An jedem Abend wird die Welt von uns, und wir von ihr, verlassen: Sie nützt uns nicht; die ganze Pracht und Schönheit ist, für uns, nicht schön. Die Menschen wollen uns nicht länger, und wir diesel- ben auch nicht, sehn. Die besten Freunde scheiden sich: sie scheinen, uns; wir sie, zu hassen. Wir werden Sinnen-los; verlieren Geschmack, Geruch, Gehör, Gesicht, Nebst allen ihren Gegenwürfen, als Speisen, Bluhmen, Klang und Licht.
Wir leben, wo wir anders leben, so dann, nur von der Luft allein. Kein Armer, wenn er schläft, ist arm: Ein Reicher hört auf, reich zu seyn. Ein König ist kein König mehr; Ehr', Ansehn, Schätz' und Zepter schwinden: Ein Bettler kann, in seinem Traum, den Thron, den der verlohren, finden. Denn, wird man einen Reichen reich, so lang er schläft, mit Recht, wohl nennen? Noch einen Armen wirklich arm, wenn er nicht wachet, heissen können?
"Da
Betraͤchtlicher Troſt fuͤr Ungluͤckliche und Arme.
An jedem Abend wird die Welt von uns, und wir von ihr, verlaſſen: Sie nuͤtzt uns nicht; die ganze Pracht und Schoͤnheit iſt, fuͤr uns, nicht ſchoͤn. Die Menſchen wollen uns nicht laͤnger, und wir dieſel- ben auch nicht, ſehn. Die beſten Freunde ſcheiden ſich: ſie ſcheinen, uns; wir ſie, zu haſſen. Wir werden Sinnen-los; verlieren Geſchmack, Geruch, Gehoͤr, Geſicht, Nebſt allen ihren Gegenwuͤrfen, als Speiſen, Bluhmen, Klang und Licht.
Wir leben, wo wir anders leben, ſo dann, nur von der Luft allein. Kein Armer, wenn er ſchlaͤft, iſt arm: Ein Reicher hoͤrt auf, reich zu ſeyn. Ein Koͤnig iſt kein Koͤnig mehr; Ehr’, Anſehn, Schaͤtz’ und Zepter ſchwinden: Ein Bettler kann, in ſeinem Traum, den Thron, den der verlohren, finden. Denn, wird man einen Reichen reich, ſo lang er ſchlaͤft, mit Recht, wohl nennen? Noch einen Armen wirklich arm, wenn er nicht wachet, heiſſen koͤnnen?
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Betraͤchtlicher
Troſt fuͤr Ungluͤckliche und Arme.
An jedem Abend wird die Welt von uns, und wir
von ihr, verlaſſen:
Sie nuͤtzt uns nicht; die ganze Pracht und Schoͤnheit
iſt, fuͤr uns, nicht ſchoͤn.
Die Menſchen wollen uns nicht laͤnger, und wir dieſel-
ben auch nicht, ſehn.
Die beſten Freunde ſcheiden ſich: ſie ſcheinen, uns;
wir ſie, zu haſſen.
Wir werden Sinnen-los; verlieren Geſchmack, Geruch,
Gehoͤr, Geſicht,
Nebſt allen ihren Gegenwuͤrfen, als Speiſen, Bluhmen,
Klang und Licht.
Wir leben, wo wir anders leben, ſo dann, nur von der
Luft allein.
Kein Armer, wenn er ſchlaͤft, iſt arm: Ein Reicher
hoͤrt auf, reich zu ſeyn.
Ein Koͤnig iſt kein Koͤnig mehr; Ehr’, Anſehn, Schaͤtz’
und Zepter ſchwinden:
Ein Bettler kann, in ſeinem Traum, den Thron, den der
verlohren, finden.
Denn, wird man einen Reichen reich, ſo lang er ſchlaͤft,
mit Recht, wohl nennen?
Noch einen Armen wirklich arm, wenn er nicht wachet,
heiſſen koͤnnen?
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/458>, abgerufen am 21.11.2024.
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