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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

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An seinem Gebuhrts-Tage.
Wenn ich den Zustand dieser Welt, und den Zusam-
menhang erwege,

Von Menschen, welche sich so wenig an Geist- als an
Gesichtern gleich,

Die, ob sie gleich fürs Ganze wirken, doch all', an Ei-
genliebe reich,

Sich selber bloß vor Augen haben; wenn ich ihr Wüh-
len überlege,

Und aller Krieg fast, gegen alle: so stutz ich, und er-
staune schier,

Ob der beträchtlichen Gefahr, die allen Meinigen, auch
mir,

Beständig überm Haupt geschwebet. Wenn ich nachher,
die vielen Fälle,

Die allen Menschen täglich drohn, als Krankheit, Feuer,
Wassers-Noth,

Krieg, Armuth, Pestilenz, Verletzung, Verlähmung,
einen schnellen Tod,

Und aller Elementen Krieg, wie billig, mir vor Augen
stelle,

Wovor ich, in so langer Zeit, durch Gottes Huld, be-
wahret bin;

Wenn ich zugleich die vielen Güter, mein Schöpfer!
die bloß Dein Geschenke,

Und die Du mir, aus lauter Gnaden, bisher gelassen,
überdenke:

So bricht mein, durch dieß Ueberlegen, mit höchstem
Recht gerührter Sinn,

Jn heissen Seufzern, fröhlich aus: Regierer aller
Dinge! Dir,
Als einzgem Geber alles Guten, sey Ehre, Preis
und Dank dafür!
Von
An ſeinem Gebuhrts-Tage.
Wenn ich den Zuſtand dieſer Welt, und den Zuſam-
menhang erwege,

Von Menſchen, welche ſich ſo wenig an Geiſt- als an
Geſichtern gleich,

Die, ob ſie gleich fuͤrs Ganze wirken, doch all’, an Ei-
genliebe reich,

Sich ſelber bloß vor Augen haben; wenn ich ihr Wuͤh-
len uͤberlege,

Und aller Krieg faſt, gegen alle: ſo ſtutz ich, und er-
ſtaune ſchier,

Ob der betraͤchtlichen Gefahr, die allen Meinigen, auch
mir,

Beſtaͤndig uͤberm Haupt geſchwebet. Wenn ich nachher,
die vielen Faͤlle,

Die allen Menſchen taͤglich drohn, als Krankheit, Feuer,
Waſſers-Noth,

Krieg, Armuth, Peſtilenz, Verletzung, Verlaͤhmung,
einen ſchnellen Tod,

Und aller Elementen Krieg, wie billig, mir vor Augen
ſtelle,

Wovor ich, in ſo langer Zeit, durch Gottes Huld, be-
wahret bin;

Wenn ich zugleich die vielen Guͤter, mein Schoͤpfer!
die bloß Dein Geſchenke,

Und die Du mir, aus lauter Gnaden, bisher gelaſſen,
uͤberdenke:

So bricht mein, durch dieß Ueberlegen, mit hoͤchſtem
Recht geruͤhrter Sinn,

Jn heiſſen Seufzern, froͤhlich aus: Regierer aller
Dinge! Dir,
Als einzgem Geber alles Guten, ſey Ehre, Preis
und Dank dafuͤr!
Von
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[260/0274] An ſeinem Gebuhrts-Tage. Wenn ich den Zuſtand dieſer Welt, und den Zuſam- menhang erwege, Von Menſchen, welche ſich ſo wenig an Geiſt- als an Geſichtern gleich, Die, ob ſie gleich fuͤrs Ganze wirken, doch all’, an Ei- genliebe reich, Sich ſelber bloß vor Augen haben; wenn ich ihr Wuͤh- len uͤberlege, Und aller Krieg faſt, gegen alle: ſo ſtutz ich, und er- ſtaune ſchier, Ob der betraͤchtlichen Gefahr, die allen Meinigen, auch mir, Beſtaͤndig uͤberm Haupt geſchwebet. Wenn ich nachher, die vielen Faͤlle, Die allen Menſchen taͤglich drohn, als Krankheit, Feuer, Waſſers-Noth, Krieg, Armuth, Peſtilenz, Verletzung, Verlaͤhmung, einen ſchnellen Tod, Und aller Elementen Krieg, wie billig, mir vor Augen ſtelle, Wovor ich, in ſo langer Zeit, durch Gottes Huld, be- wahret bin; Wenn ich zugleich die vielen Guͤter, mein Schoͤpfer! die bloß Dein Geſchenke, Und die Du mir, aus lauter Gnaden, bisher gelaſſen, uͤberdenke: So bricht mein, durch dieß Ueberlegen, mit hoͤchſtem Recht geruͤhrter Sinn, Jn heiſſen Seufzern, froͤhlich aus: Regierer aller Dinge! Dir, Als einzgem Geber alles Guten, ſey Ehre, Preis und Dank dafuͤr! Von

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/274>, abgerufen am 20.05.2024.