machen müssen. Wenn dieser Canal zu Stande seyn wird, so ist der Czar gesonnen, die Wolga und Wologda mit einander zu vereinigen, so daß man aus dem Caspischen in das Baltische Meer, und folg- lich nach jedem Hafen in Europa wird segeln können.
Der Sterlet- Fisch.
Vor einiger Zeit scheiterten einige Schiffe, die mit lebendigen Fischen, Sterlette genannt, nach Pe- tersburg giengen, indem sie über die Wasserfälle der Ladoga fahren wollten, wodurch die Fische ihre Frey- heit erhielten, davon einige hernach bey Cronstadt, und einer bey Stockholm gefangen, und für große Seltenheiten angesehen wurden, weil man noch nie- mals einen in diesen Seen gesehen hatte. Sie sind ohngefähr 18 Zoll lang, und von einer ihnen eigenen Gestalt. Jhr Kopf gleicht dem Kopfe eines Hechts, ist aber etwas länger, und anstatt der Schuppen, ha- ben sie eine Art Schale auf den Rücken, die der Schale einer Meer-Schildkröte ziemlich ähnlich ist, haben aber keine Gräten. Wenn sie zugerichtet wer- den, sind sie die besten Fische in der Welt, weil sie sehr fett sind und einen angenehmen Geschmack haben. Jn Petersburg kostet einer gemeiniglich einen Duca- ten. Als der Brigadier le Fort, der damals als Gefangener in Stockholm war, diesen Fisch auf dem Markte sahe, so kaufte er ihn, und bat den Fürsten Dolgoruky und den General Weyde, ebenfalls Ge- fangene, mit ihm zu Mittage zu essen, die sich denn, als dieser Fisch auf die Tafel kam, sehr wun- derten, weil sie wußten, daß er bloß im Caspischen Meere oder in der Wolga anzutreffen sey. Jch habe niemals gehöret, daß sie sich in diesen Seen fortge- pflanzet hätten.
Da
machen muͤſſen. Wenn dieſer Canal zu Stande ſeyn wird, ſo iſt der Czar geſonnen, die Wolga und Wologda mit einander zu vereinigen, ſo daß man aus dem Caspiſchen in das Baltiſche Meer, und folg- lich nach jedem Hafen in Europa wird ſegeln koͤnnen.
Der Sterlet- Fiſch.
Vor einiger Zeit ſcheiterten einige Schiffe, die mit lebendigen Fiſchen, Sterlette genannt, nach Pe- tersburg giengen, indem ſie uͤber die Waſſerfaͤlle der Ladoga fahren wollten, wodurch die Fiſche ihre Frey- heit erhielten, davon einige hernach bey Cronſtadt, und einer bey Stockholm gefangen, und fuͤr große Seltenheiten angeſehen wurden, weil man noch nie- mals einen in dieſen Seen geſehen hatte. Sie ſind ohngefaͤhr 18 Zoll lang, und von einer ihnen eigenen Geſtalt. Jhr Kopf gleicht dem Kopfe eines Hechts, iſt aber etwas laͤnger, und anſtatt der Schuppen, ha- ben ſie eine Art Schale auf den Ruͤcken, die der Schale einer Meer-Schildkroͤte ziemlich aͤhnlich iſt, haben aber keine Graͤten. Wenn ſie zugerichtet wer- den, ſind ſie die beſten Fiſche in der Welt, weil ſie ſehr fett ſind und einen angenehmen Geſchmack haben. Jn Petersburg koſtet einer gemeiniglich einen Duca- ten. Als der Brigadier le Fort, der damals als Gefangener in Stockholm war, dieſen Fiſch auf dem Markte ſahe, ſo kaufte er ihn, und bat den Fuͤrſten Dolgoruky und den General Weyde, ebenfalls Ge- fangene, mit ihm zu Mittage zu eſſen, die ſich denn, als dieſer Fiſch auf die Tafel kam, ſehr wun- derten, weil ſie wußten, daß er bloß im Caspiſchen Meere oder in der Wolga anzutreffen ſey. Jch habe niemals gehoͤret, daß ſie ſich in dieſen Seen fortge- pflanzet haͤtten.
