Geschwätzige Zunge, wodurch sich die Seelen, Jn stummer Beredsamkeit, nah' und entfernt, Einander ihr Wirken und Leiden erzählen! Beträchtliches Werkzeug, wodurch wir gelernt, O Wunder! die Geister mit Geistern vermählen, Gedanken verkörpern, erzeugen, erhalten, Und binden, so daß wir, auch wenn wir erkalten, Noch lange der Lebenden Stellen verwalten. Du stellest den Augen, durch Schatten und Licht, Jm Dunklen der Dinte, bey weißem Papier Jn leiblich- und sichtbaren Formen uns für, Was in dem Verborgnen der Seelen geschicht.
Ernst-
F f 4
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Die Feder.
Geſchwaͤtzige Zunge, wodurch ſich die Seelen, Jn ſtummer Beredſamkeit, nah’ und entfernt, Einander ihr Wirken und Leiden erzaͤhlen! Betraͤchtliches Werkzeug, wodurch wir gelernt, O Wunder! die Geiſter mit Geiſtern vermaͤhlen, Gedanken verkoͤrpern, erzeugen, erhalten, Und binden, ſo daß wir, auch wenn wir erkalten, Noch lange der Lebenden Stellen verwalten. Du ſtelleſt den Augen, durch Schatten und Licht, Jm Dunklen der Dinte, bey weißem Papier Jn leiblich- und ſichtbaren Formen uns fuͤr, Was in dem Verborgnen der Seelen geſchicht.
Ernſt-
F f 4
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Die Feder.
Geſchwaͤtzige Zunge, wodurch ſich die Seelen,
Jn ſtummer Beredſamkeit, nah’ und entfernt,
Einander ihr Wirken und Leiden erzaͤhlen!
Betraͤchtliches Werkzeug, wodurch wir gelernt,
O Wunder! die Geiſter mit Geiſtern vermaͤhlen,
Gedanken verkoͤrpern, erzeugen, erhalten,
Und binden, ſo daß wir, auch wenn wir erkalten,
Noch lange der Lebenden Stellen verwalten.
Du ſtelleſt den Augen, durch Schatten und Licht,
Jm Dunklen der Dinte, bey weißem Papier
Jn leiblich- und ſichtbaren Formen uns fuͤr,
Was in dem Verborgnen der Seelen geſchicht.
Ernſt-
F f 4
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/475>, abgerufen am 22.11.2024.
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