Da man die Lust im Schmecken sucht, ob sie gleich mei- stens im Gesicht, Wie wenig es auch scheint, bestehet. Da wir im Willen nicht allein das eine für das andre nehmen, Nein, fast ein' eigene Person von ihm zu machen, uns bequemen, Die, was die andern Kräfte wirken, nicht nur im- oder approbirt, Nein, sondern, als allein Monarch, allein entschließet und regiert, Da er jedoch vielleicht nur bloß als eine Folge der Er- kenntniß Vom wahren oder falschen Guten, nach unsrer Phantasey Verständniß, Wie sie sichs vorstellt, anzusehn. Hievon wird man leicht überführt.
Wenn man die Wörter: von Verlangen, von Wol- len oder von Begehren Nach ihrem eigentlichen Sinn will untersuchen und er- klären, So wird man finden, daß der Jnhalt derselben meistens einerley: Fügt aber man, so wie beym Willen, bey jenen auch das Wörtchen frey; So wird ein frey Verlangen nicht, ein frey Begehren auch nicht klingen, Noch die Jdee, die man gewöhnlich vom freyen Willen hat, uns bringen. Wodurch man denn, wie die Gewalt der Wörter doch so groß sey, findet, Wenn man mit ihnen, durch Gewohnheit, Jdeen mit dem Ton verbindet.
Es
Vermiſchte Gedichte
Da man die Luſt im Schmecken ſucht, ob ſie gleich mei- ſtens im Geſicht, Wie wenig es auch ſcheint, beſtehet. Da wir im Willen nicht allein das eine fuͤr das andre nehmen, Nein, faſt ein’ eigene Perſon von ihm zu machen, uns bequemen, Die, was die andern Kraͤfte wirken, nicht nur im- oder approbirt, Nein, ſondern, als allein Monarch, allein entſchließet und regiert, Da er jedoch vielleicht nur bloß als eine Folge der Er- kenntniß Vom wahren oder falſchen Guten, nach unſrer Phantaſey Verſtaͤndniß, Wie ſie ſichs vorſtellt, anzuſehn. Hievon wird man leicht uͤberfuͤhrt.
Wenn man die Woͤrter: von Verlangen, von Wol- len oder von Begehren Nach ihrem eigentlichen Sinn will unterſuchen und er- klaͤren, So wird man finden, daß der Jnhalt derſelben meiſtens einerley: Fuͤgt aber man, ſo wie beym Willen, bey jenen auch das Woͤrtchen frey; So wird ein frey Verlangen nicht, ein frey Begehren auch nicht klingen, Noch die Jdee, die man gewoͤhnlich vom freyen Willen hat, uns bringen. Wodurch man denn, wie die Gewalt der Woͤrter doch ſo groß ſey, findet, Wenn man mit ihnen, durch Gewohnheit, Jdeen mit dem Ton verbindet.
Es
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Vermiſchte Gedichte
Da man die Luſt im Schmecken ſucht, ob ſie gleich mei-
ſtens im Geſicht,
Wie wenig es auch ſcheint, beſtehet.
Da wir im Willen nicht allein das eine fuͤr das andre
nehmen,
Nein, faſt ein’ eigene Perſon von ihm zu machen, uns
bequemen,
Die, was die andern Kraͤfte wirken, nicht nur im- oder
approbirt,
Nein, ſondern, als allein Monarch, allein entſchließet
und regiert,
Da er jedoch vielleicht nur bloß als eine Folge der Er-
kenntniß
Vom wahren oder falſchen Guten, nach unſrer Phantaſey
Verſtaͤndniß,
Wie ſie ſichs vorſtellt, anzuſehn. Hievon wird man
leicht uͤberfuͤhrt.
Wenn man die Woͤrter: von Verlangen, von Wol-
len oder von Begehren
Nach ihrem eigentlichen Sinn will unterſuchen und er-
klaͤren,
So wird man finden, daß der Jnhalt derſelben meiſtens
einerley:
Fuͤgt aber man, ſo wie beym Willen, bey jenen auch
das Woͤrtchen frey;
So wird ein frey Verlangen nicht, ein frey Begehren auch
nicht klingen,
Noch die Jdee, die man gewoͤhnlich vom freyen Willen
hat, uns bringen.
Wodurch man denn, wie die Gewalt der Woͤrter doch
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Wenn man mit ihnen, durch Gewohnheit, Jdeen mit
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/478>, abgerufen am 22.11.2024.
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