Was Gott schreibt, das muß allgemein; Muß allen denen leserlich, Für die Er es geschrieben, seyn. Es kennt so gleich der Geist für sich Das, was er, durch die Sinnen, kennet. Das Wissen ist recht wunderbar, Das Gott uns, durch die Sinnen, gönnet. Die Wissenschaft ist allen klar; Kein metaphysisches Studieren, Kein tiefes Grübeln, braucht es hier: Der Bauer kann so gut, als wir, Was seine Sinnen rühret, spühren.
Es ist kein Kraut, kein Gras, so klein, Kein Blühmchen, und kein Laub, so zart, So winzig ist kein Staub, kein Stein, Es kann des Schöpfers Zeuge seyn. Es zeigt nicht Seine Macht allein, Und Seiner weisen Liebe Schein; Es zeigt selbst Seine Gegenwart: Jndem Er es, zusamt der Welt, Nicht nur erschuff; auch noch erhält.
Die Sonne, die am Himmel flammet, Aus welcher, was uns auf der Welt Ernähret, nützet und gefällt, Unwidersprechlich quillt und stammet, Zeigt, in dem Nutzen und der Pracht, Wie herrlich Der, Der sie gemacht.
Wenn
8 Theil. F f
Die Sprache der Natur.
Was Gott ſchreibt, das muß allgemein; Muß allen denen leſerlich, Fuͤr die Er es geſchrieben, ſeyn. Es kennt ſo gleich der Geiſt fuͤr ſich Das, was er, durch die Sinnen, kennet. Das Wiſſen iſt recht wunderbar, Das Gott uns, durch die Sinnen, goͤnnet. Die Wiſſenſchaft iſt allen klar; Kein metaphyſiſches Studieren, Kein tiefes Gruͤbeln, braucht es hier: Der Bauer kann ſo gut, als wir, Was ſeine Sinnen ruͤhret, ſpuͤhren.
Es iſt kein Kraut, kein Gras, ſo klein, Kein Bluͤhmchen, und kein Laub, ſo zart, So winzig iſt kein Staub, kein Stein, Es kann des Schoͤpfers Zeuge ſeyn. Es zeigt nicht Seine Macht allein, Und Seiner weiſen Liebe Schein; Es zeigt ſelbſt Seine Gegenwart: Jndem Er es, zuſamt der Welt, Nicht nur erſchuff; auch noch erhaͤlt.
Die Sonne, die am Himmel flammet, Aus welcher, was uns auf der Welt Ernaͤhret, nuͤtzet und gefaͤllt, Unwiderſprechlich quillt und ſtammet, Zeigt, in dem Nutzen und der Pracht, Wie herrlich Der, Der ſie gemacht.
Wenn
8 Theil. F f
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Die Sprache der Natur.
Was Gott ſchreibt, das muß allgemein;
Muß allen denen leſerlich,
Fuͤr die Er es geſchrieben, ſeyn.
Es kennt ſo gleich der Geiſt fuͤr ſich
Das, was er, durch die Sinnen, kennet.
Das Wiſſen iſt recht wunderbar,
Das Gott uns, durch die Sinnen, goͤnnet.
Die Wiſſenſchaft iſt allen klar;
Kein metaphyſiſches Studieren,
Kein tiefes Gruͤbeln, braucht es hier:
Der Bauer kann ſo gut, als wir,
Was ſeine Sinnen ruͤhret, ſpuͤhren.
Es iſt kein Kraut, kein Gras, ſo klein,
Kein Bluͤhmchen, und kein Laub, ſo zart,
So winzig iſt kein Staub, kein Stein,
Es kann des Schoͤpfers Zeuge ſeyn.
Es zeigt nicht Seine Macht allein,
Und Seiner weiſen Liebe Schein;
Es zeigt ſelbſt Seine Gegenwart:
Jndem Er es, zuſamt der Welt,
Nicht nur erſchuff; auch noch erhaͤlt.
Die Sonne, die am Himmel flammet,
Aus welcher, was uns auf der Welt
Ernaͤhret, nuͤtzet und gefaͤllt,
Unwiderſprechlich quillt und ſtammet,
Zeigt, in dem Nutzen und der Pracht,
Wie herrlich Der, Der ſie gemacht.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/463>, abgerufen am 03.12.2024.
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