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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

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auf das 1740ste Jahr.
Durch alle Körper, die nicht denken, von allen Sonnen,
allen Erden,

Kann Gottes Allmacht nicht erkannt, bewundert, ange-
betet werden.

Wenn kein vernünftger Geist in ihnen;
Kann bloß ihr Daseyn ihm nicht dienen.
Sie werden ihren großen Schöpfer und Herrn so wenig,
als ein Stein,

Zu ehren, zu erhöhn, zu lieben, und zu bewundern,
fähig seyn.

Wer kann dieß leugnen? Keine Seele, kein Christ, kein
Jude. Ja selbst Heiden

Und Türken müssen dieß gestehn,
Daß Gott dem Menschen Weisheit gab, um, durch Ver-
stand, zu unterscheiden,

Und, durch die Creatur, zu finden: "Es sey ein Gott;
und auch zugleich,

"Weil Er, an Vollenkommenheiten, vor allen Creaturen,
reich,

"Er sey zu ehren, anzubeten; Er sey zu lieben und
zu loben.

"Und, weil, in Seiner Creatur, sich Seine Eigenschaften
weisen,

"Sey Er in ihnen zu betrachten, und, in Bewunderung,
zu preisen:

"Durch sie, da sie Jhn offenbahren, sey Er am würdigsten
erhoben.
War dieß nun, wie es nicht zu leugnen, des ersten
Menschen Zweck und Pflicht,

Wozu er bloß allein erschaffen; so leugnet, hoff' ich,
keiner nicht,
Daß
8 Theil. X
auf das 1740ſte Jahr.
Durch alle Koͤrper, die nicht denken, von allen Sonnen,
allen Erden,

Kann Gottes Allmacht nicht erkannt, bewundert, ange-
betet werden.

Wenn kein vernuͤnftger Geiſt in ihnen;
Kann bloß ihr Daſeyn ihm nicht dienen.
Sie werden ihren großen Schoͤpfer und Herrn ſo wenig,
als ein Stein,

Zu ehren, zu erhoͤhn, zu lieben, und zu bewundern,
faͤhig ſeyn.

Wer kann dieß leugnen? Keine Seele, kein Chriſt, kein
Jude. Ja ſelbſt Heiden

Und Tuͤrken muͤſſen dieß geſtehn,
Daß Gott dem Menſchen Weisheit gab, um, durch Ver-
ſtand, zu unterſcheiden,

Und, durch die Creatur, zu finden: “Es ſey ein Gott;
und auch zugleich,

“Weil Er, an Vollenkommenheiten, vor allen Creaturen,
reich,

“Er ſey zu ehren, anzubeten; Er ſey zu lieben und
zu loben.

“Und, weil, in Seiner Creatur, ſich Seine Eigenſchaften
weiſen,

“Sey Er in ihnen zu betrachten, und, in Bewunderung,
zu preiſen:

“Durch ſie, da ſie Jhn offenbahren, ſey Er am wuͤrdigſten
erhoben.
War dieß nun, wie es nicht zu leugnen, des erſten
Menſchen Zweck und Pflicht,

Wozu er bloß allein erſchaffen; ſo leugnet, hoff’ ich,
keiner nicht,
Daß
8 Theil. X
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[321/0335] auf das 1740ſte Jahr. Durch alle Koͤrper, die nicht denken, von allen Sonnen, allen Erden, Kann Gottes Allmacht nicht erkannt, bewundert, ange- betet werden. Wenn kein vernuͤnftger Geiſt in ihnen; Kann bloß ihr Daſeyn ihm nicht dienen. Sie werden ihren großen Schoͤpfer und Herrn ſo wenig, als ein Stein, Zu ehren, zu erhoͤhn, zu lieben, und zu bewundern, faͤhig ſeyn. Wer kann dieß leugnen? Keine Seele, kein Chriſt, kein Jude. Ja ſelbſt Heiden Und Tuͤrken muͤſſen dieß geſtehn, Daß Gott dem Menſchen Weisheit gab, um, durch Ver- ſtand, zu unterſcheiden, Und, durch die Creatur, zu finden: “Es ſey ein Gott; und auch zugleich, “Weil Er, an Vollenkommenheiten, vor allen Creaturen, reich, “Er ſey zu ehren, anzubeten; Er ſey zu lieben und zu loben. “Und, weil, in Seiner Creatur, ſich Seine Eigenſchaften weiſen, “Sey Er in ihnen zu betrachten, und, in Bewunderung, zu preiſen: “Durch ſie, da ſie Jhn offenbahren, ſey Er am wuͤrdigſten erhoben. War dieß nun, wie es nicht zu leugnen, des erſten Menſchen Zweck und Pflicht, Wozu er bloß allein erſchaffen; ſo leugnet, hoff’ ich, keiner nicht, Daß 8 Theil. X

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/335>, abgerufen am 28.11.2024.