Als von denjenigen, die uns so nützlich sind und uns er- nähren. Man schlachtet viel mehr Schaf' und Ochsen, als wie wir Wölfe, Tiger, Bären Jn abgelegnen Wäldern tödten: doch sind mehr Schaf' und Ochsen da, Als Wölfe, Bären oder Tiger. Wenn man beständig unter ihnen An allen, weiblichen Geschlechts, so viele Zitz- als Jun- gen sah', So hat mir dieses allezeit was recht beträchtliches ge- schienen; Dieß trieget selten bey den Thieren, je mehr dieselbe Jungen zeugen, Je mehr sich Quellen Milch eröffnen, um ihre junge Zucht zu säugen. Jnzwischen nun, daß an den Schafen die Wolle wächst zu unserm Kleide, So spinnen uns am andern Ort die Seidenwürmer zarte Seide, Und schwächen sich nur bloß für uns. Noch mehr, wie suchen nicht die Bienen Aus Blumen süßen Saft zu saugen, um mit dem Honig uns zu dienen! Was kann verwunderlicher seyn, als wenn wir an Jn- secten spüren, Daß sie nicht die Figur allein, ihr ganzes Wesen fast, verlieren, Und sich mit schönerer Gestalt und buntgefärbten Flü- geln zieren! Was kann man herrlicher erblicken, was ist so wunder- würdig schön,
Als
Q 3
uͤber das Reich der Thiere.
Als von denjenigen, die uns ſo nuͤtzlich ſind und uns er- naͤhren. Man ſchlachtet viel mehr Schaf’ und Ochſen, als wie wir Woͤlfe, Tiger, Baͤren Jn abgelegnen Waͤldern toͤdten: doch ſind mehr Schaf’ und Ochſen da, Als Woͤlfe, Baͤren oder Tiger. Wenn man beſtaͤndig unter ihnen An allen, weiblichen Geſchlechts, ſo viele Zitz- als Jun- gen ſah’, So hat mir dieſes allezeit was recht betraͤchtliches ge- ſchienen; Dieß trieget ſelten bey den Thieren, je mehr dieſelbe Jungen zeugen, Je mehr ſich Quellen Milch eroͤffnen, um ihre junge Zucht zu ſaͤugen. Jnzwiſchen nun, daß an den Schafen die Wolle waͤchſt zu unſerm Kleide, So ſpinnen uns am andern Ort die Seidenwuͤrmer zarte Seide, Und ſchwaͤchen ſich nur bloß fuͤr uns. Noch mehr, wie ſuchen nicht die Bienen Aus Blumen ſuͤßen Saft zu ſaugen, um mit dem Honig uns zu dienen! Was kann verwunderlicher ſeyn, als wenn wir an Jn- ſecten ſpuͤren, Daß ſie nicht die Figur allein, ihr ganzes Weſen faſt, verlieren, Und ſich mit ſchoͤnerer Geſtalt und buntgefaͤrbten Fluͤ- geln zieren! Was kann man herrlicher erblicken, was iſt ſo wunder- wuͤrdig ſchoͤn,
Als
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uͤber das Reich der Thiere.
Als von denjenigen, die uns ſo nuͤtzlich ſind und uns er-
naͤhren.
Man ſchlachtet viel mehr Schaf’ und Ochſen, als wie wir
Woͤlfe, Tiger, Baͤren
Jn abgelegnen Waͤldern toͤdten: doch ſind mehr Schaf’
und Ochſen da,
Als Woͤlfe, Baͤren oder Tiger. Wenn man beſtaͤndig
unter ihnen
An allen, weiblichen Geſchlechts, ſo viele Zitz- als Jun-
gen ſah’,
So hat mir dieſes allezeit was recht betraͤchtliches ge-
ſchienen;
Dieß trieget ſelten bey den Thieren, je mehr dieſelbe
Jungen zeugen,
Je mehr ſich Quellen Milch eroͤffnen, um ihre junge
Zucht zu ſaͤugen.
Jnzwiſchen nun, daß an den Schafen die Wolle waͤchſt
zu unſerm Kleide,
So ſpinnen uns am andern Ort die Seidenwuͤrmer zarte
Seide,
Und ſchwaͤchen ſich nur bloß fuͤr uns. Noch mehr, wie
ſuchen nicht die Bienen
Aus Blumen ſuͤßen Saft zu ſaugen, um mit dem Honig
uns zu dienen!
Was kann verwunderlicher ſeyn, als wenn wir an Jn-
ſecten ſpuͤren,
Daß ſie nicht die Figur allein, ihr ganzes Weſen faſt,
verlieren,
Und ſich mit ſchoͤnerer Geſtalt und buntgefaͤrbten Fluͤ-
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Was kann man herrlicher erblicken, was iſt ſo wunder-
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/265>, abgerufen am 16.07.2024.
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