Die Rose, fast von allen Seiten, und ließ den helle[n] Sonnen-Strahl Bald seitenwärts, bald in sie, fallen. Hiedurch entde[ckte] sie Lieblichkeiten, Von Farb- und Formen, sonder Zahl; Nicht weniger von rothen Schatten, die sich verkleine[rten] und verbreiten, Nachdem sie sich dem Lichte nahn, und von ihm weiche Sonderlich (So wie sie mir nachher erzählt) hatt' ihren reg[en] Blicken sich Manch, in den reinen runden Tropfen (so hell- u[nd] klarer, als Chrystallen) Erblicktes kleine Sonnen-Bild, mit hellem Schimme[r] eingeprägt, Und ihr, als wie im Jrdischen, was wirklich Himm[li-] sches gefallen.
Zuweilen käm' ihr, sagte sie, der schönen Rosen For[m] und Flor, Als eine selbst-gewachsene polierte Balsam-Büchse vo[r.] Sie schienen ihr, und dann zumal, wenn sie der kla[re] Thau genetzet, Als wären sie, bald hie bald da, mit Diamanten gar besetz[et]
Nachdem sie mir, wie schon gesagt, was sie davo[n] gedacht, erzählt, Vergnügt' ich mich, wie leicht zu glauben, daß sie si[ch] so was Guts gewählt, Zu Gegenwürfen der Betrachtung. Wir brachen no[ch] mehr Rosen ab, Da dann derselben Meng' und Schönheit zu mehr Jde[en] Anlaß gab;
Bis
Gedanken uͤber Roſen.
Die Roſe, faſt von allen Seiten, und ließ den helle[n] Sonnen-Strahl Bald ſeitenwaͤrts, bald in ſie, fallen. Hiedurch entde[ckte] ſie Lieblichkeiten, Von Farb- und Formen, ſonder Zahl; Nicht weniger von rothen Schatten, die ſich verkleine[rten] und verbreiten, Nachdem ſie ſich dem Lichte nahn, und von ihm weiche Sonderlich (So wie ſie mir nachher erzaͤhlt) hatt’ ihren reg[en] Blicken ſich Manch, in den reinen runden Tropfen (ſo hell- u[nd] klarer, als Chryſtallen) Erblicktes kleine Sonnen-Bild, mit hellem Schimme[r] eingepraͤgt, Und ihr, als wie im Jrdiſchen, was wirklich Himm[li-] ſches gefallen.
Zuweilen kaͤm’ ihr, ſagte ſie, der ſchoͤnen Roſen For[m] und Flor, Als eine ſelbſt-gewachſene polierte Balſam-Buͤchſe vo[r.] Sie ſchienen ihr, und dann zumal, wenn ſie der kla[re] Thau genetzet, Als waͤren ſie, bald hie bald da, mit Diamanten gar beſetz[et]
Nachdem ſie mir, wie ſchon geſagt, was ſie davo[n] gedacht, erzaͤhlt, Vergnuͤgt’ ich mich, wie leicht zu glauben, daß ſie ſi[ch] ſo was Guts gewaͤhlt, Zu Gegenwuͤrfen der Betrachtung. Wir brachen no[ch] mehr Roſen ab, Da dann derſelben Meng’ und Schoͤnheit zu mehr Jde[en] Anlaß gab;
Bis
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Gedanken uͤber Roſen.
Die Roſe, faſt von allen Seiten, und ließ den hellen
Sonnen-Strahl
Bald ſeitenwaͤrts, bald in ſie, fallen. Hiedurch entdeckte
ſie Lieblichkeiten,
Von Farb- und Formen, ſonder Zahl;
Nicht weniger von rothen Schatten, die ſich verkleinerten
und verbreiten,
Nachdem ſie ſich dem Lichte nahn, und von ihm weiche
Sonderlich
(So wie ſie mir nachher erzaͤhlt) hatt’ ihren regen
Blicken ſich
Manch, in den reinen runden Tropfen (ſo hell- und
klarer, als Chryſtallen)
Erblicktes kleine Sonnen-Bild, mit hellem Schimmer
eingepraͤgt,
Und ihr, als wie im Jrdiſchen, was wirklich Himmli-
ſches gefallen.
Zuweilen kaͤm’ ihr, ſagte ſie, der ſchoͤnen Roſen Form
und Flor,
Als eine ſelbſt-gewachſene polierte Balſam-Buͤchſe vor.
Sie ſchienen ihr, und dann zumal, wenn ſie der klare
Thau genetzet,
Als waͤren ſie, bald hie bald da, mit Diamanten gar beſetzet
Nachdem ſie mir, wie ſchon geſagt, was ſie davon
gedacht, erzaͤhlt,
Vergnuͤgt’ ich mich, wie leicht zu glauben, daß ſie ſich
ſo was Guts gewaͤhlt,
Zu Gegenwuͤrfen der Betrachtung. Wir brachen noch
mehr Roſen ab,
Da dann derſelben Meng’ und Schoͤnheit zu mehr Jdeen
Anlaß gab;
Bis
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/132>, abgerufen am 16.07.2024.
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