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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

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zum irdischen Vergnügen in Gott.
Wenn nun diese ihren Blick auf die plumpen Geister
wenden,

Die fast nichts vom Denken wissen, und nur bloß mit
ihren Händen

Für der Reichen Wollust wirken; wie verächtlich sehn
sie sie,

Mit wie vielem Hochmuth an! Welche dumme Kreatu-
ren

Sind doch die geringen Leute! sind in ihnen doch kaum
Spuren,

Kaum ein Schatten vom Verstand, es ist nichts in sie
zu bringen,

Und sie sind zu allen Sachen mit der Strenge bloß zu
zwingen.
So vollführen beyde Theile ihren Lebenslauf auf Er-
den,

Bis sie beyde durch den Tod aus der Welt geführet
werden.
Hier nun endet sich, für uns, diese Scene. Und uns
führen

Unsre Sinnen weiter nicht. Aber sollte unser Geist
Nicht noch etwas tiefer dringen, und ein mehrers hievon
spüren,

Als der äußre Sinn uns weist?
Leitet uns ein unauslöschlichs und ein tiefes Denken
nicht

Dahin, uns nach diesem Leben, und der Dauer dieser
Zeit,

Eine ganz verschiedne Scene, gleichsam wie selbst im
Gesicht

Von denselben vorzustellen, in der fernen Ewigkeit.
Denn
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Wenn nun dieſe ihren Blick auf die plumpen Geiſter
wenden,

Die faſt nichts vom Denken wiſſen, und nur bloß mit
ihren Haͤnden

Fuͤr der Reichen Wolluſt wirken; wie veraͤchtlich ſehn
ſie ſie,

Mit wie vielem Hochmuth an! Welche dumme Kreatu-
ren

Sind doch die geringen Leute! ſind in ihnen doch kaum
Spuren,

Kaum ein Schatten vom Verſtand, es iſt nichts in ſie
zu bringen,

Und ſie ſind zu allen Sachen mit der Strenge bloß zu
zwingen.
So vollfuͤhren beyde Theile ihren Lebenslauf auf Er-
den,

Bis ſie beyde durch den Tod aus der Welt gefuͤhret
werden.
Hier nun endet ſich, fuͤr uns, dieſe Scene. Und uns
fuͤhren

Unſre Sinnen weiter nicht. Aber ſollte unſer Geiſt
Nicht noch etwas tiefer dringen, und ein mehrers hievon
ſpuͤren,

Als der aͤußre Sinn uns weiſt?
Leitet uns ein unausloͤſchlichs und ein tiefes Denken
nicht

Dahin, uns nach dieſem Leben, und der Dauer dieſer
Zeit,

Eine ganz verſchiedne Scene, gleichſam wie ſelbſt im
Geſicht

Von denſelben vorzuſtellen, in der fernen Ewigkeit.
Denn
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[493/0513] zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott. Wenn nun dieſe ihren Blick auf die plumpen Geiſter wenden, Die faſt nichts vom Denken wiſſen, und nur bloß mit ihren Haͤnden Fuͤr der Reichen Wolluſt wirken; wie veraͤchtlich ſehn ſie ſie, Mit wie vielem Hochmuth an! Welche dumme Kreatu- ren Sind doch die geringen Leute! ſind in ihnen doch kaum Spuren, Kaum ein Schatten vom Verſtand, es iſt nichts in ſie zu bringen, Und ſie ſind zu allen Sachen mit der Strenge bloß zu zwingen. So vollfuͤhren beyde Theile ihren Lebenslauf auf Er- den, Bis ſie beyde durch den Tod aus der Welt gefuͤhret werden. Hier nun endet ſich, fuͤr uns, dieſe Scene. Und uns fuͤhren Unſre Sinnen weiter nicht. Aber ſollte unſer Geiſt Nicht noch etwas tiefer dringen, und ein mehrers hievon ſpuͤren, Als der aͤußre Sinn uns weiſt? Leitet uns ein unausloͤſchlichs und ein tiefes Denken nicht Dahin, uns nach dieſem Leben, und der Dauer dieſer Zeit, Eine ganz verſchiedne Scene, gleichſam wie ſelbſt im Geſicht Von denſelben vorzuſtellen, in der fernen Ewigkeit. Denn

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/513>, abgerufen am 03.05.2024.