Daß an Pflanzen, wie an Thieren, Und zwar gleichfalls zweyerley, Düft- und Dünstungen zu spüren, Ja recht klar zu weisen sey, Dem wird niemand widersprechen. Aus verschiednen Pflanzen brechen Dünste, welche jedermann Fühlen, sehn und schmecken kann.
Daß nun solche Feuchtigkeiten, Die auf einigen zu sehn, Von dem Thau nicht herzuleiten, Sondern aus der Pflanz entstehn, Merkt man, weil sie fett und süße: Ferner, daß der Saft entsprieße Früh' nicht, auch im Schatten nicht, Nur im warmen Sonnenlicht.
Diese Säfte, die den Bienen, Wie es ja ein jeder weis, Sonderlich zur Nahrung dienen Bey derselben munterm Fleiß, Lassen uns zugleich im Schmecken Jhren Ursprung leicht entdecken, Da der Honig in der That Den Geschmack von Blumen hat.
Wie denn die Erfahrung zeiget, Daß das Manna solch ein Saft, Welcher aus den Blättern steiget, Und daß seine Eigenschaft Nicht, wie man vorhin gemeynet, Thau sey, ob es gleich so scheinet; Sondern es wird ausgeschwitzt, Wenn die Sonne sie erhitzt.
Gleich-
Betrachtungen
Daß an Pflanzen, wie an Thieren, Und zwar gleichfalls zweyerley, Duͤft- und Duͤnſtungen zu ſpuͤren, Ja recht klar zu weiſen ſey, Dem wird niemand widerſprechen. Aus verſchiednen Pflanzen brechen Duͤnſte, welche jedermann Fuͤhlen, ſehn und ſchmecken kann.
Daß nun ſolche Feuchtigkeiten, Die auf einigen zu ſehn, Von dem Thau nicht herzuleiten, Sondern aus der Pflanz entſtehn, Merkt man, weil ſie fett und ſuͤße: Ferner, daß der Saft entſprieße Fruͤh’ nicht, auch im Schatten nicht, Nur im warmen Sonnenlicht.
Dieſe Saͤfte, die den Bienen, Wie es ja ein jeder weis, Sonderlich zur Nahrung dienen Bey derſelben munterm Fleiß, Laſſen uns zugleich im Schmecken Jhren Urſprung leicht entdecken, Da der Honig in der That Den Geſchmack von Blumen hat.
Wie denn die Erfahrung zeiget, Daß das Manna ſolch ein Saft, Welcher aus den Blaͤttern ſteiget, Und daß ſeine Eigenſchaft Nicht, wie man vorhin gemeynet, Thau ſey, ob es gleich ſo ſcheinet; Sondern es wird ausgeſchwitzt, Wenn die Sonne ſie erhitzt.
Gleich-
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Betrachtungen
Daß an Pflanzen, wie an Thieren,
Und zwar gleichfalls zweyerley,
Duͤft- und Duͤnſtungen zu ſpuͤren,
Ja recht klar zu weiſen ſey,
Dem wird niemand widerſprechen.
Aus verſchiednen Pflanzen brechen
Duͤnſte, welche jedermann
Fuͤhlen, ſehn und ſchmecken kann.
Daß nun ſolche Feuchtigkeiten,
Die auf einigen zu ſehn,
Von dem Thau nicht herzuleiten,
Sondern aus der Pflanz entſtehn,
Merkt man, weil ſie fett und ſuͤße:
Ferner, daß der Saft entſprieße
Fruͤh’ nicht, auch im Schatten nicht,
Nur im warmen Sonnenlicht.
Dieſe Saͤfte, die den Bienen,
Wie es ja ein jeder weis,
Sonderlich zur Nahrung dienen
Bey derſelben munterm Fleiß,
Laſſen uns zugleich im Schmecken
Jhren Urſprung leicht entdecken,
Da der Honig in der That
Den Geſchmack von Blumen hat.
Wie denn die Erfahrung zeiget,
Daß das Manna ſolch ein Saft,
Welcher aus den Blaͤttern ſteiget,
Und daß ſeine Eigenſchaft
Nicht, wie man vorhin gemeynet,
Thau ſey, ob es gleich ſo ſcheinet;
Sondern es wird ausgeſchwitzt,
Wenn die Sonne ſie erhitzt.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/144>, abgerufen am 16.02.2025.
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