Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Betracht. über die Nat. des Lichts u. der Wärme.
Die Er, in dem Drehn der Erde, uns allein zum Nutzen
zeigt?

Das wahrhaftig solch ein Wunder, so das Denken
übersteigt.

Ein so schreckliches Gewicht in so richtger Ordnung führen,
Einen solchen großen Körper wohl und Regel-recht regieren,
Daß er alle Tage sich zu und von der Sonne dreht,
Und zugleich, durch die Bewegung, jährlich um dieselbe
geht,

Zeiget Macht und Lieb' und Weisheit, um so mehr
und deutlich, an,

Als der Thier' und Pflanzen Reich nimmer sich erhalten
kann,

Wenn die richtige Bewegung unserm Erd-Kreiß fehlen
sollte,

Und sie nicht in steter Ordnung, sondern wild und flüch-
tig, rollte.
Da der Sonne wärmend Licht so nothwendig allen
Dingen,

Und dennoch, wenn ihre Strahlen stets auf eine Stelle
dringen,

Alle Dinge gleich verkommen, sterben müßten, und
vergehn;

Welches jetzt behindert wird durch das ungehemmte Drehn:
So [e]rwege man doch oft, zu des großen Schöpfers Ehre,
Welche Weisheit, welche Liebe, welche Macht, dazu gehöre,
Ausser Sonn' und Welt zu schaffen, durch so weisliches
Verwalten,

Das so einst erschaffen worden, unverrücket zu erhalten.
Dieß Erhalten zu betrachten, dieses Wunder zu ermessen,
Müsen wir, zu dieser Zeit, voll Bewundrung, nicht
vergessen.
Wann
Z 5
Betracht. uͤber die Nat. des Lichts u. der Waͤrme.
Die Er, in dem Drehn der Erde, uns allein zum Nutzen
zeigt?

Das wahrhaftig ſolch ein Wunder, ſo das Denken
uͤberſteigt.

Ein ſo ſchreckliches Gewicht in ſo richtger Ordnung fuͤhren,
Einen ſolchen großen Koͤrper wohl und Regel-recht regieren,
Daß er alle Tage ſich zu und von der Sonne dreht,
Und zugleich, durch die Bewegung, jaͤhrlich um dieſelbe
geht,

Zeiget Macht und Lieb’ und Weisheit, um ſo mehr
und deutlich, an,

Als der Thier’ und Pflanzen Reich nimmer ſich erhalten
kann,

Wenn die richtige Bewegung unſerm Erd-Kreiß fehlen
ſollte,

Und ſie nicht in ſteter Ordnung, ſondern wild und fluͤch-
tig, rollte.
Da der Sonne waͤrmend Licht ſo nothwendig allen
Dingen,

Und dennoch, wenn ihre Strahlen ſtets auf eine Stelle
dringen,

Alle Dinge gleich verkommen, ſterben muͤßten, und
vergehn;

Welches jetzt behindert wird durch das ungehemmte Drehn:
So [e]rwege man doch oft, zu des großen Schoͤpfers Ehre,
Welche Weisheit, welche Liebe, welche Macht, dazu gehoͤre,
Auſſer Sonn’ und Welt zu ſchaffen, durch ſo weisliches
Verwalten,

