Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrachtung Göttlicher Werke.
Um alles dieses ziehet sich,
Von Bergen, ein fast blauer Strich,
Der mit dem Luft-Kreis sich vereinet;
Worauf die Luft zu ruhen scheinet.
So weit erstreckte sich die Reise
Der Augen. Hierauf zog mein Blick
Sich aufwärts, zu dem Himmels-Kreise,
Durch manches schöne Wolken-Bild,
Das dort das Firmament erfüllt,
Aufs neu erstaunet, sich zurück.
Hier sank er in der blauen Tiefe grundlosen Abgrund,
den der Schein

Der Sonnen und das Leere färbt, ohn' alle Gegen-
würf', hinein.

Weil hier der Raum sich nun nicht endet;
War meiner Augen Kraft geblendet.
Es sah, beym Glanz des hellsten Lichts,
Nichts Körperlichs, und folglich, nichts.
Doch fing mein Seelen-Aug' hier an,
Durch Schatten dunkler Nacht belehret,
Zu sehn, was man nicht sehen kann,
Wann Finsterniß es nicht erkläret.
Es stellte sich, in dieser Ferne,
Das ungezählte Heer der Sterne,
Und Sonn- und Welten- Heere, mir,
Jn ihnen, mit Erstaunen, für.
Die Seele sah hier, in Gedanken,
Des Schöpfers Werke, sonder Schranken.
Durch nichts wird Seine Majestät
Mehr, als durchs Firmament, erhöht.
Hier, da Sich Gott Selbst scheint zu zeigen,
Ehrt Jhn mein ehrerbietigs Schweigen.


An
Betrachtung Goͤttlicher Werke.
Um alles dieſes ziehet ſich,
Von Bergen, ein faſt blauer Strich,
Der mit dem Luft-Kreis ſich vereinet;
Worauf die Luft zu ruhen ſcheinet.
So weit erſtreckte ſich die Reiſe
Der Augen. Hierauf zog mein Blick
Sich aufwaͤrts, zu dem Himmels-Kreiſe,
Durch manches ſchoͤne Wolken-Bild,
Das dort das Firmament erfuͤllt,
Aufs neu erſtaunet, ſich zuruͤck.
Hier ſank er in der blauen Tiefe grundloſen Abgrund,
den der Schein

Der Sonnen und das Leere faͤrbt, ohn’ alle Gegen-
wuͤrf’, hinein.

Weil hier der Raum ſich nun nicht endet;
War meiner Augen Kraft geblendet.
Es ſah, beym Glanz des hellſten Lichts,
Nichts Koͤrperlichs, und folglich, nichts.
Doch fing mein Seelen-Aug’ hier an,
Durch Schatten dunkler Nacht belehret,
Zu ſehn, was man nicht ſehen kann,
Wann Finſterniß es nicht erklaͤret.
Es ſtellte ſich, in dieſer Ferne,
Das ungezaͤhlte Heer der Sterne,
Und Sonn- und Welten- Heere, mir,
Jn ihnen, mit Erſtaunen, fuͤr.
Die Seele ſah hier, in Gedanken,
Des Schoͤpfers Werke, ſonder Schranken.
Durch nichts wird Seine Majeſtaͤt
Mehr, als durchs Firmament, erhoͤht.
Hier, da Sich Gott Selbſt ſcheint zu zeigen,
Ehrt Jhn mein ehrerbietigs Schweigen.


