Keiner lebt, der dieser Säfte Sonderlich Gemisch versteht, Noch wie im Geschmack der Kräfte Unsre Kraft so feste geht: Ja, wie in viel tausend Bäumen, Die aus so viel Körnern keimen, Dennoch so gar mancherley Kraft, Geschmack und Anmuth sey.
Ueberhaupt wird stets gespüret, Daß der Birnen saurer Saft Nicht so scharf die Zungen rühret, Als des Apfels strengre Kraft. Jhr Gemisch vom Saur- und Süßen, Wenn wir Menschen sie genießen, Jst von einem sanftern Grad, Drum es weit mehr Lieblichs hat.
Nicht nur roh kann man im Schmecken Jn der Birnen frischem Saft Anmuth, Nutz und Lust entdecken; Wenn man durch des Feuers Kraft, Nebst Wein, Zucker, Zimmetrinden, Sie kocht, brät und dörr't; empfinden Unsre Zungen abermal Lieblichkeiten sonder Zahl.
Sonsten stimmen, an der Güldung, An Gewächs, an Farb und Schein, Mit der Aepfel Form und Bildung Birnen ziemlich überein; Außer, daß ich nur die Ründe An den Aepfeln stärker finde. Birnen sind meist spitziger, Unten dünn' und länglichter.
Wenn
L
uͤber das Reich der Pflanzen.
Keiner lebt, der dieſer Saͤfte Sonderlich Gemiſch verſteht, Noch wie im Geſchmack der Kraͤfte Unſre Kraft ſo feſte geht: Ja, wie in viel tauſend Baͤumen, Die aus ſo viel Koͤrnern keimen, Dennoch ſo gar mancherley Kraft, Geſchmack und Anmuth ſey.
Ueberhaupt wird ſtets geſpuͤret, Daß der Birnen ſaurer Saft Nicht ſo ſcharf die Zungen ruͤhret, Als des Apfels ſtrengre Kraft. Jhr Gemiſch vom Saur- und Suͤßen, Wenn wir Menſchen ſie genießen, Jſt von einem ſanftern Grad, Drum es weit mehr Lieblichs hat.
Nicht nur roh kann man im Schmecken Jn der Birnen friſchem Saft Anmuth, Nutz und Luſt entdecken; Wenn man durch des Feuers Kraft, Nebſt Wein, Zucker, Zimmetrinden, Sie kocht, braͤt und doͤrr’t; empfinden Unſre Zungen abermal Lieblichkeiten ſonder Zahl.
Sonſten ſtimmen, an der Guͤldung, An Gewaͤchs, an Farb und Schein, Mit der Aepfel Form und Bildung Birnen ziemlich uͤberein; Außer, daß ich nur die Ruͤnde An den Aepfeln ſtaͤrker finde. Birnen ſind meiſt ſpitziger, Unten duͤnn’ und laͤnglichter.
Wenn
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uͤber das Reich der Pflanzen.
Keiner lebt, der dieſer Saͤfte
Sonderlich Gemiſch verſteht,
Noch wie im Geſchmack der Kraͤfte
Unſre Kraft ſo feſte geht:
Ja, wie in viel tauſend Baͤumen,
Die aus ſo viel Koͤrnern keimen,
Dennoch ſo gar mancherley
Kraft, Geſchmack und Anmuth ſey.
Ueberhaupt wird ſtets geſpuͤret,
Daß der Birnen ſaurer Saft
Nicht ſo ſcharf die Zungen ruͤhret,
Als des Apfels ſtrengre Kraft.
Jhr Gemiſch vom Saur- und Suͤßen,
Wenn wir Menſchen ſie genießen,
Jſt von einem ſanftern Grad,
Drum es weit mehr Lieblichs hat.
Nicht nur roh kann man im Schmecken
Jn der Birnen friſchem Saft
Anmuth, Nutz und Luſt entdecken;
Wenn man durch des Feuers Kraft,
Nebſt Wein, Zucker, Zimmetrinden,
Sie kocht, braͤt und doͤrr’t; empfinden
Unſre Zungen abermal
Lieblichkeiten ſonder Zahl.
Sonſten ſtimmen, an der Guͤldung,
An Gewaͤchs, an Farb und Schein,
Mit der Aepfel Form und Bildung
Birnen ziemlich uͤberein;
Außer, daß ich nur die Ruͤnde
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Birnen ſind meiſt ſpitziger,
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/181>, abgerufen am 16.02.2025.
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