Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Gedanken über Rosen.
Die Rose, fast von allen Seiten, und ließ den helle[n]
Sonnen-Strahl

Bald seitenwärts, bald in sie, fallen. Hiedurch entde[ckte]
sie Lieblichkeiten,

Von Farb- und Formen, sonder Zahl;
Nicht weniger von rothen Schatten, die sich verkleine[rten]
und verbreiten,

Nachdem sie sich dem Lichte nahn, und von ihm weiche
Sonderlich

(So wie sie mir nachher erzählt) hatt' ihren reg[en]
Blicken sich

Manch, in den reinen runden Tropfen (so hell- u[nd]
klarer, als Chrystallen)

Erblicktes kleine Sonnen-Bild, mit hellem Schimme[r]
eingeprägt,

Und ihr, als wie im Jrdischen, was wirklich Himm[li-]
sches gefallen.
Zuweilen käm' ihr, sagte sie, der schönen Rosen For[m]
und Flor,

Als eine selbst-gewachsene polierte Balsam-Büchse vo[r.]
Sie schienen ihr, und dann zumal, wenn sie der kla[re]
Thau genetzet,

Als wären sie, bald hie bald da, mit Diamanten gar besetz[et]
Nachdem sie mir, wie schon gesagt, was sie davo[n]
gedacht, erzählt,

Vergnügt' ich mich, wie leicht zu glauben, daß sie si[ch]
so was Guts gewählt,

Zu Gegenwürfen der Betrachtung. Wir brachen no[ch]
mehr Rosen ab,

Da dann derselben Meng' und Schönheit zu mehr Jde[en]
Anlaß gab;
Bis
Gedanken uͤber Roſen.
Die Roſe, faſt von allen Seiten, und ließ den helle[n]
Sonnen-Strahl

Bald ſeitenwaͤrts, bald in ſie, fallen. Hiedurch entde[ckte]
ſie Lieblichkeiten,

Von Farb- und Formen, ſonder Zahl;
Nicht weniger von rothen Schatten, die ſich verkleine[rten]
und verbreiten,

Nachdem ſie ſich dem Lichte nahn, und von ihm weiche
Sonderlich

(So wie ſie mir nachher erzaͤhlt) hatt’ ihren reg[en]
Blicken ſich

Manch, in den reinen runden Tropfen (ſo hell- u[nd]
klarer, als Chryſtallen)

Erblicktes kleine Sonnen-Bild, mit hellem Schimme[r]
eingepraͤgt,

Und ihr, als wie im Jrdiſchen, was wirklich Himm[li-]
ſches gefallen.
Zuweilen kaͤm’ ihr, ſagte ſie, der ſchoͤnen Roſen For[m]
und Flor,

Als eine ſelbſt-gewachſene polierte Balſam-Buͤchſe vo[r.]
Sie ſchienen ihr, und dann zumal, wenn ſie der kla[re]
Thau genetzet,

Als waͤren ſie, bald hie bald da, mit Diamanten gar beſetz[et]
Nachdem ſie mir, wie ſchon geſagt, was ſie davo[n]
gedacht, erzaͤhlt,

