Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.Vermischte Gedichte Da wir auf diesem Kreis der Erden Ja durch die Meynungen allein Beglücket und unglücklich werden, Vergnügt und unzufrieden seyn; Warum bestreben wir uns nicht, Da solche größten Theils im Denken, Ja in und aus uns selbst bestehn, Mit mehrerm Ernst dahin zu sehn, Sie für, nicht gegen, uns zu lenken? Die Meynung wird an keinem Ort, als in und von uns selbst, gezeuget, Es hängt bloß von uns selber ab, was uns erhebt und niederbeuget: So fodert es ja die Vernunft, und es erheischen unsre Pflichten, Nach Möglichkeit uns zu bestreben, die Meynungen wohl einzurichten, Wofern uns soll zu helfen seyn, weil von den äußerlichen Dingen Die wenigsten in unsrer Macht, sie zu verändern und zu zwingen. Jch kann mich, zum Exempel, nicht zum Grafen oder Fürsten machen: Allein es steht bey mir, die Meynung, ob könnte man nicht glücklich seyn, Als in so hohem Stand allein, Als eine Thorheit zu verlachen. So denket Polidor und ist nicht unvergnügt; Wenn N. hingegen stets von Harm und Gram besiegt, Weil er nicht nur kein Fürst, nicht einst ein Edelmann. Wer anders, als er selbst, ist Schuld daran, Daß ihm in seinem Bürgerleben Kein einzig Gut Vergnügen geben, Nichts
Vermiſchte Gedichte Da wir auf dieſem Kreis der Erden Ja durch die Meynungen allein Begluͤcket und ungluͤcklich werden, Vergnuͤgt und unzufrieden ſeyn; Warum beſtreben wir uns nicht, Da ſolche groͤßten Theils im Denken, Ja in und aus uns ſelbſt beſtehn, Mit mehrerm Ernſt dahin zu ſehn, Sie fuͤr, nicht gegen, uns zu lenken? Die Meynung wird an keinem Ort, als in und von uns ſelbſt, gezeuget, Es haͤngt bloß von uns ſelber ab, was uns erhebt und niederbeuget: So fodert es ja die Vernunft, und es erheiſchen unſre Pflichten, Nach Moͤglichkeit uns zu beſtreben, die Meynungen wohl einzurichten, Wofern uns ſoll zu helfen ſeyn, weil von den aͤußerlichen Dingen Die wenigſten in unſrer Macht, ſie zu veraͤndern und zu zwingen. Jch kann mich, zum Exempel, nicht zum Grafen oder Fuͤrſten machen: Allein es ſteht bey mir, die Meynung, ob koͤnnte man nicht gluͤcklich ſeyn, Als in ſo hohem Stand allein, Als eine Thorheit zu verlachen. So denket Polidor und iſt nicht unvergnuͤgt; Wenn N. hingegen ſtets von Harm und Gram beſiegt, Weil er nicht nur kein Fuͤrſt, nicht einſt ein Edelmann. Wer anders, als er ſelbſt, iſt Schuld daran, Daß ihm in ſeinem Buͤrgerleben Kein einzig Gut Vergnuͤgen geben, Nichts
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Vermiſchte Gedichte
Da wir auf dieſem Kreis der Erden
Ja durch die Meynungen allein
Begluͤcket und ungluͤcklich werden,
Vergnuͤgt und unzufrieden ſeyn;
Warum beſtreben wir uns nicht,
Da ſolche groͤßten Theils im Denken,
Ja in und aus uns ſelbſt beſtehn,
Mit mehrerm Ernſt dahin zu ſehn,
Sie fuͤr, nicht gegen, uns zu lenken?
Die Meynung wird an keinem Ort, als in und von uns
ſelbſt, gezeuget,
Es haͤngt bloß von uns ſelber ab, was uns erhebt und
niederbeuget:
So fodert es ja die Vernunft, und es erheiſchen unſre
Pflichten,
Nach Moͤglichkeit uns zu beſtreben, die Meynungen wohl
einzurichten,
Wofern uns ſoll zu helfen ſeyn, weil von den aͤußerlichen
Dingen
Die wenigſten in unſrer Macht, ſie zu veraͤndern und zu
zwingen.
Jch kann mich, zum Exempel, nicht zum Grafen oder
Fuͤrſten machen:
Allein es ſteht bey mir, die Meynung, ob koͤnnte man
nicht gluͤcklich ſeyn,
Als in ſo hohem Stand allein,
Als eine Thorheit zu verlachen.
So denket Polidor und iſt nicht unvergnuͤgt;
Wenn N. hingegen ſtets von Harm und Gram beſiegt,
Weil er nicht nur kein Fuͤrſt, nicht einſt ein Edelmann.
Wer anders, als er ſelbſt, iſt Schuld daran,
Daß ihm in ſeinem Buͤrgerleben
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