Solch ein Korn, so gelblich grünet, Jst mit gelbem Staub bedeckt, Dessen Nutz, wozu er dienet, Jst bishero noch versteckt. Camerarius vermeynet, Wie es auch nicht unwahr scheinet, Es müß für die Eyerlein Ein befruchtend Sämlein seyn.
Andre, die den Blick drauf heften, Machen davon diesen Schluß: Von den Zeug- und Nahrungssäften Sey er bloß der Ueberfluß, Wovon, durch so kleine Röhren, Sich die Pflanzen selbst entleeren, Das so, wie es ausgeführt, Allgemählig sich verliert.
Was den Stylum nun belanget, Welcher, mit erhabner Zier, Mitten in der Blume pranget, Kömmt er mir nicht anders für, Als daß er uns ein Gehäuse Von dem Samen klärlich weise; Er ist, wenn man's untersucht, Schon ein Anfang von der Frucht.
Ja, wenn wir die holde Blüte, Die so angenehm, als schön, Mit erwägendem Gemüthe, Sammt derselben Nutzen sehn; Zeigt sich klärlich dem Gesichte, Daß für Samen und für Früchte, Und zu deren Schutz allein, Sie darinn gezogen seyn.
Durch
uͤber das Reich der Pflanzen.
Solch ein Korn, ſo gelblich gruͤnet, Jſt mit gelbem Staub bedeckt, Deſſen Nutz, wozu er dienet, Jſt bishero noch verſteckt. Camerarius vermeynet, Wie es auch nicht unwahr ſcheinet, Es muͤß fuͤr die Eyerlein Ein befruchtend Saͤmlein ſeyn.
Andre, die den Blick drauf heften, Machen davon dieſen Schluß: Von den Zeug- und Nahrungsſaͤften Sey er bloß der Ueberfluß, Wovon, durch ſo kleine Roͤhren, Sich die Pflanzen ſelbſt entleeren, Das ſo, wie es ausgefuͤhrt, Allgemaͤhlig ſich verliert.
Was den Stylum nun belanget, Welcher, mit erhabner Zier, Mitten in der Blume pranget, Koͤmmt er mir nicht anders fuͤr, Als daß er uns ein Gehaͤuſe Von dem Samen klaͤrlich weiſe; Er iſt, wenn man’s unterſucht, Schon ein Anfang von der Frucht.
Ja, wenn wir die holde Bluͤte, Die ſo angenehm, als ſchoͤn, Mit erwaͤgendem Gemuͤthe, Sammt derſelben Nutzen ſehn; Zeigt ſich klaͤrlich dem Geſichte, Daß fuͤr Samen und fuͤr Fruͤchte, Und zu deren Schutz allein, Sie darinn gezogen ſeyn.
Durch
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uͤber das Reich der Pflanzen.
Solch ein Korn, ſo gelblich gruͤnet,
Jſt mit gelbem Staub bedeckt,
Deſſen Nutz, wozu er dienet,
Jſt bishero noch verſteckt.
Camerarius vermeynet,
Wie es auch nicht unwahr ſcheinet,
Es muͤß fuͤr die Eyerlein
Ein befruchtend Saͤmlein ſeyn.
Andre, die den Blick drauf heften,
Machen davon dieſen Schluß:
Von den Zeug- und Nahrungsſaͤften
Sey er bloß der Ueberfluß,
Wovon, durch ſo kleine Roͤhren,
Sich die Pflanzen ſelbſt entleeren,
Das ſo, wie es ausgefuͤhrt,
Allgemaͤhlig ſich verliert.
Was den Stylum nun belanget,
Welcher, mit erhabner Zier,
Mitten in der Blume pranget,
Koͤmmt er mir nicht anders fuͤr,
Als daß er uns ein Gehaͤuſe
Von dem Samen klaͤrlich weiſe;
Er iſt, wenn man’s unterſucht,
Schon ein Anfang von der Frucht.
Ja, wenn wir die holde Bluͤte,
Die ſo angenehm, als ſchoͤn,
Mit erwaͤgendem Gemuͤthe,
Sammt derſelben Nutzen ſehn;
Zeigt ſich klaͤrlich dem Geſichte,
Daß fuͤr Samen und fuͤr Fruͤchte,
Und zu deren Schutz allein,
Sie darinn gezogen ſeyn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/131>, abgerufen am 16.02.2025.
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