stalten zur Hochzeit, welche auch auf seine Kosten voll- zogen ward, wobey er selbst die Braut dem Bräuti- gam zuführte, und sagte, daß er ihm eine der tugend- haftesten Frauenzimmer übergäbe. Er begleitete die- se Worte mit sehr kostbaren Geschenken, und setzte ihr und ihren Erben jährlich 3000 Rubel aus. Die- ses Frauenzimmer wurde vom Czar und von jeder- mann, der sie nur kannte, sehr geliebt. Sie hat mir diese Geschichte, welche ich aber auch von andern gehöret habe, selbst erzählet.
Es geschehen in Moskau so viel Todtschläge,Räubereyen und Mord- thaten. daß wenig Nächte vergehen, da nicht den andern Morgen etliche Leute todt auf den Straßen gefunden werden. Die Räuber gehen in großen Parthien, und ermorden, ehe sie rauben, und dieses thun sie mit so wenig Furcht, daß sie einen Menschen vor seiner eigenen Thüre tödten. Die Furcht vor den Spitzbu- ben ist dabey so groß, daß niemand von den Nach- barn dem unglücklichen Opfer beystehet, aus Furcht, selbst ermordet zu werden, oder daß man ihm sein Haus anzünde. Dieses nöthiget also die Leute, die des Nachts auf den Straßen sind, in großen Gesell- schaften zu gehen, oder eine hinlängliche Bedeckung von Bedienten zu Pferde zu haben, die sie begleiten. Das Gewehr, dessen sich der Mörder bedienet, wird ein Dubien genannt, welches ein langer Stock mit einem runden Knopfe an einen Ende ist, der mit Ei- sen schwer gemacht wird, womit sie einen Menschen auf einen einzigen Schlag todt schlagen. Wenn es sich zuträgt, daß einer ergriffen wird, so macht ihn eine gute Summe Geld von der Bande, zu welcher er gehöret, wieder los. Es wird so gar behauptet,
daß
ſtalten zur Hochzeit, welche auch auf ſeine Koſten voll- zogen ward, wobey er ſelbſt die Braut dem Braͤuti- gam zufuͤhrte, und ſagte, daß er ihm eine der tugend- hafteſten Frauenzimmer uͤbergaͤbe. Er begleitete die- ſe Worte mit ſehr koſtbaren Geſchenken, und ſetzte ihr und ihren Erben jaͤhrlich 3000 Rubel aus. Die- ſes Frauenzimmer wurde vom Czar und von jeder- mann, der ſie nur kannte, ſehr geliebt. Sie hat mir dieſe Geſchichte, welche ich aber auch von andern gehoͤret habe, ſelbſt erzaͤhlet.
Es geſchehen in Moskau ſo viel Todtſchlaͤge,Raͤubereyen und Mord- thaten. daß wenig Naͤchte vergehen, da nicht den andern Morgen etliche Leute todt auf den Straßen gefunden werden. Die Raͤuber gehen in großen Parthien, und ermorden, ehe ſie rauben, und dieſes thun ſie mit ſo wenig Furcht, daß ſie einen Menſchen vor ſeiner eigenen Thuͤre toͤdten. Die Furcht vor den Spitzbu- ben iſt dabey ſo groß, daß niemand von den Nach- barn dem ungluͤcklichen Opfer beyſtehet, aus Furcht, ſelbſt ermordet zu werden, oder daß man ihm ſein Haus anzuͤnde. Dieſes noͤthiget alſo die Leute, die des Nachts auf den Straßen ſind, in großen Geſell- ſchaften zu gehen, oder eine hinlaͤngliche Bedeckung von Bedienten zu Pferde zu haben, die ſie begleiten. Das Gewehr, deſſen ſich der Moͤrder bedienet, wird ein Dubien genannt, welches ein langer Stock mit einem runden Knopfe an einen Ende iſt, der mit Ei- ſen ſchwer gemacht wird, womit ſie einen Menſchen auf einen einzigen Schlag todt ſchlagen. Wenn es ſich zutraͤgt, daß einer ergriffen wird, ſo macht ihn eine gute Summe Geld von der Bande, zu welcher er gehoͤret, wieder los. Es wird ſo gar behauptet,
daß
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0119"n="109"/>ſtalten zur Hochzeit, welche auch auf ſeine Koſten voll-<lb/>
zogen ward, wobey er ſelbſt die Braut dem Braͤuti-<lb/>
gam zufuͤhrte, und ſagte, daß er ihm eine der tugend-<lb/>
