"Daß wir ihn auch, als Sein Geschöpf, stets zu be- trachten, schuldig seyn, "Und uns, mit allem Ernst, bestreben, an ihm den Lie- bes-Dienst zu üben, "Den wir an Gott nicht üben können. So laßt uns dann den Nächsten lieben! Es fußt sich, auf die zwey Gebote, die ganze Sitten-Lehr' allein.
Es scheint, wenn man es untersuchet, daß man fast überzeuglich findet, "Daß unsre, mit des Nächsten Liebe, in Gottes Liebe, sich verbindet; "Und daß, zu unserm eignen Besten, nach ganz untrieg- lich wahren Schlüssen, "Sie, aus der seligen Bewundrung des Schöpfers in den Werken, fliessen.
"So überlege doch ein jeder, mit einem seligen Er- wegen, "Wie viel, an dieser großen Wahrheit, dem mensch- lichen Geschlecht gelegen. "Wofern man diesen Zweck verläßt, und von der Absicht sich entfernt; "So weiß ich nicht, woher man doch, vom Licht und Adel unsrer Seelen "Sowohl, als auch von ihrer Dauer, so viel Vortreff- liches erzählen, "Jhr herrlichs Vorzugs-Recht erweisen, ein ewigs Leben glauben lernt.
"Will
Neu-Jahrs-Gedichte,
“Daß wir ihn auch, als Sein Geſchoͤpf, ſtets zu be- trachten, ſchuldig ſeyn, “Und uns, mit allem Ernſt, beſtreben, an ihm den Lie- bes-Dienſt zu uͤben, “Den wir an Gott nicht uͤben koͤnnen. So laßt uns dann den Naͤchſten lieben! Es fußt ſich, auf die zwey Gebote, die ganze Sitten-Lehr’ allein.
Es ſcheint, wenn man es unterſuchet, daß man faſt uͤberzeuglich findet, “Daß unſre, mit des Naͤchſten Liebe, in Gottes Liebe, ſich verbindet; “Und daß, zu unſerm eignen Beſten, nach ganz untrieg- lich wahren Schluͤſſen, “Sie, aus der ſeligen Bewundrung des Schoͤpfers in den Werken, flieſſen.
“So uͤberlege doch ein jeder, mit einem ſeligen Er- wegen, “Wie viel, an dieſer großen Wahrheit, dem menſch- lichen Geſchlecht gelegen. “Wofern man dieſen Zweck verlaͤßt, und von der Abſicht ſich entfernt; “So weiß ich nicht, woher man doch, vom Licht und Adel unſrer Seelen “Sowohl, als auch von ihrer Dauer, ſo viel Vortreff- liches erzaͤhlen, “Jhr herrlichs Vorzugs-Recht erweiſen, ein ewigs Leben glauben lernt.
“Will
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Neu-Jahrs-Gedichte,
“Daß wir ihn auch, als Sein Geſchoͤpf, ſtets zu be-
trachten, ſchuldig ſeyn,
“Und uns, mit allem Ernſt, beſtreben, an ihm den Lie-
bes-Dienſt zu uͤben,
“Den wir an Gott nicht uͤben koͤnnen. So laßt uns
dann den Naͤchſten lieben!
Es fußt ſich, auf die zwey Gebote, die ganze Sitten-Lehr’
allein.
Es ſcheint, wenn man es unterſuchet, daß man faſt
uͤberzeuglich findet,
“Daß unſre, mit des Naͤchſten Liebe, in Gottes Liebe,
ſich verbindet;
“Und daß, zu unſerm eignen Beſten, nach ganz untrieg-
lich wahren Schluͤſſen,
“Sie, aus der ſeligen Bewundrung des Schoͤpfers in
den Werken, flieſſen.
“So uͤberlege doch ein jeder, mit einem ſeligen Er-
wegen,
“Wie viel, an dieſer großen Wahrheit, dem menſch-
lichen Geſchlecht gelegen.
“Wofern man dieſen Zweck verlaͤßt, und von der
Abſicht ſich entfernt;
“So weiß ich nicht, woher man doch, vom Licht und
Adel unſrer Seelen
“Sowohl, als auch von ihrer Dauer, ſo viel Vortreff-
liches erzaͤhlen,
“Jhr herrlichs Vorzugs-Recht erweiſen, ein ewigs Leben
glauben lernt.
“Will
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/342>, abgerufen am 17.07.2024.
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