Ob, durch Gott, die ersten Samen Alle Bilder auf einmal Bey der Schöpfung überkamen, Oder ob derselben Zahl Jn den Elementen liege, Und sich aus denselben füge, Jst hier zu entscheiden schwer, Doch dient beydes Gott zur Ehr.
Herr, wer muß in deinen Werken Nicht ein' immer neue Spur Deiner Macht und Weisheit merken! Oft bemüht sich die Natur Selbst den Samen auszusäen, Oft muß ihn der Wind verwehen, Wenn sie, daß er leicht verfliegt, Kleine Fäser an ihn fügt.
Ja, wir finden oftermalen, Daß sie mancher Pflanzen Kind, Jn so sonderbare Schalen, Die ein rechtes Springwerk sind, Leget, draus, wenn sie zerspringen, Schnell die reife Körner dringen, Wodurch sie sie weit und breit Wunderwürdig von sich streut.
Jch bin selbst darinn vergnüget, Daß ich dieß nicht fassen kann. Alles, was in selben lieget, Seh' ich als ein Wunder an. Ja mich deucht, daß in der Nähe Jch selbst Gottes Finger sehe. Selbst das, was mir unbekannt, Zeiget mir des Schöpfers Hand.
Nicht
Betrachtungen
Ob, durch Gott, die erſten Samen Alle Bilder auf einmal Bey der Schoͤpfung uͤberkamen, Oder ob derſelben Zahl Jn den Elementen liege, Und ſich aus denſelben fuͤge, Jſt hier zu entſcheiden ſchwer, Doch dient beydes Gott zur Ehr.
Herr, wer muß in deinen Werken Nicht ein’ immer neue Spur Deiner Macht und Weisheit merken! Oft bemuͤht ſich die Natur Selbſt den Samen auszuſaͤen, Oft muß ihn der Wind verwehen, Wenn ſie, daß er leicht verfliegt, Kleine Faͤſer an ihn fuͤgt.
Ja, wir finden oftermalen, Daß ſie mancher Pflanzen Kind, Jn ſo ſonderbare Schalen, Die ein rechtes Springwerk ſind, Leget, draus, wenn ſie zerſpringen, Schnell die reife Koͤrner dringen, Wodurch ſie ſie weit und breit Wunderwuͤrdig von ſich ſtreut.
Jch bin ſelbſt darinn vergnuͤget, Daß ich dieß nicht faſſen kann. Alles, was in ſelben lieget, Seh’ ich als ein Wunder an. Ja mich deucht, daß in der Naͤhe Jch ſelbſt Gottes Finger ſehe. Selbſt das, was mir unbekannt, Zeiget mir des Schoͤpfers Hand.
Nicht
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Betrachtungen
Ob, durch Gott, die erſten Samen
Alle Bilder auf einmal
Bey der Schoͤpfung uͤberkamen,
Oder ob derſelben Zahl
Jn den Elementen liege,
Und ſich aus denſelben fuͤge,
Jſt hier zu entſcheiden ſchwer,
Doch dient beydes Gott zur Ehr.
Herr, wer muß in deinen Werken
Nicht ein’ immer neue Spur
Deiner Macht und Weisheit merken!
Oft bemuͤht ſich die Natur
Selbſt den Samen auszuſaͤen,
Oft muß ihn der Wind verwehen,
Wenn ſie, daß er leicht verfliegt,
Kleine Faͤſer an ihn fuͤgt.
Ja, wir finden oftermalen,
Daß ſie mancher Pflanzen Kind,
Jn ſo ſonderbare Schalen,
Die ein rechtes Springwerk ſind,
Leget, draus, wenn ſie zerſpringen,
Schnell die reife Koͤrner dringen,
Wodurch ſie ſie weit und breit
Wunderwuͤrdig von ſich ſtreut.
Jch bin ſelbſt darinn vergnuͤget,
Daß ich dieß nicht faſſen kann.
Alles, was in ſelben lieget,
Seh’ ich als ein Wunder an.
Ja mich deucht, daß in der Naͤhe
Jch ſelbſt Gottes Finger ſehe.
Selbſt das, was mir unbekannt,
Zeiget mir des Schoͤpfers Hand.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/138>, abgerufen am 16.02.2025.
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