Vergnuͤgt’ ich mich, wie leicht zu glauben, daß ſie ſi[ch]
ſo was Guts gewaͤhlt,

Zu Gegenwuͤrfen der Betrachtung. Wir brachen no[ch]
mehr Roſen ab,

Da dann derſelben Meng’ und Schoͤnheit zu mehr Jde[en]
Anlaß gab;
Bis
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0132" n="118"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Gedanken u&#x0364;ber Ro&#x017F;en.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Die Ro&#x017F;e, fa&#x017F;t von allen Seiten, und ließ den helle<supplied>n</supplied><lb/><hi rendition="#et">Sonnen-Strahl</hi></l><lb/>
                <l>Bald &#x017F;eitenwa&#x0364;rts, bald in &#x017F;ie, fallen. Hiedurch entde<supplied>ckte</supplied><lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ie Lieblichkeiten,</hi></l><lb/>
                <l>Von Farb- und Formen, &#x017F;onder Zahl;</l><lb/>
                <l>Nicht weniger von rothen Schatten, die &#x017F;ich verkleine<supplied>rten</supplied><lb/><hi rendition="#et">und verbreiten,</hi></l><lb/>
                <l>Nachdem &#x017F;ie &#x017F;ich dem Lichte nahn, und von ihm weiche<lb/><hi rendition="#et">Sonderlich</hi></l><lb/>
                <l>(So wie &#x017F;ie mir nachher erza&#x0364;hlt) hatt&#x2019; ihren reg<supplied>en</supplied><lb/><hi rendition="#et">Blicken &#x017F;ich</hi></l><lb/>
                <l>Manch, in den reinen runden Tropfen (&#x017F;o hell- u<supplied>nd</supplied><lb/><hi rendition="#et">klarer, als Chry&#x017F;tallen)</hi></l><lb/>
                <l>Erblicktes kleine Sonnen-Bild, mit hellem Schimme<supplied>r</supplied><lb/><hi rendition="#et">eingepra&#x0364;gt,</hi></l><lb/>
                <l>Und ihr, als wie im Jrdi&#x017F;chen, was wirklich Himm<supplied>li-</supplied><lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ches gefallen.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <lg n="5">
                <l>Zuweilen ka&#x0364;m&#x2019; ihr, &#x017F;agte &#x017F;ie, der &#x017F;cho&#x0364;nen Ro&#x017F;en For<supplied>m</supplied><lb/><hi rendition="#et">und Flor,</hi></l><lb/>
                <l>Als eine &#x017F;elb&#x017F;t-gewach&#x017F;ene polierte Bal&#x017F;am-Bu&#x0364;ch&#x017F;e vo<supplied>r.</supplied></l><lb/>
                <l>Sie &#x017F;chienen ihr, und dann zumal, wenn &#x017F;ie der kla<supplied>re</supplied><lb/><hi rendition="#et">Thau genetzet,</hi></l><lb/>
                <l>Als wa&#x0364;ren &#x017F;ie, bald hie bald da, mit Diamanten gar be&#x017F;etz<supplied>et</supplied></l>
              </lg><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Nachdem &#x017F;ie mir, wie &#x017F;chon ge&#x017F;agt, was &#x017F;ie davo<supplied>n</supplied><lb/><hi rendition="#et">gedacht, erza&#x0364;hlt,</hi></l><lb/>
                <l>Vergnu&#x0364;gt&#x2019; ich mich, wie leicht zu glauben, daß &#x017F;ie &#x017F;i<supplied>ch</supplied><lb/><hi rendition="#et">&#x017F;o was Guts gewa&#x0364;hlt,</hi></l><lb/>
                <l>Zu Gegenwu&#x0364;rfen der Betrachtung. Wir brachen no<supplied>ch</supplied><lb/><hi rendition="#et">mehr Ro&#x017F;en ab,</hi></l><lb/>
                <l>Da dann der&#x017F;elben Meng&#x2019; und Scho&#x0364;nheit zu mehr Jde<supplied>en</supplied><lb/><hi rendition="#et">Anlaß gab;</hi></l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Bis</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0132] Gedanken uͤber Roſen. Die Roſe, faſt von allen Seiten, und ließ den hellen Sonnen-Strahl Bald ſeitenwaͤrts, bald in ſie, fallen. Hiedurch entdeckte ſie Lieblichkeiten, Von Farb- und Formen, ſonder Zahl; Nicht weniger von rothen Schatten, die ſich verkleinerten und verbreiten, Nachdem ſie ſich dem Lichte nahn, und von ihm weiche Sonderlich (So wie ſie mir nachher erzaͤhlt) hatt’ ihren regen Blicken ſich Manch, in den reinen runden Tropfen (ſo hell- und klarer, als Chryſtallen) Erblicktes kleine Sonnen-Bild, mit hellem Schimmer eingepraͤgt, Und ihr, als wie im Jrdiſchen, was wirklich Himmli- ſches gefallen. Zuweilen kaͤm’ ihr, ſagte ſie, der ſchoͤnen Roſen Form und Flor, Als eine ſelbſt-gewachſene polierte Balſam-Buͤchſe vor. Sie ſchienen ihr, und dann zumal, wenn ſie der klare Thau genetzet, Als waͤren ſie, bald hie bald da, mit Diamanten gar beſetzet Nachdem ſie mir, wie ſchon geſagt, was ſie davon gedacht, erzaͤhlt, Vergnuͤgt’ ich mich, wie leicht zu glauben, daß ſie ſich ſo was Guts gewaͤhlt, Zu Gegenwuͤrfen der Betrachtung. Wir brachen noch mehr Roſen ab, Da dann derſelben Meng’ und Schoͤnheit zu mehr Jdeen Anlaß gab; Bis

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/132
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/132>, abgerufen am 24.11.2024.