Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Die unerlaubte Grübeley. Aus allen Dingen, die wir sehen, Bey uns, auch in des Himmels Höhen, Faßt dieß der menschliche Verstand: Gott ist bekannt und unbekannt. Es läßt uns die Erfahrung lernen, Daß, wenn wir Jhn begreifen wollen, Jndem wir nicht thun, was wir sollen; Wir uns nur mehr von Jhm entfernen. Jn Werken wollt' Er uns Sich zeigen; Wir wollen Jhn darinn nicht sehn, Wir wollen, durch uns, zu Jhm steigen, Durch unser Wissen, das uns eigen, Uns selbst zu Seinem Thron erhöhn; Wir wollen nicht, wie Gott gewollt, Daß Jhn die Menschheit finden sollt; Nein, unser Geist soll Jhn verstehn. Wie aber kann dieß möglich seyn, Da Gott so groß, und wir so klein? Es scheint, wir können selbst verspühren, Wenn Seine Wunder uns nicht rühren, Wir, da man auf der andern Bahn Unmöglich Jhn erreichen kann, Nebst unsrer Lust, selbst Gott verlieren. Er hat, so viel wir können fassen, Sich Selbst nicht unbezeugt gelassen. Dieß ist in Seinem Werk geschehn, Aus diesem können wir Sein Wesen, Daß Er wahrhaftig sey, nun lesen, Zugleich auch Seine Weisheit sehn. Wir können, daß Er liebreich, mächtig, Unendlich heilig, herrlich prächtig, Aus
Die unerlaubte Gruͤbeley. Aus allen Dingen, die wir ſehen, Bey uns, auch in des Himmels Hoͤhen, Faßt dieß der menſchliche Verſtand: Gott iſt bekannt und unbekannt. Es laͤßt uns die Erfahrung lernen, Daß, wenn wir Jhn begreifen wollen, Jndem wir nicht thun, was wir ſollen; Wir uns nur mehr von Jhm entfernen. Jn Werken wollt’ Er uns Sich zeigen; Wir wollen Jhn darinn nicht ſehn, Wir wollen, durch uns, zu Jhm ſteigen, Durch unſer Wiſſen, das uns eigen, Uns ſelbſt zu Seinem Thron erhoͤhn; Wir wollen nicht, wie Gott gewollt, Daß Jhn die Menſchheit finden ſollt; Nein, unſer Geiſt ſoll Jhn verſtehn. Wie aber kann dieß moͤglich ſeyn, Da Gott ſo groß, und wir ſo klein? Es ſcheint, wir koͤnnen ſelbſt verſpuͤhren, Wenn Seine Wunder uns nicht ruͤhren, Wir, da man auf der andern Bahn Unmoͤglich Jhn erreichen kann, Nebſt unſrer Luſt, ſelbſt Gott verlieren. Er hat, ſo viel wir koͤnnen faſſen, Sich Selbſt nicht unbezeugt gelaſſen. Dieß iſt in Seinem Werk geſchehn, Aus dieſem koͤnnen wir Sein Weſen, Daß Er wahrhaftig ſey, nun leſen, Zugleich auch Seine Weisheit ſehn. Wir koͤnnen, daß Er liebreich, maͤchtig, Unendlich heilig, herrlich praͤchtig, Aus
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Die unerlaubte Gruͤbeley.
Aus allen Dingen, die wir ſehen,
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Faßt dieß der menſchliche Verſtand:
Gott iſt bekannt und unbekannt.
Es laͤßt uns die Erfahrung lernen,
Daß, wenn wir Jhn begreifen wollen,
Jndem wir nicht thun, was wir ſollen;
Wir uns nur mehr von Jhm entfernen.
Jn Werken wollt’ Er uns Sich zeigen;
Wir wollen Jhn darinn nicht ſehn,
Wir wollen, durch uns, zu Jhm ſteigen,
Durch unſer Wiſſen, das uns eigen,
Uns ſelbſt zu Seinem Thron erhoͤhn;
Wir wollen nicht, wie Gott gewollt,
Daß Jhn die Menſchheit finden ſollt;
Nein, unſer Geiſt ſoll Jhn verſtehn.
Wie aber kann dieß moͤglich ſeyn,
Da Gott ſo groß, und wir ſo klein?
Es ſcheint, wir koͤnnen ſelbſt verſpuͤhren,
Wenn Seine Wunder uns nicht ruͤhren,
Wir, da man auf der andern Bahn
Unmoͤglich Jhn erreichen kann,
Nebſt unſrer Luſt, ſelbſt Gott verlieren.
Er hat, ſo viel wir koͤnnen faſſen,
Sich Selbſt nicht unbezeugt gelaſſen.
Dieß iſt in Seinem Werk geſchehn,
Aus dieſem koͤnnen wir Sein Weſen,
Daß Er wahrhaftig ſey, nun leſen,
Zugleich auch Seine Weisheit ſehn.
Wir koͤnnen, daß Er liebreich, maͤchtig,
Unendlich heilig, herrlich praͤchtig,
Aus
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