hafteſten Frauenzimmer uͤbergaͤbe. Er begleitete die-<lb/>ſe Worte mit ſehr koſtbaren Geſchenken, und ſetzte ihr<lb/>
und ihren Erben jaͤhrlich 3000 Rubel aus. Die-<lb/>ſes Frauenzimmer wurde vom Czar und von jeder-<lb/>
mann, der ſie nur kannte, ſehr geliebt. Sie hat<lb/>
mir dieſe Geſchichte, welche ich aber auch von andern<lb/>
gehoͤret habe, ſelbſt erzaͤhlet.</p><lb/><p>Es geſchehen in Moskau ſo viel Todtſchlaͤge,<noteplace="right">Raͤubereyen<lb/>
und Mord-<lb/>
thaten.</note><lb/>
daß wenig Naͤchte vergehen, da nicht den andern<lb/>
Morgen etliche Leute todt auf den Straßen gefunden<lb/>
werden. Die Raͤuber gehen in großen Parthien,<lb/>
und ermorden, ehe ſie rauben, und dieſes thun ſie mit<lb/>ſo wenig Furcht, daß ſie einen Menſchen vor ſeiner<lb/>
eigenen Thuͤre toͤdten. Die Furcht vor den Spitzbu-<lb/>
ben iſt dabey ſo groß, daß niemand von den Nach-<lb/>
barn dem ungluͤcklichen Opfer beyſtehet, aus Furcht,<lb/>ſelbſt ermordet zu werden, oder daß man ihm ſein<lb/>
Haus anzuͤnde. Dieſes noͤthiget alſo die Leute, die<lb/>
des Nachts auf den Straßen ſind, in großen Geſell-<lb/>ſchaften zu gehen, oder eine hinlaͤngliche Bedeckung<lb/>
von Bedienten zu Pferde zu haben, die ſie begleiten.<lb/>
Das Gewehr, deſſen ſich der Moͤrder bedienet, wird<lb/>
ein <hirendition="#fr">Dubien</hi> genannt, welches ein langer Stock mit<lb/>
einem runden Knopfe an einen Ende iſt, der mit Ei-<lb/>ſen ſchwer gemacht wird, womit ſie einen Menſchen<lb/>
auf einen einzigen Schlag todt ſchlagen. Wenn es<lb/>ſich zutraͤgt, daß einer ergriffen wird, ſo macht ihn<lb/>
eine gute Summe Geld von der Bande, zu welcher<lb/>
er gehoͤret, wieder los. Es wird ſo gar behauptet,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">daß</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[109/0119]
ſtalten zur Hochzeit, welche auch auf ſeine Koſten voll-
zogen ward, wobey er ſelbſt die Braut dem Braͤuti-
gam zufuͤhrte, und ſagte, daß er ihm eine der tugend-
hafteſten Frauenzimmer uͤbergaͤbe. Er begleitete die-
ſe Worte mit ſehr koſtbaren Geſchenken, und ſetzte ihr
und ihren Erben jaͤhrlich 3000 Rubel aus. Die-
ſes Frauenzimmer wurde vom Czar und von jeder-
mann, der ſie nur kannte, ſehr geliebt. Sie hat
mir dieſe Geſchichte, welche ich aber auch von andern
gehoͤret habe, ſelbſt erzaͤhlet.
Es geſchehen in Moskau ſo viel Todtſchlaͤge,
daß wenig Naͤchte vergehen, da nicht den andern
Morgen etliche Leute todt auf den Straßen gefunden
werden. Die Raͤuber gehen in großen Parthien,
und ermorden, ehe ſie rauben, und dieſes thun ſie mit
ſo wenig Furcht, daß ſie einen Menſchen vor ſeiner
eigenen Thuͤre toͤdten. Die Furcht vor den Spitzbu-
ben iſt dabey ſo groß, daß niemand von den Nach-
barn dem ungluͤcklichen Opfer beyſtehet, aus Furcht,
ſelbſt ermordet zu werden, oder daß man ihm ſein
Haus anzuͤnde. Dieſes noͤthiget alſo die Leute, die
des Nachts auf den Straßen ſind, in großen Geſell-
ſchaften zu gehen, oder eine hinlaͤngliche Bedeckung
von Bedienten zu Pferde zu haben, die ſie begleiten.
Das Gewehr, deſſen ſich der Moͤrder bedienet, wird
ein Dubien genannt, welches ein langer Stock mit
einem runden Knopfe an einen Ende iſt, der mit Ei-
ſen ſchwer gemacht wird, womit ſie einen Menſchen
auf einen einzigen Schlag todt ſchlagen. Wenn es
ſich zutraͤgt, daß einer ergriffen wird, ſo macht ihn
eine gute Summe Geld von der Bande, zu welcher
er gehoͤret, wieder los. Es wird ſo gar behauptet,
daß
Raͤubereyen
und Mord-
thaten.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/119>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.