Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Fröhliche Herbst-Betrachtungen. Das Grüne, welches, nach und nach, sich unsern Augen sanft entzog, Und unvermerkt, in sanfter Stille, von unsern Gränzen gleichsam flog, Wird, durch ein röthlichs Gelb, ersetzet, Und unser Blick dadurch, auf andre Weis', ergetzet. Ein angenehm Gemisch, von hell- und dunkel- grün, Von roth mit gelb gemengt, Von gelb mit grün besprengt, Bemüht sich jetzt, der Erden Fläche, mit neuer Schön- heit, zu beziehn. Die Blätter, welche gleichsam völlig ihr Ziel erreichet, und gereift, Die werden heuer nicht, wie sonst, von Sturm und Winden abgestreift, Und weit von ihrem Stamm geführt. Man sieht ein lind und sanft Bewegen, Bey einer still- und lauen Luft. Es fällt, als wie ein bunter Regen, Der Blätter Heer, von selbst, herab: Nicht mehr an ihren Aesten fest, Scheint es, als ob der müde Baum sie selbst herunter- fallen läßt. Hiedurch ward ich, in sanfter Stille, in meiner Ein- samkeit, gerühret, Und zu vernünftiger Betrachtung, und zur Belustigung, geführet, Als ich, wie, durch den Fall der Blätter, sich jetzt der Erden Fläche schmückte, Aus einem Fenster, jüngst erblickte, Das
Froͤhliche Herbſt-Betrachtungen. Das Gruͤne, welches, nach und nach, ſich unſern Augen ſanft entzog, Und unvermerkt, in ſanfter Stille, von unſern Graͤnzen gleichſam flog, Wird, durch ein roͤthlichs Gelb, erſetzet, Und unſer Blick dadurch, auf andre Weiſ’, ergetzet. Ein angenehm Gemiſch, von hell- und dunkel- gruͤn, Von roth mit gelb gemengt, Von gelb mit gruͤn beſprengt, Bemuͤht ſich jetzt, der Erden Flaͤche, mit neuer Schoͤn- heit, zu beziehn. Die Blaͤtter, welche gleichſam voͤllig ihr Ziel erreichet, und gereift, Die werden heuer nicht, wie ſonſt, von Sturm und Winden abgeſtreift, Und weit von ihrem Stamm gefuͤhrt. Man ſieht ein lind und ſanft Bewegen, Bey einer ſtill- und lauen Luft. Es faͤllt, als wie ein bunter Regen, Der Blaͤtter Heer, von ſelbſt, herab: Nicht mehr an ihren Aeſten feſt, Scheint es, als ob der muͤde Baum ſie ſelbſt herunter- fallen laͤßt. Hiedurch ward ich, in ſanfter Stille, in meiner Ein- ſamkeit, geruͤhret, Und zu vernuͤnftiger Betrachtung, und zur Beluſtigung, gefuͤhret, Als ich, wie, durch den Fall der Blaͤtter, ſich jetzt der Erden Flaͤche ſchmuͤckte, Aus einem Fenſter, juͤngſt erblickte, Das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0235" n="221"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Froͤhliche Herbſt-Betrachtungen.</hi> </fw><lb/> <lg n="3"> <l>Das Gruͤne, welches, nach und nach, ſich unſern<lb/><hi rendition="#et">Augen ſanft entzog,</hi></l><lb/> <l>Und unvermerkt, in ſanfter Stille, von unſern Graͤnzen<lb/><hi rendition="#et">gleichſam flog,</hi></l><lb/> <l>Wird, durch ein roͤthlichs Gelb, erſetzet,</l><lb/> <l>Und unſer Blick dadurch, auf andre Weiſ’, ergetzet.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Ein angenehm Gemiſch, von hell- und dunkel- gruͤn,</l><lb/> <l>Von roth mit gelb gemengt,</l><lb/> <l>Von gelb mit gruͤn beſprengt,</l><lb/> <l>Bemuͤht ſich jetzt, der Erden Flaͤche, mit neuer Schoͤn-<lb/><hi rendition="#et">heit, zu beziehn.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Die Blaͤtter, welche gleichſam voͤllig ihr Ziel erreichet,<lb/><hi rendition="#et">und gereift,</hi></l><lb/> <l>Die werden heuer nicht, wie ſonſt, von Sturm und<lb/><hi rendition="#et">Winden abgeſtreift,</hi></l><lb/> <l>Und weit von ihrem Stamm gefuͤhrt. Man ſieht ein<lb/><hi rendition="#et">lind und ſanft Bewegen,</hi></l><lb/> <l>Bey einer ſtill- und lauen Luft. Es faͤllt, als wie ein<lb/><hi rendition="#et">bunter Regen,</hi></l><lb/> <l>Der Blaͤtter Heer, von ſelbſt, herab: Nicht mehr an<lb/><hi rendition="#et">ihren Aeſten feſt,</hi></l><lb/> <l>Scheint es, als ob der muͤde Baum ſie ſelbſt herunter-<lb/><hi rendition="#et">fallen laͤßt.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Hiedurch ward ich, in ſanfter Stille, in meiner Ein-<lb/><hi rendition="#et">ſamkeit, geruͤhret,</hi></l><lb/> <l>Und zu vernuͤnftiger Betrachtung, und zur Beluſtigung,<lb/><hi rendition="#et">gefuͤhret,</hi></l><lb/> <l>Als ich, wie, durch den Fall der Blaͤtter, ſich jetzt der<lb/><hi rendition="#et">Erden Flaͤche ſchmuͤckte,</hi></l><lb/> <l>Aus einem Fenſter, juͤngſt erblickte,</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [221/0235]
Froͤhliche Herbſt-Betrachtungen.
Das Gruͤne, welches, nach und nach, ſich unſern
Augen ſanft entzog,
Und unvermerkt, in ſanfter Stille, von unſern Graͤnzen
gleichſam flog,
Wird, durch ein roͤthlichs Gelb, erſetzet,
Und unſer Blick dadurch, auf andre Weiſ’, ergetzet.
Ein angenehm Gemiſch, von hell- und dunkel- gruͤn,
Von roth mit gelb gemengt,
Von gelb mit gruͤn beſprengt,
Bemuͤht ſich jetzt, der Erden Flaͤche, mit neuer Schoͤn-
heit, zu beziehn.
Die Blaͤtter, welche gleichſam voͤllig ihr Ziel erreichet,
und gereift,
Die werden heuer nicht, wie ſonſt, von Sturm und
Winden abgeſtreift,
Und weit von ihrem Stamm gefuͤhrt. Man ſieht ein
lind und ſanft Bewegen,
Bey einer ſtill- und lauen Luft. Es faͤllt, als wie ein
bunter Regen,
Der Blaͤtter Heer, von ſelbſt, herab: Nicht mehr an
ihren Aeſten feſt,
Scheint es, als ob der muͤde Baum ſie ſelbſt herunter-
fallen laͤßt.
Hiedurch ward ich, in ſanfter Stille, in meiner Ein-
ſamkeit, geruͤhret,
Und zu vernuͤnftiger Betrachtung, und zur Beluſtigung,
gefuͤhret,
Als ich, wie, durch den Fall der Blaͤtter, ſich jetzt der
Erden Flaͤche ſchmuͤckte,
Aus einem Fenſter, juͤngſt erblickte,
Das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |