Sie ertragen, ohne Lindrung, allen Zorn der Jahres- zeiten, Sonder ihren mildern Einfluß und derselben Lieblichkeiten Je zu fühlen, zu genießen. Ein beständger Lebenszwang Folget ihnen auf den Fuß, und begleitet ihren Gang, Lässet sie kaum Athem holen. Er entreißet sie dem Schlummer, Wenn er ihnen noch so nöthig, und verlängert ihren Kummer. Seel und Körper ist denselben mehrentheils fast einerley, Kaum begreifen sie, ob die von dem unterschieden sey. Jhre Pflicht scheint sonst in nichts zu bestehn auf dieser Erden, Als unausgesetzt zu reden nur mit Eseln und mit Pferden, Der sie ihnen anvertrauet, hält sie meist einander gleich, Ja er hält von jenen öfters mehr, ihr Armen, als von euch.
Jhnen ist der Freyheit Schatz, der so süß ist, nicht bekannt, Und noch weniger die Freyheit am Gemüth und am Ver- stand. Alle Fähigkeit zu denken ist denselbigen verborgen, Sammt dem Nutzen und Gebrauch, alles ist nur ange- wandt, Jhre Arbeit zu erdulden, und nur bloß davor zu sorgen, Daß sie Plagen, Schmerz und Pein, Nur so wenig als es möglich, mögen ausgestellet seyn.
Nun trifft man, im Gegentheil von denselben, Menschen an, Wovon man, mit großem Recht, dieses wirklich sagen kann:
Die
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Sie ertragen, ohne Lindrung, allen Zorn der Jahres- zeiten, Sonder ihren mildern Einfluß und derſelben Lieblichkeiten Je zu fuͤhlen, zu genießen. Ein beſtaͤndger Lebenszwang Folget ihnen auf den Fuß, und begleitet ihren Gang, Laͤſſet ſie kaum Athem holen. Er entreißet ſie dem Schlummer, Wenn er ihnen noch ſo noͤthig, und verlaͤngert ihren Kummer. Seel und Koͤrper iſt denſelben mehrentheils faſt einerley, Kaum begreifen ſie, ob die von dem unterſchieden ſey. Jhre Pflicht ſcheint ſonſt in nichts zu beſtehn auf dieſer Erden, Als unausgeſetzt zu reden nur mit Eſeln und mit Pferden, Der ſie ihnen anvertrauet, haͤlt ſie meiſt einander gleich, Ja er haͤlt von jenen oͤfters mehr, ihr Armen, als von euch.
Jhnen iſt der Freyheit Schatz, der ſo ſuͤß iſt, nicht bekannt, Und noch weniger die Freyheit am Gemuͤth und am Ver- ſtand. Alle Faͤhigkeit zu denken iſt denſelbigen verborgen, Sammt dem Nutzen und Gebrauch, alles iſt nur ange- wandt, Jhre Arbeit zu erdulden, und nur bloß davor zu ſorgen, Daß ſie Plagen, Schmerz und Pein, Nur ſo wenig als es moͤglich, moͤgen ausgeſtellet ſeyn.
Nun trifft man, im Gegentheil von denſelben, Menſchen an, Wovon man, mit großem Recht, dieſes wirklich ſagen kann:
Die
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Sie ertragen, ohne Lindrung, allen Zorn der Jahres-
zeiten,
Sonder ihren mildern Einfluß und derſelben Lieblichkeiten
Je zu fuͤhlen, zu genießen. Ein beſtaͤndger Lebenszwang
Folget ihnen auf den Fuß, und begleitet ihren Gang,
Laͤſſet ſie kaum Athem holen. Er entreißet ſie dem
Schlummer,
Wenn er ihnen noch ſo noͤthig, und verlaͤngert ihren
Kummer.
Seel und Koͤrper iſt denſelben mehrentheils faſt einerley,
Kaum begreifen ſie, ob die von dem unterſchieden ſey.
Jhre Pflicht ſcheint ſonſt in nichts zu beſtehn auf dieſer
Erden,
Als unausgeſetzt zu reden nur mit Eſeln und mit Pferden,
Der ſie ihnen anvertrauet, haͤlt ſie meiſt einander gleich,
Ja er haͤlt von jenen oͤfters mehr, ihr Armen, als von
euch.
Jhnen iſt der Freyheit Schatz, der ſo ſuͤß iſt, nicht
bekannt,
Und noch weniger die Freyheit am Gemuͤth und am Ver-
ſtand.
Alle Faͤhigkeit zu denken iſt denſelbigen verborgen,
Sammt dem Nutzen und Gebrauch, alles iſt nur ange-
wandt,
Jhre Arbeit zu erdulden, und nur bloß davor zu ſorgen,
Daß ſie Plagen, Schmerz und Pein,
Nur ſo wenig als es moͤglich, moͤgen ausgeſtellet ſeyn.
Nun trifft man, im Gegentheil von denſelben,
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Wovon man, mit großem Recht, dieſes wirklich ſagen
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Die
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/511>, abgerufen am 21.11.2024.
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