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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

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Schlüsse der Vernunft.
"Und Er, zu Seiner Ehr', es schuff; auch bloß
(da Er die ewge Liebe)

"Die Liebe, Seiner Macht und Weisheit Geschöpf
hervorzubringen, triebe:

"So werd', ob wirs gleich nicht ergründen,
"Die ewge Liebe, Weisheit, Macht, der Herr und
Schöpfer, Mittel finden,

"Daß Er, nicht eine kurze Zeit,
"Auf dieser Kummer-reichen Erde,
"Von wenigen allein; auch dort, von allen, in der
Ewigkeit,

"Jn ewgem Wohl der Creaturen, auch ewiglich geehret
werde.

Da die Philosophi nunmehr, um Gottes Macht noch
zu erhöhn,

Ob schaff' Er immer neue Welten, in Lehren, öffentlich
gestehn;

So stell' ich dieß an seinen Ort, und möcht' es für gewiß
nicht sagen.

Doch deucht mich, daß man wenigstens hiebey, mit Recht,
wohl könne fragen:

"Ob nicht die Zeugungen der Dinge, die unauf hörlich
noch geschehn,

"Als eine Art von daurender beständgen Schöpfung
anzusehn?

"Und ob es von der Gottheit Wesen, von Seiner Lieb'
und weisen Macht,

"Nicht sey viel würdiger gedacht,
"Daß Er sie nicht vernichtigen, noch minder ewig
quälen werde?

"Da

Schluͤſſe der Vernunft.
“Und Er, zu Seiner Ehr’, es ſchuff; auch bloß
(da Er die ewge Liebe)

“Die Liebe, Seiner Macht und Weisheit Geſchoͤpf
hervorzubringen, triebe:

“So werd’, ob wirs gleich nicht ergruͤnden,
“Die ewge Liebe, Weisheit, Macht, der Herr und
Schoͤpfer, Mittel finden,

“Daß Er, nicht eine kurze Zeit,
“Auf dieſer Kummer-reichen Erde,
“Von wenigen allein; auch dort, von allen, in der
Ewigkeit,

“Jn ewgem Wohl der Creaturen, auch ewiglich geehret
werde.

Da die Philoſophi nunmehr, um Gottes Macht noch
zu erhoͤhn,

Ob ſchaff’ Er immer neue Welten, in Lehren, oͤffentlich
geſtehn;

So ſtell’ ich dieß an ſeinen Ort, und moͤcht’ es fuͤr gewiß
nicht ſagen.

Doch deucht mich, daß man wenigſtens hiebey, mit Recht,
wohl koͤnne fragen:

“Ob nicht die Zeugungen der Dinge, die unauf hoͤrlich
noch geſchehn,

“Als eine Art von daurender beſtaͤndgen Schoͤpfung
anzuſehn?

“Und ob es von der Gottheit Weſen, von Seiner Lieb’
und weiſen Macht,

“Nicht ſey viel wuͤrdiger gedacht,
“Daß Er ſie nicht vernichtigen, noch minder ewig
quaͤlen werde?

“Da
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[542/0556] Schluͤſſe der Vernunft. “Und Er, zu Seiner Ehr’, es ſchuff; auch bloß (da Er die ewge Liebe) “Die Liebe, Seiner Macht und Weisheit Geſchoͤpf hervorzubringen, triebe: “So werd’, ob wirs gleich nicht ergruͤnden, “Die ewge Liebe, Weisheit, Macht, der Herr und Schoͤpfer, Mittel finden, “Daß Er, nicht eine kurze Zeit, “Auf dieſer Kummer-reichen Erde, “Von wenigen allein; auch dort, von allen, in der Ewigkeit, “Jn ewgem Wohl der Creaturen, auch ewiglich geehret werde. Da die Philoſophi nunmehr, um Gottes Macht noch zu erhoͤhn, Ob ſchaff’ Er immer neue Welten, in Lehren, oͤffentlich geſtehn; So ſtell’ ich dieß an ſeinen Ort, und moͤcht’ es fuͤr gewiß nicht ſagen. Doch deucht mich, daß man wenigſtens hiebey, mit Recht, wohl koͤnne fragen: “Ob nicht die Zeugungen der Dinge, die unauf hoͤrlich noch geſchehn, “Als eine Art von daurender beſtaͤndgen Schoͤpfung anzuſehn? “Und ob es von der Gottheit Weſen, von Seiner Lieb’ und weiſen Macht, “Nicht ſey viel wuͤrdiger gedacht, “Daß Er ſie nicht vernichtigen, noch minder ewig quaͤlen werde? “Da

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/556>, abgerufen am 13.05.2024.