Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte
Und weder hassen oder lieben,
Zu allen Dingen ungeschickt. Von allem, was wir wirken
sollen,

Würd' einer wohl was wirken wollen?
Das Sprüchwort: daß ein Narr viel klüger, der sich ent-
schließt, als zwanzig Weisen,

Die sich zu nichts entschließen können, wird meines Sa-
tzes Wahrheit preisen.
A. Die Ursach, warum deine Weisen zu keinem
Entschluß sich verstehn,

Kann man, wenn man es untersuchet und recht ergrün-
det, deutlich sehn.

Es ist ihr denkender Verstand nicht von dem Guten
überführet,

Das in der Sache sich befindet, und ob es mit der
Schwierigkeit

Der Mittel eine Gleichheit habe; sonst würden sie ge-
wiß, gerühret,

Zu einem Entschluß gleichfalls eilen, ohn Aufschub, und
zu gleicher Zeit,

Fast wie ein Stein, der niederfällt, als welches nimmer
fehlen kann,

Sieht man die Sache, die man wünscht, als leicht, und
etwas Gutes, an.
B. Vom Jrrthum, welcher dich verblendet, wird
dich vielleicht am besten heilen

Ein unvergleichliches Gedicht. Voltaire soll es uns er-
theilen.


Gedan-
Vermiſchte Gedichte
Und weder haſſen oder lieben,
Zu allen Dingen ungeſchickt. Von allem, was wir wirken
ſollen,

Wuͤrd’ einer wohl was wirken wollen?
Das Spruͤchwort: daß ein Narr viel kluͤger, der ſich ent-
ſchließt, als zwanzig Weiſen,

Die ſich zu nichts entſchließen koͤnnen, wird meines Sa-
tzes Wahrheit preiſen.
A. Die Urſach, warum deine Weiſen zu keinem
Entſchluß ſich verſtehn,

Kann man, wenn man es unterſuchet und recht ergruͤn-
det, deutlich ſehn.

Es iſt ihr denkender Verſtand nicht von dem Guten
uͤberfuͤhret,

Das in der Sache ſich befindet, und ob es mit der
Schwierigkeit

Der Mittel eine Gleichheit habe; ſonſt wuͤrden ſie ge-
wiß, geruͤhret,

Zu einem Entſchluß gleichfalls eilen, ohn Aufſchub, und
zu gleicher Zeit,

Faſt wie ein Stein, der niederfaͤllt, als welches nimmer
fehlen kann,

Sieht man die Sache, die man wuͤnſcht, als leicht, und
etwas Gutes, an.
B. Vom Jrrthum, welcher dich verblendet, wird
dich vielleicht am beſten heilen

Ein unvergleichliches Gedicht. Voltaire ſoll es uns er-
theilen.


Gedan-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0480" n="460"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte</hi> </fw><lb/>
          <lg n="8">
            <l>Und weder ha&#x017F;&#x017F;en oder lieben,</l><lb/>
            <l>Zu allen Dingen unge&#x017F;chickt. Von allem, was wir wirken<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ollen,</hi></l><lb/>
            <l>Wu&#x0364;rd&#x2019; einer wohl was wirken wollen?</l><lb/>
            <l>Das Spru&#x0364;chwort: daß ein Narr viel klu&#x0364;ger, der &#x017F;ich ent-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chließt, als zwanzig Wei&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ich zu nichts ent&#x017F;chließen ko&#x0364;nnen, wird meines Sa-<lb/><hi rendition="#et">tzes Wahrheit prei&#x017F;en.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="9">
            <l><hi rendition="#aq">A.</hi> Die Ur&#x017F;ach, warum deine Wei&#x017F;en zu keinem<lb/><hi rendition="#et">Ent&#x017F;chluß &#x017F;ich ver&#x017F;tehn,</hi></l><lb/>
            <l>Kann man, wenn man es unter&#x017F;uchet und recht ergru&#x0364;n-<lb/><hi rendition="#et">det, deutlich &#x017F;ehn.</hi></l><lb/>
            <l>Es i&#x017F;t ihr denkender Ver&#x017F;tand nicht von dem Guten<lb/><hi rendition="#et">u&#x0364;berfu&#x0364;hret,</hi></l><lb/>
            <l>Das in der Sache &#x017F;ich befindet, und ob es mit der<lb/><hi rendition="#et">Schwierigkeit</hi></l><lb/>
            <l>Der Mittel eine Gleichheit habe; &#x017F;on&#x017F;t wu&#x0364;rden &#x017F;ie ge-<lb/><hi rendition="#et">wiß, geru&#x0364;hret,</hi></l><lb/>
            <l>Zu einem Ent&#x017F;chluß gleichfalls eilen, ohn Auf&#x017F;chub, und<lb/><hi rendition="#et">zu gleicher Zeit,</hi></l><lb/>
            <l>Fa&#x017F;t wie ein Stein, der niederfa&#x0364;llt, als welches nimmer<lb/><hi rendition="#et">fehlen kann,</hi></l><lb/>
            <l>Sieht man die Sache, die man wu&#x0364;n&#x017F;cht, als leicht, und<lb/><hi rendition="#et">etwas Gutes, an.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="10">
            <l><hi rendition="#aq">B.</hi> Vom Jrrthum, welcher dich verblendet, wird<lb/><hi rendition="#et">dich vielleicht am be&#x017F;ten heilen</hi></l><lb/>
            <l>Ein unvergleichliches Gedicht. Voltaire &#x017F;oll es uns er-<lb/><hi rendition="#et">theilen.</hi></l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Gedan-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[460/0480] Vermiſchte Gedichte Und weder haſſen oder lieben, Zu allen Dingen ungeſchickt. Von allem, was wir wirken ſollen, Wuͤrd’ einer wohl was wirken wollen? Das Spruͤchwort: daß ein Narr viel kluͤger, der ſich ent- ſchließt, als zwanzig Weiſen, Die ſich zu nichts entſchließen koͤnnen, wird meines Sa- tzes Wahrheit preiſen. A. Die Urſach, warum deine Weiſen zu keinem Entſchluß ſich verſtehn, Kann man, wenn man es unterſuchet und recht ergruͤn- det, deutlich ſehn. Es iſt ihr denkender Verſtand nicht von dem Guten uͤberfuͤhret, Das in der Sache ſich befindet, und ob es mit der Schwierigkeit Der Mittel eine Gleichheit habe; ſonſt wuͤrden ſie ge- wiß, geruͤhret, Zu einem Entſchluß gleichfalls eilen, ohn Aufſchub, und zu gleicher Zeit, Faſt wie ein Stein, der niederfaͤllt, als welches nimmer fehlen kann, Sieht man die Sache, die man wuͤnſcht, als leicht, und etwas Gutes, an. B. Vom Jrrthum, welcher dich verblendet, wird dich vielleicht am beſten heilen Ein unvergleichliches Gedicht. Voltaire ſoll es uns er- theilen. Gedan-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/480
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/480>, abgerufen am 26.05.2024.