Das ſo einſt erſchaffen worden, unverruͤcket zu erhalten.
Dieß Erhalten zu betrachten, dieſes Wunder zu ermeſſen,
Muͤſen wir, zu dieſer Zeit, voll Bewundrung, nicht
vergeſſen.
Wann
Z 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0375" n="361"/>
              <fw place="top" type="header">Betracht. u&#x0364;ber die Nat. des Lichts u. der Wa&#x0364;rme.</fw><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Die Er, in dem Drehn der Erde, uns allein zum Nutzen<lb/><hi rendition="#et">zeigt?</hi></l><lb/>
                <l>Das wahrhaftig &#x017F;olch ein Wunder, &#x017F;o das Denken<lb/><hi rendition="#et">u&#x0364;ber&#x017F;teigt.</hi></l><lb/>
                <l>Ein &#x017F;o &#x017F;chreckliches Gewicht in &#x017F;o richtger Ordnung fu&#x0364;hren,</l><lb/>
                <l>Einen &#x017F;olchen großen Ko&#x0364;rper wohl und Regel-recht regieren,</l><lb/>
                <l>Daß er alle Tage &#x017F;ich zu und von der Sonne dreht,</l><lb/>
                <l>Und zugleich, durch die Bewegung, ja&#x0364;hrlich um die&#x017F;elbe<lb/><hi rendition="#et">geht,</hi></l><lb/>
                <l>Zeiget <hi rendition="#fr">Macht</hi> und <hi rendition="#fr">Lieb&#x2019;</hi> und <hi rendition="#fr">Weisheit,</hi> um &#x017F;o mehr<lb/><hi rendition="#et">und deutlich, an,</hi></l><lb/>
                <l>Als der Thier&#x2019; und Pflanzen Reich nimmer &#x017F;ich erhalten<lb/><hi rendition="#et">kann,</hi></l><lb/>
                <l>Wenn die richtige Bewegung un&#x017F;erm Erd-Kreiß fehlen<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ollte,</hi></l><lb/>
                <l>Und &#x017F;ie nicht in &#x017F;teter Ordnung, &#x017F;ondern wild und flu&#x0364;ch-<lb/><hi rendition="#et">tig, rollte.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Da der Sonne wa&#x0364;rmend Licht &#x017F;o nothwendig allen<lb/><hi rendition="#et">Dingen,</hi></l><lb/>
                <l>Und dennoch, wenn ihre Strahlen &#x017F;tets auf eine Stelle<lb/><hi rendition="#et">dringen,</hi></l><lb/>
                <l>Alle Dinge gleich verkommen, &#x017F;terben mu&#x0364;ßten, und<lb/><hi rendition="#et">vergehn;</hi></l><lb/>
                <l>Welches jetzt behindert wird durch das ungehemmte Drehn:</l><lb/>
                <l>So <supplied>e</supplied>rwege man doch oft, zu des großen Scho&#x0364;pfers Ehre,</l><lb/>
                <l>Welche Weisheit, welche Liebe, welche Macht, dazu geho&#x0364;re,</l><lb/>
                <l>Au&#x017F;&#x017F;er Sonn&#x2019; und Welt zu &#x017F;chaffen, durch &#x017F;o weisliches<lb/><hi rendition="#et">Verwalten,</hi></l><lb/>
                <l>Das &#x017F;o ein&#x017F;t er&#x017F;chaffen worden, unverru&#x0364;cket zu erhalten.</l><lb/>
                <l>Dieß Erhalten zu betrachten, die&#x017F;es Wunder zu erme&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Mu&#x0364;&#x017F;en wir, zu die&#x017F;er Zeit, voll Bewundrung, nicht<lb/><hi rendition="#et">verge&#x017F;&#x017F;en.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">Z 5</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Wann</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[361/0375] Betracht. uͤber die Nat. des Lichts u. der Waͤrme. Die Er, in dem Drehn der Erde, uns allein zum Nutzen zeigt? Das wahrhaftig ſolch ein Wunder, ſo das Denken uͤberſteigt. Ein ſo ſchreckliches Gewicht in ſo richtger Ordnung fuͤhren, Einen ſolchen großen Koͤrper wohl und Regel-recht regieren, Daß er alle Tage ſich zu und von der Sonne dreht, Und zugleich, durch die Bewegung, jaͤhrlich um dieſelbe geht, Zeiget Macht und Lieb’ und Weisheit, um ſo mehr und deutlich, an, Als der Thier’ und Pflanzen Reich nimmer ſich erhalten kann, Wenn die richtige Bewegung unſerm Erd-Kreiß fehlen ſollte, Und ſie nicht in ſteter Ordnung, ſondern wild und fluͤch- tig, rollte. Da der Sonne waͤrmend Licht ſo nothwendig allen Dingen, Und dennoch, wenn ihre Strahlen ſtets auf eine Stelle dringen, Alle Dinge gleich verkommen, ſterben muͤßten, und vergehn; Welches jetzt behindert wird durch das ungehemmte Drehn: So erwege man doch oft, zu des großen Schoͤpfers Ehre, Welche Weisheit, welche Liebe, welche Macht, dazu gehoͤre, Auſſer Sonn’ und Welt zu ſchaffen, durch ſo weisliches Verwalten, Das ſo einſt erſchaffen worden, unverruͤcket zu erhalten. Dieß Erhalten zu betrachten, dieſes Wunder zu ermeſſen, Muͤſen wir, zu dieſer Zeit, voll Bewundrung, nicht vergeſſen. Wann Z 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/375
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/375>, abgerufen am 22.11.2024.