Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Betracht. göttl. Gegenwart bey Bluhmen. Und dieß ist ja Sein wahres Wesen. Du kannst, wo du vernünftig bist, Ganz deutlich, daß, und was, Er ist, Auf allen meinen Blättern lesen. Die Stimm' und diese schöne Schrift, Die meiner Seelen Jnnres trifft, Bringt mich zu einer Seelen-Stille. Jch fühle, wie dieß stille Denken, Mich in Jhn Selber zu versenken, Mir Fähigkeit und Anlaß giebt. Jch fühle, wie mein ganz Gemüthe, Jm holden Ausbruch Seiner Güte/ Jn Furcht und Lust, Jhn ehrt und liebt. Es wächst mein kindliches Vertrauen, Wenn die gerührte Seele denkt: Der Bluhmen kleidet, nährt und tränkt, Der sie formiert, der mir sie schenkt, Wird auch auf meinen Zustand schauen. Die nahe Gegenwart erregt Noch ferner, da ich Sein mich freue, Mein Herz Sein Daseyn überlegt; Daß ich, was Jhm mißfällig, scheue. Wer einen Kaiser in der Nähe, Und bey sich gegenwärtig, sähe; Der würde ja, nach seinen Pflichten, Jhm nichts Mißfälliges verrichten. Wenn ich dann Gottes Näh' und Grösse, Bey Bluhmen, die Er schuff, ermesse; Wie sollt' ich Seiner mich nicht freuen? Wie sollt' ich nicht die Laster scheuen? Auf B 3
Betracht. goͤttl. Gegenwart bey Bluhmen. Und dieß iſt ja Sein wahres Weſen. Du kannſt, wo du vernuͤnftig biſt, Ganz deutlich, daß, und was, Er iſt, Auf allen meinen Blaͤttern leſen. Die Stimm’ und dieſe ſchoͤne Schrift, Die meiner Seelen Jnnres trifft, Bringt mich zu einer Seelen-Stille. Jch fuͤhle, wie dieß ſtille Denken, Mich in Jhn Selber zu verſenken, Mir Faͤhigkeit und Anlaß giebt. Jch fuͤhle, wie mein ganz Gemuͤthe, Jm holden Ausbruch Seiner Guͤte/ Jn Furcht und Luſt, Jhn ehrt und liebt. Es waͤchſt mein kindliches Vertrauen, Wenn die geruͤhrte Seele denkt: Der Bluhmen kleidet, naͤhrt und traͤnkt, Der ſie formiert, der mir ſie ſchenkt, Wird auch auf meinen Zuſtand ſchauen. Die nahe Gegenwart erregt Noch ferner, da ich Sein mich freue, Mein Herz Sein Daſeyn uͤberlegt; Daß ich, was Jhm mißfaͤllig, ſcheue. Wer einen Kaiſer in der Naͤhe, Und bey ſich gegenwaͤrtig, ſaͤhe; Der wuͤrde ja, nach ſeinen Pflichten, Jhm nichts Mißfaͤlliges verrichten. Wenn ich dann Gottes Naͤh’ und Groͤſſe, Bey Bluhmen, die Er ſchuff, ermeſſe; Wie ſollt’ ich Seiner mich nicht freuen? Wie ſollt’ ich nicht die Laſter ſcheuen? Auf B 3
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Betracht. goͤttl. Gegenwart bey Bluhmen.
Und dieß iſt ja Sein wahres Weſen.
Du kannſt, wo du vernuͤnftig biſt,
Ganz deutlich, daß, und was, Er iſt,
Auf allen meinen Blaͤttern leſen.
Die Stimm’ und dieſe ſchoͤne Schrift,
Die meiner Seelen Jnnres trifft,
Bringt mich zu einer Seelen-Stille.
Jch fuͤhle, wie dieß ſtille Denken,
Mich in Jhn Selber zu verſenken,
Mir Faͤhigkeit und Anlaß giebt.
Jch fuͤhle, wie mein ganz Gemuͤthe,
Jm holden Ausbruch Seiner Guͤte/
Jn Furcht und Luſt, Jhn ehrt und liebt.
Es waͤchſt mein kindliches Vertrauen,
Wenn die geruͤhrte Seele denkt:
Der Bluhmen kleidet, naͤhrt und traͤnkt,
Der ſie formiert, der mir ſie ſchenkt,
Wird auch auf meinen Zuſtand ſchauen.
Die nahe Gegenwart erregt
Noch ferner, da ich Sein mich freue,
Mein Herz Sein Daſeyn uͤberlegt;
Daß ich, was Jhm mißfaͤllig, ſcheue.
Wer einen Kaiſer in der Naͤhe,
Und bey ſich gegenwaͤrtig, ſaͤhe;
Der wuͤrde ja, nach ſeinen Pflichten,
Jhm nichts Mißfaͤlliges verrichten.
Wenn ich dann Gottes Naͤh’ und Groͤſſe,
Bey Bluhmen, die Er ſchuff, ermeſſe;
Wie ſollt’ ich Seiner mich nicht freuen?
Wie ſollt’ ich nicht die Laſter ſcheuen?
Auf
B 3
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