An
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0272" n="258"/>
              <fw place="top" type="header">Betrachtung Go&#x0364;ttlicher Werke.</fw><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Um alles die&#x017F;es ziehet &#x017F;ich,</l><lb/>
                <l>Von Bergen, ein fa&#x017F;t blauer Strich,</l><lb/>
                <l>Der mit dem Luft-Kreis &#x017F;ich vereinet;</l><lb/>
                <l>Worauf die Luft zu ruhen &#x017F;cheinet.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="5">
                <l>So weit er&#x017F;treckte &#x017F;ich die Rei&#x017F;e</l><lb/>
                <l>Der Augen. Hierauf zog mein Blick</l><lb/>
                <l>Sich aufwa&#x0364;rts, zu dem Himmels-Krei&#x017F;e,</l><lb/>
                <l>Durch manches &#x017F;cho&#x0364;ne Wolken-Bild,</l><lb/>
                <l>Das dort das Firmament erfu&#x0364;llt,</l><lb/>
                <l>Aufs neu er&#x017F;taunet, &#x017F;ich zuru&#x0364;ck.</l><lb/>
                <l>Hier &#x017F;ank er in der blauen Tiefe grundlo&#x017F;en Abgrund,<lb/><hi rendition="#et">den der Schein</hi></l><lb/>
                <l>Der Sonnen und das Leere fa&#x0364;rbt, ohn&#x2019; alle Gegen-<lb/><hi rendition="#et">wu&#x0364;rf&#x2019;, hinein.</hi></l><lb/>
                <l>Weil hier der Raum &#x017F;ich nun nicht endet;</l><lb/>
                <l>War meiner Augen Kraft geblendet.</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;ah, beym Glanz des hell&#x017F;ten Lichts,</l><lb/>
                <l>Nichts Ko&#x0364;rperlichs, und folglich, nichts.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Doch fing mein Seelen-Aug&#x2019; hier an,</l><lb/>
                <l>Durch Schatten dunkler Nacht belehret,</l><lb/>
                <l>Zu &#x017F;ehn, was man nicht &#x017F;ehen kann,</l><lb/>
                <l>Wann Fin&#x017F;terniß es nicht erkla&#x0364;ret.</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;tellte &#x017F;ich, in die&#x017F;er Ferne,</l><lb/>
                <l>Das ungeza&#x0364;hlte Heer der Sterne,</l><lb/>
                <l>Und Sonn- und Welten- Heere, mir,</l><lb/>
                <l>Jn ihnen, mit Er&#x017F;taunen, fu&#x0364;r.</l><lb/>
                <l>Die Seele &#x017F;ah hier, in Gedanken,</l><lb/>
                <l>Des Scho&#x0364;pfers Werke, &#x017F;onder Schranken.</l><lb/>
                <l>Durch nichts wird Seine Maje&#x017F;ta&#x0364;t</l><lb/>
                <l>Mehr, als durchs Firmament, erho&#x0364;ht.</l><lb/>
                <l>Hier, da Sich Gott Selb&#x017F;t &#x017F;cheint zu zeigen,</l><lb/>
                <l>Ehrt Jhn mein ehrerbietigs Schweigen.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">An</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0272] Betrachtung Goͤttlicher Werke. Um alles dieſes ziehet ſich, Von Bergen, ein faſt blauer Strich, Der mit dem Luft-Kreis ſich vereinet; Worauf die Luft zu ruhen ſcheinet. So weit erſtreckte ſich die Reiſe Der Augen. Hierauf zog mein Blick Sich aufwaͤrts, zu dem Himmels-Kreiſe, Durch manches ſchoͤne Wolken-Bild, Das dort das Firmament erfuͤllt, Aufs neu erſtaunet, ſich zuruͤck. Hier ſank er in der blauen Tiefe grundloſen Abgrund, den der Schein Der Sonnen und das Leere faͤrbt, ohn’ alle Gegen- wuͤrf’, hinein. Weil hier der Raum ſich nun nicht endet; War meiner Augen Kraft geblendet. Es ſah, beym Glanz des hellſten Lichts, Nichts Koͤrperlichs, und folglich, nichts. Doch fing mein Seelen-Aug’ hier an, Durch Schatten dunkler Nacht belehret, Zu ſehn, was man nicht ſehen kann, Wann Finſterniß es nicht erklaͤret. Es ſtellte ſich, in dieſer Ferne, Das ungezaͤhlte Heer der Sterne, Und Sonn- und Welten- Heere, mir, Jn ihnen, mit Erſtaunen, fuͤr. Die Seele ſah hier, in Gedanken, Des Schoͤpfers Werke, ſonder Schranken. Durch nichts wird Seine Majeſtaͤt Mehr, als durchs Firmament, erhoͤht. Hier, da Sich Gott Selbſt ſcheint zu zeigen, Ehrt Jhn mein ehrerbietigs Schweigen. An

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/272
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/272>, abgerufen am 17.05.2024.