Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Bessere Anwendung unserer Seelen-Kräfte. Und, da die Dinge dieser Welt, Für uns, so sehr nicht, was sie sind, als das sind, wozu man sie macht, Und wie man sie sich vorgestellt; So sey man künftig doch bedacht, Sich das von ihnen vorzustellen, was unser Wohl vermehren kann, Und sehe nicht ein jedes Ding, von seiner schlimmen Seiten, an. "Laßt, für das gegenwärtge Gut, euch die Ge- wohnheit nicht verblenden. "Erweget ihr, daß ihr es habt; so habt ihr euer Glück in Händen: "Sonst habt ihrs, da ihrs habet, nicht. Bey dem vergangnen Guten, denkt: "Daß ihr es in der That besessen. Hat etwan euch ein Leid gekränkt, "Und es ist weg und übergangen; so freuet euch, daß es vorbey. "Vom künftgen Guten hofft und glaubt, von über- flüßgen Sorgen frey, "Daß, wenns euch nützt, das große Wesen, es euch zu geben, mächtig sey. "Gebrauchten wir der Seelen Kräft' auf diese Weis', auf dieser Erden; "Wir würden, wo nicht ganz beglückt, doch wenigstens beglückter, werden. Die
Beſſere Anwendung unſerer Seelen-Kraͤfte. Und, da die Dinge dieſer Welt, Fuͤr uns, ſo ſehr nicht, was ſie ſind, als das ſind, wozu man ſie macht, Und wie man ſie ſich vorgeſtellt; So ſey man kuͤnftig doch bedacht, Sich das von ihnen vorzuſtellen, was unſer Wohl vermehren kann, Und ſehe nicht ein jedes Ding, von ſeiner ſchlimmen Seiten, an. “Laßt, fuͤr das gegenwaͤrtge Gut, euch die Ge- wohnheit nicht verblenden. “Erweget ihr, daß ihr es habt; ſo habt ihr euer Gluͤck in Haͤnden: “Sonſt habt ihrs, da ihrs habet, nicht. Bey dem vergangnen Guten, denkt: “Daß ihr es in der That beſeſſen. Hat etwan euch ein Leid gekraͤnkt, “Und es iſt weg und uͤbergangen; ſo freuet euch, daß es vorbey. “Vom kuͤnftgen Guten hofft und glaubt, von uͤber- fluͤßgen Sorgen frey, “Daß, wenns euch nuͤtzt, das große Weſen, es euch zu geben, maͤchtig ſey. “Gebrauchten wir der Seelen Kraͤft’ auf dieſe Weiſ’, auf dieſer Erden; “Wir wuͤrden, wo nicht ganz begluͤckt, doch wenigſtens begluͤckter, werden. Die
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Beſſere Anwendung unſerer Seelen-Kraͤfte.
Und, da die Dinge dieſer Welt,
Fuͤr uns, ſo ſehr nicht, was ſie ſind, als das ſind, wozu
man ſie macht,
Und wie man ſie ſich vorgeſtellt;
So ſey man kuͤnftig doch bedacht,
Sich das von ihnen vorzuſtellen, was unſer Wohl
vermehren kann,
Und ſehe nicht ein jedes Ding, von ſeiner ſchlimmen
Seiten, an.
“Laßt, fuͤr das gegenwaͤrtge Gut, euch die Ge-
wohnheit nicht verblenden.
“Erweget ihr, daß ihr es habt; ſo habt ihr euer Gluͤck
in Haͤnden:
“Sonſt habt ihrs, da ihrs habet, nicht. Bey dem
vergangnen Guten, denkt:
“Daß ihr es in der That beſeſſen. Hat etwan euch
ein Leid gekraͤnkt,
“Und es iſt weg und uͤbergangen; ſo freuet euch, daß
es vorbey.
“Vom kuͤnftgen Guten hofft und glaubt, von uͤber-
fluͤßgen Sorgen frey,
“Daß, wenns euch nuͤtzt, das große Weſen, es euch
zu geben, maͤchtig ſey.
“Gebrauchten wir der Seelen Kraͤft’ auf dieſe Weiſ’,
auf dieſer Erden;
“Wir wuͤrden, wo nicht ganz begluͤckt, doch wenigſtens
begluͤckter, werden.
Die
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