Die Ypern, die auf ihren Zweigen Uns Millionen Knospen zeigen, Sehn, durch die Menge, rauch und kraus, Umnebelt und bewölket, aus; Sie mehren, in so holder Augen-Weide, Des Frühlings allgemeine Freude.
Der Erlen Knospe läßt, auf andre Weise, schön, Schon einen fetten Glanz, auf braunen Blättern, sehn Wenn, aus verschiednen Bäumen, Knospen, in grü[-] nen runden Augen, dringen, So sieht man andere, gespitzt, aus einem harten Holz entspringen, Sich bald, in mancherley Gestalten, Entwickeln und entfalten, Und in der Ründ', auf allen Seiten Vom Mittelpuncte, sich verbreiten, Allmählich überall sich strecken, Allmählich Zweig und Stamm verdecken.
ARIA.
Jhr Mütter der Blätter, so Mütter der Schatten Jhr könnet die Wohnung nicht ferner verstatten Den lieblichen Kindern, durch die ihr, gedrengt, Euch jetzo, zu unserm Vergnügen, zersprengt. Vernünftige Blicke bewundern den Segen, Der in euch, so lange, verborgen gelegen.
Allein
Augen-Luſt an Knoſpen
Die Ypern, die auf ihren Zweigen Uns Millionen Knoſpen zeigen, Sehn, durch die Menge, rauch und kraus, Umnebelt und bewoͤlket, aus; Sie mehren, in ſo holder Augen-Weide, Des Fruͤhlings allgemeine Freude.
Der Erlen Knoſpe laͤßt, auf andre Weiſe, ſchoͤn, Schon einen fetten Glanz, auf braunen Blaͤttern, ſehn Wenn, aus verſchiednen Baͤumen, Knoſpen, in gruͤ[-] nen runden Augen, dringen, So ſieht man andere, geſpitzt, aus einem harten Holz entſpringen, Sich bald, in mancherley Geſtalten, Entwickeln und entfalten, Und in der Ruͤnd’, auf allen Seiten Vom Mittelpuncte, ſich verbreiten, Allmaͤhlich uͤberall ſich ſtrecken, Allmaͤhlich Zweig und Stamm verdecken.
ARIA.
Jhr Muͤtter der Blaͤtter, ſo Muͤtter der Schatten Jhr koͤnnet die Wohnung nicht ferner verſtatten Den lieblichen Kindern, durch die ihr, gedrengt, Euch jetzo, zu unſerm Vergnuͤgen, zerſprengt. Vernuͤnftige Blicke bewundern den Segen, Der in euch, ſo lange, verborgen gelegen.
Allein
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[46/0060]
Augen-Luſt an Knoſpen
Die Ypern, die auf ihren Zweigen
Uns Millionen Knoſpen zeigen,
Sehn, durch die Menge, rauch und kraus,
Umnebelt und bewoͤlket, aus;
Sie mehren, in ſo holder Augen-Weide,
Des Fruͤhlings allgemeine Freude.
Der Erlen Knoſpe laͤßt, auf andre Weiſe, ſchoͤn,
Schon einen fetten Glanz, auf braunen Blaͤttern, ſehn
Wenn, aus verſchiednen Baͤumen, Knoſpen, in gruͤ-
nen runden Augen, dringen,
So ſieht man andere, geſpitzt, aus einem harten Holz
entſpringen,
Sich bald, in mancherley Geſtalten,
Entwickeln und entfalten,
Und in der Ruͤnd’, auf allen Seiten
Vom Mittelpuncte, ſich verbreiten,
Allmaͤhlich uͤberall ſich ſtrecken,
Allmaͤhlich Zweig und Stamm verdecken.
ARIA.
Jhr Muͤtter der Blaͤtter, ſo Muͤtter der Schatten
Jhr koͤnnet die Wohnung nicht ferner verſtatten
Den lieblichen Kindern, durch die ihr, gedrengt,
Euch jetzo, zu unſerm Vergnuͤgen, zerſprengt.
Vernuͤnftige Blicke bewundern den Segen,
Der in euch, ſo lange, verborgen gelegen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/60>, abgerufen am 16.07.2024.
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