So lange wir die große Kraft uns etwas vorzustellen, nicht Jn uns bedachtsam ausgebessert, so daß bey uns der Wahrheit Licht Nicht durch der Falschheit Nebel bricht, Und wir die nöthge Fertigkeit, der Dinge wirkliche Ge- stalten Wohl zu beleuchten, nicht erhalten; Wird unser Wille selten nur, so, wie wir billig wollen sollen, Um glücklich und vergnügt zu seyn, und recht zu leben, wollen wollen.
Wann aber ersteres geschicht, würd', allem Ansehn nach, in allen Der Will, aus wahrer Eigenliebe, beständig auf das Gute fallen. Ein junger Mensch ist zu bedauren, die Wollust ist ihm unbekannt, Er weis nicht, daß sie seinen Körper erschöpft, die be- sten Kräfte stielt, Jhn schwächt, und vor den Jahren alt macht, in einen kümmerlichen Stand, Sowohl an Leib als Geist, ihn stürzt: Ja so auf sein Verderben zielt, Daß sie mit marternden Geschwüren und Würmern Mark und Blut durchwühlt, Jhn aller Welt zum Scheusal macht, um Ehre, Gut und Blut ihn bringet, Und eines süßen Ehestandes Vergnügen zum Voraus ver- schlinget; Ja daß sie, damit nicht vergnügt, den Gift noch in die Kinder flößt; Ein ganz Geschlecht auf viele Jahre von regem Lebens- saft entblößt;
Durch
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
So lange wir die große Kraft uns etwas vorzuſtellen, nicht Jn uns bedachtſam ausgebeſſert, ſo daß bey uns der Wahrheit Licht Nicht durch der Falſchheit Nebel bricht, Und wir die noͤthge Fertigkeit, der Dinge wirkliche Ge- ſtalten Wohl zu beleuchten, nicht erhalten; Wird unſer Wille ſelten nur, ſo, wie wir billig wollen ſollen, Um gluͤcklich und vergnuͤgt zu ſeyn, und recht zu leben, wollen wollen.
Wann aber erſteres geſchicht, wuͤrd’, allem Anſehn nach, in allen Der Will, aus wahrer Eigenliebe, beſtaͤndig auf das Gute fallen. Ein junger Menſch iſt zu bedauren, die Wolluſt iſt ihm unbekannt, Er weis nicht, daß ſie ſeinen Koͤrper erſchoͤpft, die be- ſten Kraͤfte ſtielt, Jhn ſchwaͤcht, und vor den Jahren alt macht, in einen kuͤmmerlichen Stand, Sowohl an Leib als Geiſt, ihn ſtuͤrzt: Ja ſo auf ſein Verderben zielt, Daß ſie mit marternden Geſchwuͤren und Wuͤrmern Mark und Blut durchwuͤhlt, Jhn aller Welt zum Scheuſal macht, um Ehre, Gut und Blut ihn bringet, Und eines ſuͤßen Eheſtandes Vergnuͤgen zum Voraus ver- ſchlinget; Ja daß ſie, damit nicht vergnuͤgt, den Gift noch in die Kinder floͤßt; Ein ganz Geſchlecht auf viele Jahre von regem Lebens- ſaft entbloͤßt;
Durch
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[481/0501]
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
So lange wir die große Kraft uns etwas vorzuſtellen, nicht
Jn uns bedachtſam ausgebeſſert, ſo daß bey uns der
Wahrheit Licht
Nicht durch der Falſchheit Nebel bricht,
Und wir die noͤthge Fertigkeit, der Dinge wirkliche Ge-
ſtalten
Wohl zu beleuchten, nicht erhalten;
Wird unſer Wille ſelten nur, ſo, wie wir billig wollen
ſollen,
Um gluͤcklich und vergnuͤgt zu ſeyn, und recht zu leben,
wollen wollen.
Wann aber erſteres geſchicht, wuͤrd’, allem Anſehn
nach, in allen
Der Will, aus wahrer Eigenliebe, beſtaͤndig auf das
Gute fallen.
Ein junger Menſch iſt zu bedauren, die Wolluſt iſt ihm
unbekannt,
Er weis nicht, daß ſie ſeinen Koͤrper erſchoͤpft, die be-
ſten Kraͤfte ſtielt,
Jhn ſchwaͤcht, und vor den Jahren alt macht, in einen
kuͤmmerlichen Stand,
Sowohl an Leib als Geiſt, ihn ſtuͤrzt: Ja ſo auf ſein
Verderben zielt,
Daß ſie mit marternden Geſchwuͤren und Wuͤrmern
Mark und Blut durchwuͤhlt,
Jhn aller Welt zum Scheuſal macht, um Ehre, Gut
und Blut ihn bringet,
Und eines ſuͤßen Eheſtandes Vergnuͤgen zum Voraus ver-
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/501>, abgerufen am 22.11.2024.
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