Da
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0140"n="130"/>
machen muͤſſen. Wenn dieſer Canal zu Stande<lb/>ſeyn wird, ſo iſt der Czar geſonnen, die Wolga und<lb/>
Wologda mit einander zu vereinigen, ſo daß man<lb/>
aus dem Caspiſchen in das Baltiſche Meer, und folg-<lb/>
lich nach jedem Hafen in Europa wird ſegeln koͤnnen.</p><lb/><noteplace="left">Der Sterlet-<lb/>
Fiſch.</note><p>Vor einiger Zeit ſcheiterten einige Schiffe, die<lb/>
mit lebendigen Fiſchen, Sterlette genannt, nach Pe-<lb/>
tersburg giengen, indem ſie uͤber die Waſſerfaͤlle der<lb/>
Ladoga fahren wollten, wodurch die Fiſche ihre Frey-<lb/>
heit erhielten, davon einige hernach bey Cronſtadt,<lb/>
und einer bey Stockholm gefangen, und fuͤr große<lb/>
Seltenheiten angeſehen wurden, weil man noch nie-<lb/>
mals einen in dieſen Seen geſehen hatte. Sie ſind<lb/>
ohngefaͤhr 18 Zoll lang, und von einer ihnen eigenen<lb/>
Geſtalt. Jhr Kopf gleicht dem Kopfe eines Hechts,<lb/>
iſt aber etwas laͤnger, und anſtatt der Schuppen, ha-<lb/>
ben ſie eine Art Schale auf den Ruͤcken, die der<lb/>
Schale einer Meer-Schildkroͤte ziemlich aͤhnlich iſt,<lb/>
haben aber keine Graͤten. Wenn ſie zugerichtet wer-<lb/>
den, ſind ſie die beſten Fiſche in der Welt, weil ſie<lb/>ſehr fett ſind und einen angenehmen Geſchmack haben.<lb/>
Jn Petersburg koſtet einer gemeiniglich einen Duca-<lb/>
ten. Als der Brigadier le Fort, der damals als<lb/>
Gefangener in Stockholm war, dieſen Fiſch auf dem<lb/>
Markte ſahe, ſo kaufte er ihn, und bat den Fuͤrſten<lb/>
Dolgoruky und den General Weyde, ebenfalls Ge-<lb/>
fangene, mit ihm zu Mittage zu eſſen, die ſich<lb/>
denn, als dieſer Fiſch auf die Tafel kam, ſehr wun-<lb/>
derten, weil ſie wußten, daß er bloß im Caspiſchen<lb/>
Meere oder in der Wolga anzutreffen ſey. Jch habe<lb/>
niemals gehoͤret, daß ſie ſich in dieſen Seen fortge-<lb/>
pflanzet haͤtten.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Da</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[130/0140]
machen muͤſſen. Wenn dieſer Canal zu Stande
ſeyn wird, ſo iſt der Czar geſonnen, die Wolga und
Wologda mit einander zu vereinigen, ſo daß man
aus dem Caspiſchen in das Baltiſche Meer, und folg-
lich nach jedem Hafen in Europa wird ſegeln koͤnnen.
Vor einiger Zeit ſcheiterten einige Schiffe, die
mit lebendigen Fiſchen, Sterlette genannt, nach Pe-
tersburg giengen, indem ſie uͤber die Waſſerfaͤlle der
Ladoga fahren wollten, wodurch die Fiſche ihre Frey-
heit erhielten, davon einige hernach bey Cronſtadt,
und einer bey Stockholm gefangen, und fuͤr große
Seltenheiten angeſehen wurden, weil man noch nie-
mals einen in dieſen Seen geſehen hatte. Sie ſind
ohngefaͤhr 18 Zoll lang, und von einer ihnen eigenen
Geſtalt. Jhr Kopf gleicht dem Kopfe eines Hechts,
iſt aber etwas laͤnger, und anſtatt der Schuppen, ha-
ben ſie eine Art Schale auf den Ruͤcken, die der
Schale einer Meer-Schildkroͤte ziemlich aͤhnlich iſt,
haben aber keine Graͤten. Wenn ſie zugerichtet wer-
den, ſind ſie die beſten Fiſche in der Welt, weil ſie
ſehr fett ſind und einen angenehmen Geſchmack haben.
Jn Petersburg koſtet einer gemeiniglich einen Duca-
ten. Als der Brigadier le Fort, der damals als
Gefangener in Stockholm war, dieſen Fiſch auf dem
Markte ſahe, ſo kaufte er ihn, und bat den Fuͤrſten
Dolgoruky und den General Weyde, ebenfalls Ge-
fangene, mit ihm zu Mittage zu eſſen, die ſich
denn, als dieſer Fiſch auf die Tafel kam, ſehr wun-
derten, weil ſie wußten, daß er bloß im Caspiſchen
Meere oder in der Wolga anzutreffen ſey. Jch habe
niemals gehoͤret, daß ſie ſich in dieſen Seen fortge-
pflanzet haͤtten.
Da
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/140>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.