Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Mancherley Vergnügen im Frühlinge. Man sieht, aus kaum zu sehnden Ritzen, Des Grases kleine starre Spitzen, Um Feld und Wiesen zu bedecken, Jn unbegreiflicher Geschwindigkeit, sich strecken. Man sieht zu anfangs, hier und dar, Fast sichtlich, an verschiednen Stellen, Aus dürrer Erden, eine Schaar Von kleinen grünen Hügeln, quellen; Die aber, eh wir es vermeynen, Sich gleichsam nähern, sich vereinen. Der trockne Zwischenstand verkleinert sich Gemach, und gleichsam sichtbarlich; Ein angenehmer grüner Schein Wird, unvermuthet, allgemein. Für wen beblühmen sich die Felder? Für wen belauben sich die Wälder? Für wen? Für dich, o Mensch! allein. Willt du denn nicht den holden Willen Des Schöpfers der Natur erfüllen, Dich Seiner Gaben nicht erfreun? Jn deiner Lust nicht dankbar seyn? Die Erde, die damit noch nicht vergnüget schien, Jn einen grünen Sammt sich einzuhüllen, Mit Klee und Gras und Kraut, für uns, sich zu beziehn, Fängt an so gar, sich zu bemühn, Durch ein nicht minder schönes Grün, Den ganzen Luft-Kreis zu erfüllen, Sich höher, als sie selbst, noch zu erstrecken, Und Bäum' und Büsch mit Blättern zu bedecken. Noch 8 Theil. D
Mancherley Vergnuͤgen im Fruͤhlinge. Man ſieht, aus kaum zu ſehnden Ritzen, Des Graſes kleine ſtarre Spitzen, Um Feld und Wieſen zu bedecken, Jn unbegreiflicher Geſchwindigkeit, ſich ſtrecken. Man ſieht zu anfangs, hier und dar, Faſt ſichtlich, an verſchiednen Stellen, Aus duͤrrer Erden, eine Schaar Von kleinen gruͤnen Huͤgeln, quellen; Die aber, eh wir es vermeynen, Sich gleichſam naͤhern, ſich vereinen. Der trockne Zwiſchenſtand verkleinert ſich Gemach, und gleichſam ſichtbarlich; Ein angenehmer gruͤner Schein Wird, unvermuthet, allgemein. Fuͤr wen bebluͤhmen ſich die Felder? Fuͤr wen belauben ſich die Waͤlder? Fuͤr wen? Fuͤr dich, o Menſch! allein. Willt du denn nicht den holden Willen Des Schoͤpfers der Natur erfuͤllen, Dich Seiner Gaben nicht erfreun? Jn deiner Luſt nicht dankbar ſeyn? Die Erde, die damit noch nicht vergnuͤget ſchien, Jn einen gruͤnen Sammt ſich einzuhuͤllen, Mit Klee und Gras und Kraut, fuͤr uns, ſich zu beziehn, Faͤngt an ſo gar, ſich zu bemuͤhn, Durch ein nicht minder ſchoͤnes Gruͤn, Den ganzen Luft-Kreis zu erfuͤllen, Sich hoͤher, als ſie ſelbſt, noch zu erſtrecken, Und Baͤum’ und Buͤſch mit Blaͤttern zu bedecken. Noch 8 Theil. D
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0063" n="49"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Mancherley Vergnuͤgen im Fruͤhlinge.</hi> </fw><lb/> <lg n="4"> <l>Man ſieht, aus kaum zu ſehnden Ritzen,</l><lb/> <l>Des Graſes kleine ſtarre Spitzen,</l><lb/> <l>Um Feld und Wieſen zu bedecken,</l><lb/> <l>Jn unbegreiflicher Geſchwindigkeit, ſich ſtrecken.</l><lb/> <l>Man ſieht zu anfangs, hier und dar,</l><lb/> <l>Faſt ſichtlich, an verſchiednen Stellen,</l><lb/> <l>Aus duͤrrer Erden, eine Schaar</l><lb/> <l>Von kleinen gruͤnen Huͤgeln, quellen;</l><lb/> <l>Die aber, eh wir es vermeynen,</l><lb/> <l>Sich gleichſam naͤhern, ſich vereinen.</l><lb/> <l>Der trockne Zwiſchenſtand verkleinert ſich</l><lb/> <l>Gemach, und gleichſam ſichtbarlich;</l><lb/> <l>Ein angenehmer gruͤner Schein</l><lb/> <l>Wird, unvermuthet, allgemein.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l> <hi rendition="#fr">Fuͤr wen bebluͤhmen ſich die Felder?</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Fuͤr wen belauben ſich die Waͤlder?</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Fuͤr wen? Fuͤr dich, o Menſch! allein.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Willt du denn nicht den holden Willen</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Des Schoͤpfers der Natur erfuͤllen,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Dich Seiner Gaben nicht erfreun?</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Jn deiner Luſt nicht dankbar ſeyn?</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Die Erde, die damit noch nicht vergnuͤget ſchien,</l><lb/> <l>Jn einen gruͤnen Sammt ſich einzuhuͤllen,</l><lb/> <l>Mit Klee und Gras und Kraut, fuͤr uns, ſich zu beziehn,</l><lb/> <l>Faͤngt an ſo gar, ſich zu bemuͤhn,</l><lb/> <l>Durch ein nicht minder ſchoͤnes Gruͤn,</l><lb/> <l>Den ganzen Luft-Kreis zu erfuͤllen,</l><lb/> <l>Sich hoͤher, als ſie ſelbſt, noch zu erſtrecken,</l><lb/> <l>Und Baͤum’ und Buͤſch mit Blaͤttern zu bedecken.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">8 Theil. D</fw> <fw place="bottom" type="catch">Noch</fw><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [49/0063]
Mancherley Vergnuͤgen im Fruͤhlinge.
Man ſieht, aus kaum zu ſehnden Ritzen,
Des Graſes kleine ſtarre Spitzen,
Um Feld und Wieſen zu bedecken,
Jn unbegreiflicher Geſchwindigkeit, ſich ſtrecken.
Man ſieht zu anfangs, hier und dar,
Faſt ſichtlich, an verſchiednen Stellen,
Aus duͤrrer Erden, eine Schaar
Von kleinen gruͤnen Huͤgeln, quellen;
Die aber, eh wir es vermeynen,
Sich gleichſam naͤhern, ſich vereinen.
Der trockne Zwiſchenſtand verkleinert ſich
Gemach, und gleichſam ſichtbarlich;
Ein angenehmer gruͤner Schein
Wird, unvermuthet, allgemein.
Fuͤr wen bebluͤhmen ſich die Felder?
Fuͤr wen belauben ſich die Waͤlder?
Fuͤr wen? Fuͤr dich, o Menſch! allein.
Willt du denn nicht den holden Willen
Des Schoͤpfers der Natur erfuͤllen,
Dich Seiner Gaben nicht erfreun?
Jn deiner Luſt nicht dankbar ſeyn?
Die Erde, die damit noch nicht vergnuͤget ſchien,
Jn einen gruͤnen Sammt ſich einzuhuͤllen,
Mit Klee und Gras und Kraut, fuͤr uns, ſich zu beziehn,
Faͤngt an ſo gar, ſich zu bemuͤhn,
Durch ein nicht minder ſchoͤnes Gruͤn,
Den ganzen Luft-Kreis zu erfuͤllen,
Sich hoͤher, als ſie ſelbſt, noch zu erſtrecken,
Und Baͤum’ und Buͤſch mit Blaͤttern zu bedecken.
Noch
8 Theil. D
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |