtatt ſelbiges zu beſtaͤ-<lb/>
tigen, machte ihn nur zum Faͤhndrich, und ſchon die-<lb/>ſes machte den armen Capitaͤn ſehr gluͤcklich.</p><lb/><noteplace="left">Beſte Art<lb/>
aus Ruſſi-<lb/>ſchem Dien-<lb/>ſte zu kom-<lb/>
men.</note><p>Damals war es viel leichter, Dienſte zu erhal-<lb/>
ten, als wieder los zukommen, wie man aus des Ge-<lb/>
neralmajors Gordon Beyſpiele ſehen konnte, dem viel<lb/>
daran gelegen war, den Dienſt zu verlaſſen, und der da-<lb/>
her, ſo oft er nur konnte, um ſeine Erlaſſung, aber alles<lb/>
vergebens, anhielt. Als er daher nach dem Treffen<lb/>
bey Pultawa allein mit einem Commando in Pohlen<lb/>ſtand, ergriff er dieſe Gelegenheit, ließ ſeine Frau<lb/>
und Toͤchter nach Pohlen kommen, und gieng mit ih-<lb/>
nen nach Danzig, und von da zu Schiffe nach Schott-<lb/>
land. Ein gleicher Fall trug ſich zu meiner Zeit mit<lb/>
einem Rittmeiſter bey den Dragonern zu, der, nach-<lb/>
dem er lange gedienet hatte, um ſeinen Abſchied anſuch-<lb/>
te, und ihn zwar ohne große Schwierigkeit erhielt, aber<lb/>
kein Mittel ausfuͤndig machen konnte einen Paß zu er-<lb/>
halten, um aus dem Lande zu kommen, weil er beſtaͤn-<lb/>
dig mit ſchoͤnen Worten abgewieſen wurde, womit ſie<lb/>
ihn ſo lange aufhielten, daß er ſich endlich genoͤthiget<lb/>ſahe, Wechſelbriefe an ſeine Freunde in Deutſchland<lb/>
zu ſtellen, um in Rußland leben zu koͤnnen. Die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ruſſiſche</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[132/0142]
muß, hielt um Dienſte bey der Armee an. Der
Feldmarſchall ſragte ihn durch ſeinen deutſchen Dol-
metſcher, in was fuͤr einem Poſten er gedienet haͤtte,
und bekam zur Antwort, als Capitaͤn des Armes.
Da das Wort arm in der deutſchen Sprache arm
bedeutet, ſo ſagte der Dolmetſcher, daß er ein armer
Capitaͤn geweſen ſey. Wenn das der Fall iſt, ſagte
der Feldmarſchall, ſo will ich ihn zum reichen Capi-
taͤn machen, und fertigte ein Capitaͤns-Diplom fuͤr
ihn aus. Allein der Czar, anſtatt ſelbiges zu beſtaͤ-
tigen, machte ihn nur zum Faͤhndrich, und ſchon die-
ſes machte den armen Capitaͤn ſehr gluͤcklich.
Damals war es viel leichter, Dienſte zu erhal-
ten, als wieder los zukommen, wie man aus des Ge-
neralmajors Gordon Beyſpiele ſehen konnte, dem viel
daran gelegen war, den Dienſt zu verlaſſen, und der da-
her, ſo oft er nur konnte, um ſeine Erlaſſung, aber alles
vergebens, anhielt. Als er daher nach dem Treffen
bey Pultawa allein mit einem Commando in Pohlen
ſtand, ergriff er dieſe Gelegenheit, ließ ſeine Frau
und Toͤchter nach Pohlen kommen, und gieng mit ih-
nen nach Danzig, und von da zu Schiffe nach Schott-
land. Ein gleicher Fall trug ſich zu meiner Zeit mit
einem Rittmeiſter bey den Dragonern zu, der, nach-
dem er lange gedienet hatte, um ſeinen Abſchied anſuch-
te, und ihn zwar ohne große Schwierigkeit erhielt, aber
kein Mittel ausfuͤndig machen konnte einen Paß zu er-
halten, um aus dem Lande zu kommen, weil er beſtaͤn-
dig mit ſchoͤnen Worten abgewieſen wurde, womit ſie
ihn ſo lange aufhielten, daß er ſich endlich genoͤthiget
ſahe, Wechſelbriefe an ſeine Freunde in Deutſchland
zu ſtellen, um in Rußland leben zu koͤnnen. Die
Ruſſiſche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/142>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.